Saison 2023/24

Der neue Kader begeistert

Schon die fantastische Stimmung bei den Partien der UEFA Europa League in Monaco und gegen die AS Rom am Ende der Vorsaison ließ erahnen, dass die neue Spielzeit eine besondere werden könnte. Als Bayer 04 dann im Juli nach und nach seine Neuverpflichtungen präsentiert, sind die Fans begeistert. Granit Xhaka kommt vom Premier-League-Klub FC Arsenal, Jonas Hofmann von Liga-Konkurrent Borussia Mönchengladbach, Victor Boniface vom belgischen Verein Saint-Gilloise. Zuvor hatte Bayer 04 bereits Alejandro Grimaldo von Benfica Lissabon sowie die talentierten Arthur und Gustavo Puerta unter Vertrag genommen. Für die Kaderplanung werden Fernando Carro (Vorsitzender der Geschäftsführung), Simon Rolfes (Geschäftsführer Sport), Werner Wenning (Vorsitzender des Gesellschafterausschusses) und Trainer Xabi Alonso in den Medien hoch gelobt. Dass der Spanier Anfang August seinen Vertrag bei Bayer 04 vorzeitig um zwei Jahre bis zum 30. Juni 2026 verlängert, sorgt für zusätzliche Freude und Zuversicht unterm Kreuz.

Starker Auftakt und ein erster Rekord

Nach zwei Siegen in Testspielen gegen Olympique Marseille (2:1) und West Ham United (4:0) geht es los mit den Pflichtspielen. Den Auftakt bildet der 8:0-Sieg in der ersten DFB-Pokalrunde gegen den Regionalligisten FC Teutonia Ottensen. Und schon vor dem Liga-Start gegen RB Leipzig bricht Bayer 04 einen ersten Rekord: Noch nie hatte der Klub mehr als 19.350 Dauerkarten verkauft. Diese Marke wird nun geknackt. Auch die Mitgliederzahlen steigen rasant. Das neue Heimtrikot mit dem Kreuz auf der Brust findet reißenden Absatz. Bereits jetzt ist eine gewisse Euphorie spürbar.

Mit dem 3:2-Sieg gegen Leipzig und dem Auswärts-Erfolg in Mönchengladbach (3:0) startet die Werkself ihre unglaubliche Ungeschlagen-Serie, die 51 Spiele lang halten wird. Schon in den ersten Saisonspielen begeistert Alonsos Mannschaft durch ihre  Spielfreude. Alle Neuzugänge schlagen ein. Und noch im August verstärkt sich Schwarz-Rot mit drei weiteren Spielern: Torhüter Matej Kovar wird von Manchester United verpflichtet, Nathan Tella kommt vom FC Southampton und Josip Stanisic als Leihspieler vom FC Bayern München.

Unfassbarer Support auch auswärts

Apropos FC Bayern: Das Duell mit dem Rekordmeister Mitte September ist das Topspiel der Liga. Bayer 04 tritt als Tabellenführer beim Zweiten aus München an und nimmt trotz zweimaligen Rückstands am Ende dank eines verwandelten Foulelfmeters von Exequiel Palacios einen Punkt mit.

Spiel gegen den FC Bayern München

Dann steigt die Werkself in die Europa-League-Gruppenphase ein und überzeugt mit einem 4:0-Sieg gegen BK Häcken. Und in der Bundesliga geht es erfolgreich weiter: Schwarz-Rot gewinnt gegen den 1. FC Heidenheim (4:1) und beim 1. FSV Mainz 05 (3:0). Rund 4.000 Fans reisen mit in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt und feiern dort nicht nur den Sieg, sondern auch den besten Liga-Auftakt der Bayer 04-Klubgeschichte. Nach sechs Partien stehen 16 Punkte zu Buche.

Die Torgaranten Grimaldo und Boniface

Großen Anteil daran hat auch Alejandro Grimaldo. Der spanische Standard-Spezialist verwandelt nicht nur zwei Freistöße direkt, sondern legt auch noch zwei Treffer auf. Bis zum Jahreswechsel wird der linke Außenbahnspieler auf 13 Torbeteiligungen in 16 Ligaspielen kommen. Was für eine Bilanz! Auch Victor Boniface präsentiert sich in überragender Form. Allein im September erzielt der Stürmer fünf Tore und bereitet zwei Tore vor. Verdienter Lohn: Boniface darf sein Debüt für die nigerianische Nationalmannschaft geben.

Derbysieg und „Tor des Jahres“ von Florian Wirtz

Auch im Oktober geht es für Kapitän Lukas Hradecky und Co. erfolgreich weiter. Im Heim-Derby lässt die Werkself dem 1. FC Köln keine Chance und siegt 3:0. Jonas Hofmann erzielt dabei das 1:0 und legt einen weiteren Treffer auf. Der deutsche Nationalspieler ist damit in neun seiner ersten zehn Pflichtspiele für die Werkself immer an mindestens einem Tor direkt beteiligt, ein überragender Einstand. In der Liga folgen jeweils knappe 2:1-Siege gegen den VfL Wolfsburg und den SC Freiburg. Florian Wirtz erzielt gegen die Breisgauer ein unglaublich sehenswertes Tor nach einem atemberaubenden Solo, das zum „Tor des Monats“ Oktober und später sogar zum „Tor des Jahres“ 2023 gewählt wird.

Jubel Wirtz und Hofmann

Wirtz dribbelt, passt, rennt und zaubert auch in der Europa League: Gegen Qarabag Agdam erzielt er beim 5:1-Sieg ein Tor selbst und bereitet drei weitere Treffer vor. Wirtz erreicht damit eine neue Bestmarke: Seit seinem Europa-League-Debüt im August 2020 war kein Spieler in diesem Wettbewerb an so vielen Treffern direkt beteiligt wie der Leverkusener Spielmacher (zehn Tore, zwölf Assists). Grund zum Feiern liefert aber nicht nur der Sieg gegen Qarabag. Im Spiel gegen den aserbaidschanischen Meister gibt Patrik Schick nach 231 Tagen Verletzungspause in der BayArena sein umjubeltes Comeback.

Der November beginnt mit einer Dienstreise nach Baden-Württemberg. In der 2. Runde des DFB-Pokals gewinnt die Werkself 5:2 beim Drittligisten SV Sandhausen – und wird dabei von rund 3.000 schwarz-roten Fans unterstützt. Der Support durch die Bayer 04-Fans ist nicht nur in der stets ausverkauften BayArena, sondern auch auswärts weiterhin phänomenal.

Noch eine neue Bestmarke

In der Liga eilt die Mannschaft von Xabi Alonso von Sieg zu Sieg. Der 4:0-Erfolg gegen den 1. FC Union Berlin ist der 16. Sieg im 17. Pflichtspiel. Mit 31 von 33 möglichen Punkten nach elf Bundesliga-Spieltagen stellt Bayer 04 die alte Bestmarke des FC Bayern aus der Saison 2015/16 ein. In der Europa League sichert sich die Werkself nach zwei Siegen bei Qarabag Agdam (1:0) und beim BK Häcken (2:0) vorzeitig den Gruppensieg. Beim Spiel in Schweden feiert Gustavo Puerto sein Startelf-Debüt, Noah Mbamba seine Europa-League-Premiere und Ayman Aourir seinen ersten Profi-Einsatz.

Rekord-Nationalspieler Granit Xhaka

Und auch das ist neu: Fast alle Profis der Werkself sind im November in der letzten Länderspielphase des Jahres für ihre Nationalmannschaften unterwegs. Mit Robert Andrich (Deutschland), Nathan Tella (Nigeria) und Alejandro Grimaldo (Spanien) debütieren drei Leverkusener, während Granit Xhaka sich in seinem 119. Länderspiel zum alleinigen Rekord-Nationalspieler der Schweiz kürt.

Bis Weihnachten ungeschlagener Tabellenführer

Der Schlussspurt im Dezember hat es für Bayer 04 dann nochmal in sich: Sechs Spiele in 17 Tagen, fünf davon zu Hause in der BayArena. Die beiden Topspiele gegen Borussia Dortmund und beim VfB Stuttgart enden jeweils 1:1. Siege fährt Schwarz-Rot im Achtelfinale des DFB-Pokals (3:1 gegen den SC Paderborn) und im letzten EL-Gruppenspiel gegen Molde (5:1) ein. Damit ist Bayer 04 der einzige Klub in dieser Saison, der alle sechs Gruppenspiele in der Europa League gewonnen hat. Bemerkenswert zudem: Torhüter Niklas Lomb steht gegen Molde erstmals seit Februar 2021 wieder in der Startelf. Ken Izekor wird durch seine Einwechslung in der 77. Minute mit 16 Jahren und 204 Tagen der jüngste Pflichtspiel-Debütant für Bayer 04 sowie der jüngste Deutsche, der je in einem EL-Spiel (beziehungsweise dem UEFA-Cup) zum Einsatz kam. Und Patrik Schick, der nach über 400 Tagen sein Startelf-Comeback für die Werkself gibt, erzielt sechs Minuten nach dem Anpfiff gleich das 1:0.

Jubel Frimpong, Wirtz und Boniface

Nur wenige Tage später gelingt dem Tschechen vor heimischer Kulisse im letzten Spiel des Jahres ein bemerkenswerter Hattrick beim 4:0 gegen den VfL Bochum 1848. Xabi Alonso überraschte mit einer Start-Aufstellung ohne die Afrika-Cup-Fahrer. Eine Entscheidung, die sich mit Blick auf die Spiele nach der Winterpause auszahlen sollte. Der Werksklub, der vor dem Anpfiff gegen Bochum sein 40.000 Bayer 04-Clubmitglied ehrte, verabschiedet sich als Tabellenführer und mit einem stimmungsvollen gemeinsamen Weihnachtssingen in die Winterpause und ist als einziges Team im deutschen Profi-Fußball nach den ersten 25 Pflichtspielen noch immer ungeschlagen.

Jubel Palacios

Boniface fällt aus, Kossounou wird Africa-Cup-Sieger

Das neue Jahr beginnt zunächst mit einer schlechten Nachricht für Bayer 04: Victor Boniface zieht sich im Trainingslager der nigerianischen Nationalmannschaft in Vorbereitung auf den Afrika Cup eine Adduktorenverletzung zu. Der Torjäger kann nicht am Turnier teilnehmen, kehrt direkt zurück nach Leverkusen und wird der Werkself knapp drei Monate fehlen. Seine Leverkusener Teamkollegen Edmond Tapsoba, Amine Adli und Odilon Kossounou hingegen sind bei der Kontinental-Meisterschaft für ihre Nationalmannschaften dabei.

Für Kossounou und die Elfenbeinküste endet der Afrika Cup im eigenen Land mit einem Triumph: Im Finale gewinnen die Gastgeber 2:1 gegen Nigeria. Der Verteidiger der Werkself sagt nach seiner Rückkehr nach Leverkusen: „Ich habe bei dem Turnier alles erlebt. In der Gruppenphase 0:4 vor unseren Fans zu verlieren, war schmerzhaft. Aber wir haben immer weiter gemacht und am Ende gewonnen. Das hilft mir und meiner Mentalität – davon kann ich hoffentlich auch etwas dem Team hier in Leverkusen weitergeben.“

Herbstmeister im Januar

Die zarte Hoffnung der Bundesliga-Konkurrenz, dass Bayer 04 durch die Abstellung von drei Spielern und den Ausfall von Boniface geschwächt werden könnte, wird enttäuscht. Das Alonso-Team bleibt auch im neuen Jahr in der Erfolgsspur. Mit einem Treffer in der Nachspielzeit schießt Exequiel Palacios die Werkself zum 1:0-Sieg in Augsburg und damit am 17. Spieltag Mitte Januar 2024 zur „Herbstmeisterschaft“. Leverkusen geht mit einem Punkt Vorsprung vor den Bayern in die Rückrunde. Das späte Tor von Palacios ist der Anfang einer wahren Last-Minute Tor-Serie“.

„Last-Minute-Kusen“ ist nicht aufzuhalten

Auch das zweite schwere Auswärtsspiel eine Woche später gewinnt Bayer 04 mit 3:2 bei RB Leipzig – und stellt dort nach zweimaligem Rückstand seine Comeback-Qualitäten unter Beweis. Nathan Tella und Jonathan Tah gleichen die Führungstreffer der Leipziger jeweils aus. Piero Hincapie gelingt – abermals in der Nachspielzeit – noch

Jubel Tah, Stanisic und Co.

Anfang Februar erleben die Zuschauer in der BayArena ein weiteres nervenaufreibendes Spiel. Diesmal im DFB-Pokal. Im Viertelfinale liefern sich die Werkself und der VfB Stuttgart ein enges Duell auf Augenhöhe. Wieder gerät Schwarz-Rot gegen bärenstarke Schwaben zweimal in Rückstand. Wieder zeigt Bayer 04 großartige Moral, schlägt durch Tore von Robert Andrich und Amine Adli zurück. Und wieder schafft Leverkusen den Last-Minute-Sieg durch einen Kopfballtreffer von Jonathan Tah in der 90. Minute. Das Stadion tobt. Die Werkself steht im Halbfinale. Gefühlt ist hier alles möglich.

Meisterhaft gegen den Rekordmeister

Nur vier Tage später steigt das nächste Fußballfest an der Bismarckstraße. Bayern München kommt. Der Tabellenzweite hat zu dem Zeitpunkt zwei Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter aus Leverkusen und will Bayer 04 vom Sockel stoßen. Aber daraus wird nichts. Die Werkself dominiert das Spiel, ist in allen Belangen überlegen und zeigt beim 3:0-Sieg am Karnevalssamstag erneut mitreißenden Fußball. Die Bayern sind chancenlos und geraten ausgerechnet durch den aus München nach Leverkusen ausgeliehenen Josip Stanisic in Rückstand. „Natürlich war das ein besonderer Moment“, sagt der Torschütze hinterher. „Man spielt nicht jeden Tag gegen den Verein, aus dem man kommt und bei dem man eigentlich noch ist.“ Alejandro Grimaldo und Jeremie Frimpong sorgen für die weiteren Treffer gegen den Rekordmeister. Bayer 04 baut seinen Vorsprung auf fünf Punkte aus. Ein großer Schritt Richtung Titel ist gemacht.

Schick Treffer

Überhaupt sendet die Werkself im Februar deutliche Signale an die Konkurrenz: Neben dem Pokalviertelfinale gewinnt sie auch alle vier Bundesligaspiele. Als Bayer 04 dann Anfang März auch das Auswärtsderby in Köln durch Treffer von Frimpong und Grimaldo mit 2:0 für sich entscheidet und die Bayern über ein 2:2 in Freiburg nicht hinauskommen, verschafft sich das Team von Xabi Alonso einen Zehn-Punkte-Vorsprung.

Schicks späte Tore gegen Qarabag

In der Europa League machen es die Leverkusener im Achtelfinale gegen Qarabag Agdam sehr spannend. Die Aserbaidschaner, denen man schon in der Gruppenphase begegnet war, liegen im Hinspiel in Baku bis zur 70. Minute 2:0 in Führung. Dann trifft zunächst Florian Wirtz per Lupfer zum Anschluss, Patrik Schick sorgt in der Nachspielzeit noch für den Ausgleich und für eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel in Leverkusen. Doch auch in der BayArena legt Qarabag nach torloser erster Hälfte im zweiten Durchgang zwei Treffer vor. Hradecky und Co. stehen vor der ersten Saisonniederlage und dem Aus in der Europa League. Und dann passiert das nicht für möglich Gehaltene: Frimpong gelingt nur kurz nach dem 0:2 der Treffer zum 1:2. Und Schwarz-Rot schafft es tatsächlich noch in der Nachspielzeit, durch zwei Treffer von Patrik Schick das Ruder rumzureißen. Der Tscheche wird mit seinem späten Doppelpack (90.+3 und 90.+7) zum Matchwinner für „Last-Minute-Kusen“ – und die BayArena wird zum Tollhaus!

Choreographie Halbfinale DFB-Pokal

Xabi Alonso: „Ich bin hier am richtigen Ort“

Dass alle Gegner der Werkself in dieser Saison bis zur letzten Sekunde höllisch aufpassen müssen, erfährt in der Liga Ende März auch die TSG Hoffenheim. Einen Tag vor dem Spiel verkündet Xabi Alonso, dass er auch in der kommenden Saison Trainer unterm Kreuz sein wird. „Ich bin hier am richtigen Ort, ich bleibe bei Bayer 04“, sagte der Spanier, der von seiner Mannschaft für dieses Signal mit Applaus bedacht wird. Auf die starke Mentalität seiner Spieler, kann der Spanier sich auch gegen Hoffenheim verlassen. Bis zur 88. Minute führt die TSG mit 1:0 in der BayArena. Sollte die unfassbare Serie der Leverkusener diesmal tatsächlich reißen? Nein! Robert Andrich markiert den Ausgleich, Patrick Schick, der offenbar besonderen Gefallen an Last-Minute-Toren gefunden hat, drückt die Kugel in der Nachspielzeit schließlich zum 2:1-Siegtreffer über die Linie (90.+1). „Ich habe keine Worte, was für ein Finish“, sagt der Tscheche nach Abpfiff freudestrahlend. „Wir haben bis zum Ende dran geglaubt. Es ist etwas Unfassbares.“

Zum fünften Mal im Pokalfinale

Weniger spannungsgeladen, aber nicht minder berauschend, verläuft vier Tage später das Halbfinale im DFB-Pokal gegen Fortuna Düsseldorf. Eine von Beginn an überlegene Werkself gewinnt am 3. April durch Treffer von Frimpong (8.), Amine Adli (20.) und Florian Wirtz (36./60.) mit 4:0 und zieht damit zum fünften Mal ins DFB-Pokalfinale ein. „Diese Mannschaft kennt nur 100 Prozent“, sagt Mittelfeld-Stratege Granit Xhaka nach diesem Sieg. „Die Maschine rollt immer weiter“, schreibt der kicker. Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung sah „leichtfüßige Leverkusener“, die auch im 40. Spiel in Folge ungeschlagen bleiben.

Frimpong in den Massen

Möglich ist eine solche Serie nur, weil alle auf dem Boden bleiben. Weil Trainer und Spieler sich mit höchster Konzentration immer der nächsten Aufgabe widmen. Jonathan Tah formuliert es so: „Von Spiel zu Spiel zu schauen, auf das Hier und Jetzt fokussieren: Das sind für uns nicht nur Floskeln, diese Sätze spiegeln zu 100 Prozent unsere Einstellung und tägliche Herangehensweise wider.“

Zwischen Meisterschaft und Europa League

In der Liga beträgt der Abstand zum Tabellenzweiten Bayern München inzwischen 13 Punkte. Und als die Werkself am 6. April auch beim 1. FC Union Berlin im Stadion An der Alten Försterei 1:0 gewinnt, während der FCB im Parallelspiel in Heidenheim überraschend 2:3 verliert, ist die Meisterschaft plötzlich nur noch ein Spiel entfernt. Bei nun komfortablen 16 Punkten Vorsprung, könnte sich Bayer 04 am 29. Spieltag gegen Werder Bremen zu Hause in der BayArena mit dem Titel krönen. Matchball für die Werkself! Alle Gewerke im Klub arbeiten auf Hochtouren, um für diesen möglicherweise historischen Tag vorbereitet zu sein.Davor liegt aber noch das Viertelfinal-Hinspiel in der Europa League gegen den Premier-League-Klub West Ham United. Xabi Alonso weiß, dass es ein Geduldsspiel gegen die „Hammers“ werden könnte. Und wie fast immer liegt der Bayer 04-Cheftrainer mit dieser Einschätzung richtig. Lange sieht es in der BayArena nach einem torlosen Remis aus. Dann stechen die Joker von Alonso: Jonas Hofmann bringt Schwarz-Rot mit einem wuchtigen Schuss in Führung (83.), Victor Boniface sorgt schließlich per Kopf für das 2:0 (90.+12), ein gutes Ergebnis mit Blick auf das Rückspiel in London.

14. APRIL 2024: ZUM ERSTEN MAL DEUTSCHER MEISTER!

Und dann kommt ein Tag für die Geschichtsbücher, ein Tag für die Ewigkeit! Bayer 04 empfängt am 14. April 2024 den SV Werder Bremen. Mit einem Sieg wäre der Werksklub zum ersten Mal in seiner Geschichte Deutscher Meister. Tausende Fans empfangen den Mannschaftsbus auf der Bismarckstraße. Fahnen, Transparente, Konfettiregen. Schwarz-rot wohin man schaut. Es liegt was in der Luft, die Atmosphäre in der BayArena ist schon vor dem Anpfiff unbeschreiblich, die Anspannung überall spürbar. Die Werkself geht auch in dieses besondere Spiel hoch konzentriert. Victor Boniface sorgt mit einem verwandelten Foulelfmeter für ersten befreienden Jubel auf den Rängen (25.). Granit Xhaka legt für die dominanten Leverkusener nach gut einer Stunde mit einem eindrucksvollen Distanzschuss nach. Und schließlich macht der eingewechselte Florian Wirtz mit seinem Hattrick den 5:0-Sieg perfekt – Bayer 04 Leverkusen ist erstmals in der 120-jährigen Klubgeschichte Deutscher Fußball-Meister. Es gibt kein Halten mehr. Die Fans stürmen unmittelbar nach Wirtz‘ drittem Treffer auf den Rasen. Schiedsrichter Harm Osmers beweist Fingerspitzengefühl und pfeift die Partie in der 89. Minute ab. Es beginnt eine stundenlange Meister-Party in der BayArena. „Die Geschichte hat uns noch eine Schale geschuldet“, ruft Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung, später vom Balkon aus der Logenebene tausenden Fans zu, die auf dem Rasen der BayArena verweilt haben. „Wir haben die besten Fans Deutschlands, die beste Mannschaft, die besten Spieler, den besten Trainer, den besten Verein, die besten Mitarbeitenden!" Emotionen pur. Meisterkusen feiert magische Momente. Alle liegen sich in den Armen. Es ist vollbracht. Das, was sich viele seit mindestens zwei Jahrzehnten so sehr gewünscht hatten.

Einzug ins Finale

Der Last-Minute-Wahnsinn geht weiter

Doch die Saison ist längst noch nicht beendet. Es ist noch mehr drin für die Werkself. Zum einen will sie ihre Ungeschlagen-Serie bis zum letzten Spieltag fortsetzen. Zum anderen soll auch die Reise in der Europa League weitergehen. Vier Tage nach der Meisterfeier steht das Viertelfinal-Rückspiel bei West Ham United in der Europa League auf dem Programm. Alonsos Team muss schnell wieder den Hebel umlegen und liefern. Und das tut es auch. Jeremie Frimpong gleicht die frühe Führung der Londoner in der 89. Minute aus. Bayer 04 qualifiziert sich mit einem 1:1 bei den „Hammers“ für das Halbfinale.

Und der Last-Minute-Wahnsinn geht weiter. In Dortmund trifft Josip Stanisic in der siebten Minute der Nachspielzeit zum 1:1-Ausgleich. Eine Woche später rettet Robert Andrich mit seinem Tor zum 2:2 ein Remis gegen den VfB Stuttgart – in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Es ist kaum mehr zu glauben.

Bayer begleicht offene Rechnung mit Rom

Im Halbfinale der Europa League wartet – wie im Vorjahr – die AS Rom. Da ist noch eine Rechnung offen. Und wieder strapaziert das Duell mit der Roma die Nerven. Zwar siegt Schwarz-Rot im Stadio Olympico durch Tore von Wirtz und Andrich mit 2:0. Aber im Rückspiel liegen die Giallorossi ihrerseits durch zwei Foulelfmeter plötzlich mit 2:0 in Führung. Die Werkself lässt viele gute Chancen liegen. Aber sie kämpft und glaubt wie immer bis zum Schluss an sich. Ein Eigentor von Mancini in der 87. Minute bringt endlich das wichtige 1:2. Und plötzlich scheint da doch etwas möglich zu sein.  Josip Stanisic macht in der siebten Minute der Nachspielzeit mit dem frenetisch bejubelten 2:2 den Einzug ins Finale der Europa League perfekt. „Dieser Glaube, zurückzukommen, ist unfassbar“, sagt Granit Xhaka. Es ist der insgesamt 18. Treffer, den die Werkself in dieser Saison nach der 90. Minute erzielte!

In der Bundesliga begeistert Schwarz-Rot seine Fans mit einem furiosen letzten Akt. Einem 5:1-Sieg bei Eintracht Frankfurt folgt ein 5:0 beim VfL Bochum 1848 – das 50. Pflichtspiel ohne Niederlage in Folge. Für Jonathan Tah war es das 350. Pflichtspiel für Bayer 04. Der deutsche Nationalspieler resümierte: „Das ist für mich ein Meilenstein. 350 Spiele, die letzten 50 Spiele ungeschlagen, jetzt 5:0 gewonnen – das ist ein besonderer Tag für mich.“

Meister 2023/24

Bayer 04 schreibt Geschichte

Und auch am 34. Spieltag, dem Tag, an dem die Werkself die Meisterschale überreicht bekommt, hält die Serie. Mit dem 2:1-Sieg gegen den FC Augsburg schreibt Bayer 04 Geschichte, ist der erste Klub in der Historie  der Bundesliga, der eine komplette Saison ungeschlagen bleibt. Als Kapitän Lukas Hradecky an diesem 18. Mai 2024 um 17.38 Uhr die Schale in Empfang nimmt, ist es  der Lohn für eine unglaubliche Saison der Leverkusener, in der zahlreiche Klubrekorde gebrochen wurden:

  • 28 Siege in einer Saison – die alte Bestmarke von Bayer 04 lag bei jeweils 21 Siegen in den Saisons 1996/97 und 2001/02
  • 90 Punkte – 17 Punkte mehr als beim bisherigen Bestwert 1999/2000 und 40 (!) Punkte mehr als in der Vorsaison
  • 89 Tore – bislang waren 80 Tore in der Saison 2021/22 Bestwert
  • 24 Gegentore – bisherige Bestmarke: 30 Gegentore in der Saison 1998/99
  • 17 Auswärtsspiele ungeschlagen (das gelang zuvor nur zweimal den Bayern)
  • 10 Ligasiege nacheinander
  • 7 Auswärtssiege in Folge
  • 16 Weiße Westen

Eine besondere Marke knackt Bayer 04 auch wettbewerbsübergreifend im internationalen Vergleich: In 51 Pflichtspielen bleibt die Werkself ungeschlagen – den bisherigen Europarekord hatte Benfica Lissabon gehalten, der portugiesische Traditionsklub war zwischen 1963 bis 1965 insgesamt 48-mal in Folge ohne Niederlage geblieben.

Tah und Hradecky mit den Pokalen

EL-Finale: Nur Bergamo schlägt die Werkself

Dass die unglaubliche Bayer 04-Serie dann im 52. Pflichtspiel ausgerechnet im Europa-League-Finale gegen Atalanta Bergamo reißt, ist bedauerlich. Aber die Werkself erweist sich als fairer Verlierer. Jeremie Frimpong räumt nach der Partie ein: „Wir sind sehr enttäuscht, wir haben ein Finale verloren. Aber Atalanta war das bessere Team, sie haben verdient gewonnen.“ Rund 12.000 Fans unterstützen die Werkself in Dublin, sorgen für eine großartige Atmosphäre und haben ein feines Gespür dafür, dass es an diesem Abend kein Happy End geben würde. Durch drei Tore von Ademola Lookman  gewinnen aggressiv pressende Bergamasken das Finale 3:0. Doch die Anhänger von Schwarz-Rot honorieren nach dem Abpfiff eine fantastische Europa-League-Saison ihrer Mannschaft mit lautstarkem Applaus und Fan-Gesängen.

Hradecky und Co. feiern das Double

Nur drei Tage später sorgen mehr als 27.000 Bayer 04-Fans erneut für einen unglaublichen Support im Berliner Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern. Granit Xhaka schießt in der 16. Minute mit einem satten Distanzschuss das entscheidende Tor. Auch in Unterzahl – Odilon Kossounou muss kurz vor der Pause mit Gelb-Rot vom Platz – spielt die Werkself die Partie kontrolliert zu Ende und wird zum zweiten Mal nach 1993 DFB-Pokalsieger. Um 22.22 Uhr an diesem 25. Mai 2024 stemmt Kapitän Lukas Hradecky den Pott in den Berliner Nachthimmel. Tags drauf feiert der frisch gekürte Double-Sieger beim „Coming Home“ mit zehntausenden Menschen auf den Straßen und 40.000 Fans in der BayArena die größte Party, die Leverkusen je gesehen hat. Die Freude bei Fans und Mannschaft, die Bilder beim Empfang der Mannschaft in der BayArena, dieses Gefühl, etwas wunderbares gemeinsam vollbracht zu haben, all das wird unvergessen bleiben. Die Saison 2023/24 war für Bayer 04 eine historische Saison, die verdeutlicht hat, was man mit einem besonderen Spirit gemeinsam erreichen kann.