Gegner-Check: Der Traum von Europa lebt noch

Position

Über weite Phasen in dieser Saison sah es richtig gut aus für den FC Augsburg. Die Fuggerstädter schnupperten zwischenzeitlich intensiv an den internationalen Plätzen. Von Ende Februar bis Ende März holte das Team von Trainer Jess Thorup aus fünf Spielen 13 Punkte und hatte mit vier Siegen hintereinander einen Vereinsrekord aus dem Jahr 2014 eingestellt. Auf Platz sieben stehend durfte man von Europa träumen. Augsburg war auf dem Weg, die beste Saison seit zehn Jahren zu spielen. Seit April aber ist der Wurm drin bei den bayerischen Schwaben. Fünf Niederlagen, davon die letzten vier in Folge, nur ein Sieg gegen den 1. FC Union Berlin (2:0) und ein Torverhältnis von 4:15 – das ist die Bilanz aus den vergangenen sechs Spielen. Der FCA rangiert mit 39 Punkten nur noch auf Platz zehn. Immerhin zeigte sich der Klub zuletzt bei der 0:1-Niederlage zu Hause gegen den VfB Stuttgart in der Defensive wieder gefestigter. In der Woche zuvor war man bei Borussia Dortmund noch mit 1:5 unter die Räder gekommen. Im letzten Heimspiel gegen überlegene Schwaben sah Jess Thorup denn auch eine Leistungssteigerung seiner Mannschaft. „Defensiv war es ordentlich, wir wollten als Einheit kompakt sein, das hat man auf dem Platz gesehen und darauf können wir für die Zukunft etwas aufbauen.“

Torjäger Ermedin Demirovic blickte derweil schon einmal auf die finale Partie bei Bayer 04: „Vor ein paar Wochen sind wir auf der Erfolgswelle geritten, nach nun vier Niederlagen in Folge ist es jetzt die Aufgabe, dagegen anzukämpfen, auch wenn es schwerfällt. In Leverkusen erwartet niemand etwas von uns, aber wir wollen noch einmal alles raushauen.“

Personal

Wie schon in den vergangenen beiden Partien muss Jess Thorup auch in Leverkusen auf seinen Stammtorhüter Finn Dahmen verzichten. Die Nummer 1 des FCA fällt wegen einer Bänderverletzung aus und wurde inzwischen erfolgreich operiert. In Leverkusen dürfte also erneut Tomas Koubek zwischen den Pfosten stehen. Verletzungsbedingt werden darüber hinaus auch die Verteidiger Reece Oxford, Robert Gumny und Raphael Framberger sowie die Mittelfeldspieler Fredrik Jensen und Elvis Rexhbecaj nicht zur Verfügung stehen. Zudem muss Thorup den gesperrten Rechtsverteidiger Kevin Mbabu ersetzen. Der vom FC Fulham ausgeliehene Schweizer sah gegen Stuttgart zum fünften Mal die Gelbe Karte. Für ihn könnten am Samstag Maximilian Bauer oder Arne Engels spielen. In der Innenverteidigung sind Jeffrey Gouweleeuw und Felix Uduokhai feste Größen. Auf der linken Seite stehen Mads Pedersen und der Brasilianer Iago bereit.

Als Abräumer vor der Abwehr ist der im Winter von Eintracht Frankfurt ausgeliehene Kristijan Jakic längst eine der tragenden Säulen bei den Augsburgern. Für die offensiven Akzente ist Zehner Ruben Vargas zuständig. Der Schweizer (vier Tore, fünf Assists) ist nach den beiden gesetzten Stürmern Ermedin Demirovic (15/10) und Phillip Tietz (8/5) bester Scorer der Fuggerstädter.

Prunkstück

Das Gespann Demirovic/Tietz zählt zu den gefährlichsten Stürmer-Duos der Liga. Auf das Konto der beiden gehen fast die Hälfte aller Augsburger Saisontore. Von den 49 Treffern, mit denen die Fuggerstädter die achtbeste Offensive in der Liga stellen, erzielten Demirovic und Tietz zusammen 23. Die Werkself muss sich zudem auf eine kompakte Mannschaft einstellen, die robust zur Sache geht und keine Zweikämpfe scheut. Bei der 0:1-Heimniederlage gegen das Alonso-Team in der Hinrunde hielten kämpferische Augsburger die Partie lange offen. Bayer 04 sorgte durch Exequiel Palacios erst in der vierten Minute der Nachspielzeit für die Entscheidung.

Auch ein Beleg für die starke Mentalität der Rot-Grün-Weißen: Keine Mannschaft holte mehr Punkte nach einem Rückstand wie der FCA. In den bisherigen 33 Partien führte der Gegner 25-mal. Dennoch gewann Augsburg danach noch 23 Punkte (sechs Siege, fünf Remis). Das ist mit Abstand Liga-Bestwert. Und: Tore in der Schlussviertelstunde – das ist auch eine Spezialität der Thorup-Truppe. Zwölf Treffer erzielte sie nach der 75. Minute. Das toppen nur die Werkself (22) und drei weitere Klubs.

Probleme

Vier Niederlagen in Serie, das war den Augsburgern das letzte Mal vor vier Jahren passiert. In Leverkusen droht nun der negative Vereinsrekord. Die 15 Gegentore aus den vergangenen fünf Niederlagen haben für eine gewisse Verunsicherung gesorgt. Insgesamt stellt der FCA mit 58 Gegentoren die fünftschlechteste Defensive im deutschen Fußball-Oberhaus. Insbesondere bei der Verteidigung von Standards offenbart das Thorup-Team Schwächen. Nach ruhenden Bällen musste Augsburg bereits 21 Treffer schlucken – so viele wie keine andere Mannschaft. Auch in der Offensive hakte es zuletzt. Torjäger Demirovic traf in den vergangenen neun Partien nur einmal.

Prognose

Natürlich geht der FC Augsburg am letzten Spieltag als Außenseiter ins Spiel beim neuen Deutschen Meister. Zumal die Werkself einen weiteren Rekord aufstellen möchte, bevor sie die Schale überreicht bekommt: Sie will als erstes Team in der Bundesliga-Historie eine komplette Saison ungeschlagen bleiben. Doch auch für die Fuggerstädter gibt es noch viel zu gewinnen. Denn obwohl der FCA zuletzt viermal in Folge verlor, bleibt das Tor nach Europa zumindest einen Spalt weit auf. Als geradezu prophetisch erweisen sich nun die Worte von Ermedin Demirovic, der bereits vor der Saison gesagt hatte: „Vielleicht wollen wir am letzten Tag mal um die Conference League oder den 10. Platz spielen.“ Genau so ist es gekommen, beides ist nun tatsächlich möglich. Auf Platz zehn rangiert der FC Augsburg aktuell. Es wäre die beste Platzierung für den Klub seit der Spielzeit 2014/15, als die Rot-Grün-Weißen Tabellenfünfter geworden sind. Doch am finalen Spieltag wäre mit einem Sieg in Leverkusen bei einer gleichzeitigen Niederlage des SC Freiburg beim 1. FC Union Berlin sogar noch Rang acht drin. Und damit möglicherweise auch die Teilnahme an der UEFA Conference League. Es bleibt spannend für den FCA.