Vedat, gib uns zu Beginn doch mal einen Einblick, wie du überhaupt zur Schiedsrichterei gekommen bist.
Mutlu: Ich war damals in der 9. Klasse. In einer Motto-Woche hatte mich mein Klassenlehrer Christian Martinet, der ebenfalls bei Bayer 04 Schiedsrichter ist, auf dieses Thema aufmerksam gemacht. In Absprache mit der Schulleitung und dem FVM (Fußball-Verband Mittelrhein, Anm. d. Red.) hatte er uns damals einen Anwärter-Lehrgang angeboten und uns motiviert, das mal auszuprobieren. Eigentlich hatte ich wenig mit Fußball am Hut, habe nie selbst gespielt und nie Fußball geschaut. Aber es klang spannend und daher dachte ich mir, ich versuche es einfach mal. Es hat mir dann sofort sehr großen Spaß gemacht. Und mittlerweile habe ich auch eine richtige Leidenschaft für den Fußball entwickelt.
Wann und wie hat es dich dann zu Bayer 04 gezogen?
Mutlu: Ich bin im Juli 2022 zu Leverkusen gewechselt. Vorher war ich Schiedsrichter bei Ditib Chorweiler, aber Christian Martinet hatte mich im vergangenen Jahr bei Bayer 04 empfohlen – und vielleicht auch das ein oder andere gute Wort für mich eingelegt. (lacht) Dafür bin ich sehr dankbar. Aktuell ist es meine zweite Saison in Leverkusen und ich bin sehr glücklich hier.
Was bietet dir Bayer 04 für Vorteile und wie unterstützt dich der Klub?
Mutlu: Die Unterstützung seitens des Klubs ist wirklich großartig. Wir werden bestens ausgerüstet, in allen Bereichen. Wenn wir Probleme haben, können wir immer auf Rahel (Rahel Glombek, Leitung Schiedsrichter-Team bei Bayer 04, Anm. d. Red.) zukommen. Das ist wirklich sehr schön.
Du hast 2019 mit der Schiedsrichterei angefangen und in den anschließenden vier Jahren über 450 Partien gepfiffen. Das ist eine bemerkenswerte Zahl...
Mutlu: Eigentlich waren es sogar nur zweieinhalb Jahre, in denen ich die 450 Spiele gepfiffen habe. (lacht) Während Corona ging das ja leider nicht. Mir hat das Pfeifen einfach sehr viel Spaß gemacht und ich war wirklich hochmotiviert. Damals war ich noch in der Einführungsphase im Gymnasium, daher hatte ich auch die Zeit. So habe ich am Wochenende dann auch mal fünf Spiele gepfiffen. Aber mittlerweile ist das anders. Inzwischen habe ich wegen der Schule weniger Zeit, außerdem lautet mein Prinzip inzwischen ohnehin „Qualität vor Quantität“.
Kannst du bei so vielen Einsätzen dein persönliches Highlight ausmachen?
Mutlu: Ja, auf jeden Fall. Das war bei einem Trainingsspiel der Profis, ich durfte dort Assistent sein. Ich hatte außerdem an dem Tag Geburtstag, von daher war es in doppelter Hinsicht ein ganz besonderer Tag für mich!
Wie sieht der Austausch mit den anderen Bayer 04-Schiedsrichtern aus?
Mutlu: Ich habe zu den anderen Schiris eine sehr gute Beziehung, zu einigen pflege ich sogar Freundschaften, treffe mich oder schreibe hin und wieder mit ihnen. Zum Beispiel mit Marc Martinet, er ist der Sohn meines ehemaligen Klassenlehrers und wie sein Vater auch Schiri bei Bayer 04. Im Prinzip unterstützen wir uns alle sehr gut und sind alle füreinander da.
Wie bringst du die Schiedsrichterei mit der Schule unter einen Hut?
Mutlu: Ich nutze unter anderem meine Freistunden und die Zeit im Bus und in der Bahn für die Schule. Das hat immer gut funktioniert und meine Noten haben noch nie darunter gelitten. Das hätten meine Eltern auch niemals zugelassen. (lacht)
Du kannst schon einiges an Erfahrung vorweisen. Wie gehst du mit Respektlosigkeiten auf dem Platz um?
Mutlu: Mittlerweile geht das links rein und rechts wieder raus. Ich reagiere nicht auf jeden Spruch. Wenn es aber beleidigend oder respektlos wird, dann ist eine Grenze überschritten. Dann ahnde ich das auch dementsprechend. Bis zu einer bestimmten Linie bin ich sozusagen der Nette, aber wenn es sein muss, greife ich auch hart durch.
Abschließend: Welche Ziele hast du dir als Bayer 04-Schiedsrichter für die Zukunft gesteckt und wie sehen deine beruflichen Pläne aus?
Mutlu: Es wäre natürlich ein Traum, als Bayer 04-Schiedsrichter in der Bundesliga und im Profi-Bereich zu landen. Ich bin auch sehr motiviert, das zu erreichen, aber es ist natürlich schwer. In den obersten Ligen pfeifen nur die Wenigsten. Die Schiedsrichterei ist quasi wie eine Pyramide - je höher man kommen will, desto weniger freie Plätze gibt es. Man muss dann warten und hoffen, dass Plätze frei werden. Insofern ist neben dem Talent auch das Quäntchen Glück entscheidend. Abgesehen davon könnte ich mir beruflich etwas in der IT-Branche vorstellen, oder auch Lehrer werden, wie Christian (Martinet, Anm. d. Red.). Ich bin jetzt in der Q2 und noch am überlegen. Ein paar Monate habe ich ja noch Zeit…
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