Die Worte sind deutlich. „Ich hatte das Gefühl, dass wir uns mit 35 Punkten schon aus der Saison verabschiedet haben. Jeder hat darüber geredet, dass es reichen könnte und genau so haben wir gespielt“, lautete der Weckruf von Trainer Manuel Baum nach dem verkorksten Heimauftritt gegen Werder Bremen vor der Länderspielpause. Einerseits nach nur einem Sieg aus den vergangenen sechs Spielen durchaus verständlich, andererseits aber auch Zeugnis für eine dennoch komfortable Tabellensituation seines Teams. Denn: Wer nach 27 Spieltagen 35 Punkte auf dem Konto hat, der kann sich ein Spiel wie das 1:3 gegen Werder durchaus erlauben, wenn das ausgegebene Saisonziel der Klassenerhalt ist – zumal den FCA immer noch satte zehn Punkte von Rang 16 trennen. Bei nüchterner Betrachtung der Tabellenlage erscheint trotz der zuletzt nicht immer überzeugenden Leistungen gar eine Korrektur der Ziele nach oben nicht abwegig. Vier Punkte trennen die Augsburger auf Platz zehn von Rang sieben, der für den Europapokal reichen könnte.
Die Länderspielpause kam dem FCA durchaus gelegen – nicht nur, um in Abwesenheit von nur vier Nationalspielern wieder an der Rückkehr in die Erfolgsspur zu feilen, sondern auch, damit sich die verletzten Spieler herankämpfen können. So steht der Niederländer Jeffrey Gouweleeuw gegen Bayer 04 vor seinem Comeback, nachdem er sich Ende Januar beim 1. FC Köln einen Teilriss des Innenbands zugezogen hatte. Zuvor hatte der Abwehrchef in der gesamten Saison keine Sekunde verpasst, sein Fehlen war somit wohl auch ein Grund für die wohl schwächste Phase des FCA in der laufenden Spielzeit zuletzt. „Wenn du bei diesen Schwankungen Spieler auf dem Platz hast, die viel Erfahrung haben, dann haben die im Spiel auch die Möglichkeit, einzugreifen“, sagte Coach Baum zuletzt dem „kicker“. Gemeint ist damit aber nicht nur Gouweleeuw, sondern auch Marwin Hitz, dessen Einsatz gegen die Werkself auch noch nicht abschließend gesichert ist. Der Keeper musste mit muskulären Problemen von der Schweizer Nationalmannschaft abreisen – eine reine Vorsichtsmaßnahme, so die Verantwortlichen aus der Fuggerstadt. Sollte Hitz, zuletzt einer der stärksten Augsburger, wider Erwarten passen müssen, wäre es nach Gouweleeuw die zweite Serie einer Konstanten in dieser Saison, die verletzungsbedingt reißen würde: Der Torhüter stand für den FCA bislang jede Minute auf dem Platz.
Auch wenn es sich nach dem Spiel gegen Bremen alle in Augsburg gewünscht hatten: Für Alfred Finnbogason war die Länderspielpause wohl doch nicht lange genug. Der Isländer, den seit zwei Monaten Wadenprobleme außer Gefecht setzen, stieg unter der Woche zwar wieder ins Mannschaftstraining ein, der Vergleich mit der Werkself kommt für den Goalgetter aber wohl noch zu früh. Das wäre ein herber Verlust: In den sieben Spielen seit Finnbogasons Verletzung blieb Augsburg gleich dreimal ganz ohne Torerfolg – im gesamten Saisonverlauf zuvor war das nur viermal der Fall gewesen. Ein weiteres Zeichen für die überragende Qualität, die den Schwaben momentan abgeht: Trotz seiner nun bereits acht Wochen währenden Ausfallzeit steht der Skandinavier mit elf Toren aus 18 Spielen noch auf Rang vier der Torjägerliste. Gleichauf mit ihm: Teamkollege Michael Gregoritsch, der Finnbogason seit dessen Verletzung im Sturmzentrum vertritt. Auf diese Weise bewahrt sich der FCA zwar die Torgefahr in vorderster Front, jedoch fehlen die Akzente aus dem offensiven Mittelfeld, für die der großgewachsene Österreicher sonst zuständig war. Davon abgesehen liegt auch Gregoritsch die Rolle hinter den Spitzen mehr als der Part des Mittelstürmers, den er aktuell erfüllen muss.
Der FCA hat sich in den vergangenen Jahren etabliert in der Bundesliga. Ein Grund dafür: Die ruhige Vereinspolitik sowie der Ruf, sich als talentierter Spieler in Augsburg optimal weiterentwickeln zu können: Werkself-Abräumer Dominik Kohr vollzog in der Fuggerstadt einen wichtigen Karriereschritt, auch André Hahn wurde dort vom No-Name zum Nationalspieler. Ein Karrieresprung, vor dem nun auch Philipp Max (im Bild oben mit Trainer Manuel Baum) steht: Der Linksverteidiger der Augsburger ist mit starken 13 Torvorlagen bester Vorbereiter der gesamten Bundesliga und besitzt das Potenzial, als Überraschungsgast noch auf den WM-Zug nach Russland aufzuspringen. Unabhängig davon ist der Sohn des einstigen Bundesliga-Torschützenkönigs Martin Max derzeit einer der begehrtesten Spieler der gesamten Bundesliga und dürfte den FCA selbst dann für das Vertrauen in ihn belohnen, wenn er dem Ruf eines größeren Klubs folgt – in Form einer stattlichen Ablösesumme. Ein Weg, der sich für den Verein langfristig rechnet – und schon gerechnet hat.
Es ist eines der größten Komplimente, die man Manuel Baum machen kann: Der FCA ist im Begriff, eine vollkommen sorgenfreie Bundesliga-Saison zu spielen. Nach dem Erstrunden-Aus im DFB-Pokal beim Drittligisten Magdeburg und dem 0:1 zum Bundesliga-Auftakt beim Hamburger SV waren die Augsburger im August von vielen als heißer Abstiegskandidat gehandelt worden, letztlich werden sie nichts damit zu tun haben. Selbst eine Überraschung wie das Erreichen des internationalen Geschäfts wie im Jahr 2015 ist für die bayrischen Schwaben über den Umweg Platz sieben noch drin. Das erscheint nach den vergangenen Leistungen zwar unwahrscheinlich, könnte nach der Rückkehr von Gouweleeuw und Finnbogason aber wieder in den Bereich des Möglichen rücken.
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