Kerem, nach zuvor vier Liga-Siegen in Folge habt ihr am vergangenen Wochenende beim 2:3 in Mainz die erste Niederlage im neuen Jahr verdauen müssen. Wie habt ihr diese in der Analyse und im Training aufgearbeitet?
Demirbay: Für uns war von vornherein klar, dass Mainz defensiv-aggressiv auftreten wird. Uns ist es leider nicht gelungen, in gewissen Punkten – zum Beispiel in Bezug auf Aggressivität und Dagegenhalten – ebenbürtig oder besser zu sein als Mainz. Zudem haben wir unsere eigenen fußballerischen Qualitäten zu wenig ausspielen können. Von daher muss man sagen, dass sie an diesem Tag insgesamt gesehen besser waren als wir.
Wie im Gesamt-Tableau belegt ihr auch in der Rückrunden-Tabelle derzeit Rang drei. Wie bewertest du eure bisherigen Leistungen und Auftritte im Jahr 2022? In welchen Bereichen habt ihr im Vergleich zur Hinserie Fortschritte gemacht?
Demirbay: In vielen. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir nach Rückständen oder Gegentoren nicht einbrechen, sondern unsere Linie diszipliniert durchziehen und unser Spiel beibehalten. Das ist uns in der Hinrunde nicht immer gelungen. Unabhängig davon sind wir zudem viel aggressiver geworden, unser Spiel ist intensiver geworden – sowohl mit als auch ohne Ball. Das alles sind gewisse Nuancen, die insgesamt viel ausmachen.
Wie wichtig ist die Kommunikation auf und neben dem Platz in diesen Phasen?
Demirbay: Die Kommunikation über die vollen 90 Minuten ist das A und O, sie kann eine Mannschaft lebendig halten. Durch sie kannst du dir selbst Energie holen oder auch deine Mitspieler wachrütteln. Für die Kommunikation haben wir bestimmte Spieler, die den Ton angeben. In gewisser Weise ist aber auch jeder Einzelne von uns verantwortlich.
Du hast dich in dieser Saison zum absoluten Stammspieler entwickelt. Wie ordnest du deine Leistungen in der laufenden Saison bis dato ein?
Demirbay: Ich habe mich zum einen abseits des Platzes persönlich weiterentwickelt. Sportlich gesehen bin ich konstanter in meinen Leistungen geworden. Ich fühle mich hier sehr wohl, wachse mit der Mannschaft und habe eine Rolle in diesem Klub, in der ich voll aufgehe und die mir Spiel für Spiel extrem viel Energie gibt.
Welche Relevanz hat Trainer Gerardo Seoane für dich und deine Entwicklung?
Demirbay: Er schenkt mir viel Vertrauen und Freiheiten, weiß im Gegenzug aber auch, was er von mir verlangen kann und was er bekommt. Er verlangt von uns allen sehr viel. Nicht zu viel – das ist ein Unterschied.
Der Schweizer betont immer wieder, dass er sich mit einer Doppel-Sechs im Mittelfeld am wohlsten fühlt. Welche Vorgaben macht er für die Position? Was sollt ihr beachten?
Demirbay: Wir müssen Fußballer, Kämpfer und Taktgeber im Mittelfeld sein und dem eigenen Spiel ein Gleichgewicht verschaffen. Situativ können wir auf dieser Position der Entscheider sein. Wir müssen der Defensive helfen, dass sie einfach von hinten rausspielen kann, gleichzeitig aber auch zweite Bälle gewinnen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass in jeder Spielsituation mindestens ein Sechser seine Position hält. Schaltet sich der andere mit ins Angriffsspiel ein oder ist Bestandteil des aggressiven Gegenpressings, dann sichert der andere ab. Das verleiht uns mehr Stabilität.
Aktuell bildest du mit Robert Andrich die Doppelsechs, der im vergangenen Sommer vom 1. FC Union Berlin gekommen ist? Was kennzeichnet euer Zusammenspiel?
Demirbay: Menschlich und persönlich verstehen wir uns gut, wir sind auf einer Wellenlänge. Seine direkte Berliner Art schätze ich sehr. Ich bin aber auch sehr froh, dass ich nicht sein Gegenspieler bin. Er kann sehr unangenehm auf dem Feld sein. Seine defensive Arbeit und Stabilität ergänzt sich mit meinem offensiveren Spielstil. Grundsätzlich können wir aber beide beides. Die Kommunikation auf dem Platz passt sehr gut, was unsere Arbeit natürlich auch einfacher macht.
Genau wie bei Rob hat man auch bei dir den Eindruck, dass du es trotz deiner ausgeprägten technischen Fähigkeiten verstehst, körperlich dagegenzuhalten. Und dann scheint es für dich auch zweitrangig zu sein, ob ein Gegenspieler über 1,90 m groß ist wie im Fall Moussa Niakhaté von Mainz 05. Wie wichtig ist Aggressivität für dein Spiel?
Demirbay: Sie gehört zu meinem Spiel, ganz klar. Das muss nicht immer eine Grätsche sein, da geht es auch ums Antizipieren, Hinterherlaufen oder Ballwegspitzeln. Aus diesen Gründen hat mich der Klub damals geholt. Wenn ich allerdings mitbekomme, dass meine Teamkollegen und gleichzeitig auch Freunde vom Gegner unfair behandelt werden, scheue ich mich nicht davor, aggressiv dagegenzuhalten.
Am Samstag steht das Heimduell gegen den DSC Arminia Bielefeld an. Was wird in diesem Spiel wichtig sein?
Demirbay: Grundsätzlich die gleichen Tugenden wie im Spiel gegen Mainz. Sie werden uns definitiv nichts schenken, wir müssen uns fokussiert auf diesen Gegner vorbereiten und dürfen sie nicht unterschätzen. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir die Basics abrufen. Aggressivität, Intensität, Gier, Kommunikation – sie müssen von der ersten Minute an merken, dass für sie bei uns nichts zu holen ist.
Zu dieser Partie dürfen auf Grundlage der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW 10.000 Fans in die BayArena kommen, ab April ist aller Voraussicht nach die Vollauslastung der Stadien wieder möglich. Wie wichtig ist eine echte Heimspiel-Kulisse für das Erreichen der Saisonziele?
Demirbay: Sehr wichtig. Wenn man mit 4:0 führt, applaudiert jeder. Aber wenn es eng ist, es unentschieden steht oder man gar hinten liegt, sind die Fans enorm wichtig. Sie können mit ihrem Support Spiele mitentscheiden, wenn sie lautstark sind und uns – auch wenn wir müde sind – noch einmal anfeuern und Kraft geben. Um unsere Ziele zu erreichen, brauchen wir unsere Fans!
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