„Ich habe immer schon auf die Trainer geachtet. Wie sie arbeiten, wie sie sich verhalten, wie sie kommunizieren“, erklärt Sergi Runge – in sehr gutem Deutsch wohlgemerkt. Bereits im Alter von drei Jahren begann er mit dem Deutschunterricht, besuchte als Kind zehn Jahre eine Schweizer Schule in seiner Geburtsstadt Barcelona. In seiner beruflichen Laufbahn hatte Runge seine Deutschkenntnisse anschließend aber nicht rauskramen müssen – bis er im März diesen Jahres schließlich dem Ruf von Bayer 04 gefolgt war.
Bis Saisonende in der B-Junioren-Bundesliga West fungierte der Spanier an der Dhünn als Co-Trainer von Thomas Zdebel sowie im Endspurt von Interimscoach Markus Daun. Im Sommer strukturierten die Verantwortlichkeiten des Bayer 04-Nachwuchses die Verantwortlichkeiten neu und installierten Runge als Chefcoach der Leverkusener U17. Eine Rolle, in der der Neuling unter anderem auf seine umfangreichen Erfahrungen aus seinem bisherigen Berufsleben zurückgreifen konnte.
Bereits mit 16 Jahren hatte sich Sergi Runge dafür entschieden, neben seiner eigenen Fußballer-Karriere als Nachwuchstrainer zu arbeiten. Seine erste Station an der Seitenlinie hieß Unió Barcelonista Catalonia, wo er fortan als Co-Trainer der U12 tätig war. Bei der Suche nach dem passenden Posten und Mitstreiter machte er sich zugute, dass der Vater seines besten Schulfreundes als Nachwuchskoordinator des Klubs tätig war – Runge hatte früh gelernt, vorhandene Kontakte zu nutzen und zu pflegen. So auch während seiner späteren Zeit an der Universität von Barcelona.
Die freie Studienzeit in den Semesterferien ließ Runge ebenfalls nicht ungenutzt: Über mehrere Jahre hinweg fuhr er mit seinem Trainerkollegen Pere Romeu jeden Sommer mit dem Auto sechs Stunden nach Alicante, „nur weil wir wussten, dass dort ein sehr guter Trainer (Fran Beltrán, heute U18-Trainer bei Real Madrid, Anm. d. Red.) arbeitet. Wir haben dort eine Woche verbracht und uns mit verschiedenen Trainern aus der Region ausgetauscht.“ Alles für das Ziel, eines Tages für einen Profiklub an der Seitenlinie zu stehen.
Mit 19 Jahren beendete Sergi Runge, der unter anderem in der höchsten Jugend-Spielklasse Spaniens gegen den FC Barcelona und weitere Topklubs aufgelaufen war, sogar seine eigene aktive Laufbahn. In der Folge coachte er unter anderem an der Hristo-Stoichkov-Schule, die mit einer Methodologie des damaligen FCB-Nachwuchskoordinators Laureano Ruiz arbeitete. „Aus dieser Zeit habe ich sehr viel mitgenommen“, erklärt Runge, der sich neben seinem Masterstudium voll und ganz dem Trainerdasein widmete. So heuerte er unter anderem beim spanischen Drittligisten Unió Esportiva Cornellà an – und unterschrieb dann im Alter von nur 25 Jahren seinen ersten Vertrag als Vollzeit-Trainer.
Eines Tages kam ein gewisses Duo namens Agustin Lleida und Vidal Paloma auf Runge zu. Die Spanier hatten gemeinsam das Nachwuchsleistungszentrum des costa-ricanischen Erstligisten Liga Deportiva Alajuelense aufgebaut. Lleida, damaliger Sportdirektor bei Alajuelense, und Nachwuchsleiter Paloma suchten für dieses einen Landsmann, der vor Ort als Nachwuchstrainer die einheimischen Talente ausbildet – und waren in Runge fündig geworden. „Sie hatten im katalanischen Verband nachgehakt. Ich hatte dann das Glück, dass ein paar Lehrer gut über mich gesprochen haben“, ordnet Runge ein.
Es war ein großer Schritt, nicht nur aufgrund der Entfernung. „Ich war davor noch nie in Amerika und bin ganz alleine rübergegangen“, so Sergi Runge. „Aber ich wollte es unbedingt. 24 Stunden, sieben Tage die Woche als Trainer zu arbeiten, war mein großer Wunsch.“ Fortan coachte der Spanier vormittags die U17 und nachmittags den U14-Nachwuchs, später rückte er zu den Profis auf und arbeitete dort als Co-Trainer. „Sehr glücklich“ war Runge auf der anderen Seite des Atlantiks. Dass das Engagement in Costa Rica nach nur anderthalb Jahren endete, hing mit einem Angebot aus seinem Heimatland zusammen, das so laut eigener Aussage „definitiv nicht alle Tage kommt“.
Runge zog es zum großen FC Barcelona. Zu dem Klub, bei dem er mit seinem Vater jahrelang eine Dauerkarte besaß und große Fußballfeste im altehrwürdigen Camp Nou gefeiert hatte. In der weltweit renommierten Nachwuchsschmiede La Masia arbeitete er als Co-Trainer der U16, coachte dort unter anderem den aktuellen Leverkusener U19-Stürmer Iker Bravo. Das eine oder andere Talent aus seiner damaligen FCB-Nachwuchsmannschaft werde man „in den kommenden Jahren im Camp Nou auflaufen sehen“, da ist sich der Junioren-Trainer sicher.
Im März diesen Jahres tauschte Sergi Runge schließlich La Masia gegen Bayer 04 ein. Nach vier Monaten als U17-Assistenzcoach stieg der Spanier im Sommer zum Cheftrainer des U17-Jahrgangs auf. Angesprochen auf einen Vergleich zwischen dem FC Barcelona und Bayer 04 hob Runge vor allem die ähnlichen, sehr guten Bedingungen im Nachwuchsbereich hervor.
Runge ist glücklich in Leverkusen, hat seine Freundin vor Ort und im Klub einige spanische Kollegen, mit denen er privat regelmäßig Zeit verbringt. Allen voran mit Alberto Encinas und Ismael Camenforte Lopez aus dem Trainerstab der Werkself sowie Erik Roqueta (Athletiktrainer U19) unternimmt Runge viel. Auch wenn dieser Tage wohl eher weniger Zeit dafür bleibt.
In der vergangenen Woche wurden im Trainingslager im niederländischen Tegelen die letzten Feinheiten trainiert, am kommenden Samstag, 13. August, steht das erste Pflichtspiel auf dem Plan. Zum Start in die neue Saison in der A-Junioren-Bundesliga West empfängt die Leverkusener U17 den Aufsteiger Sportfreunde Siegen. Der Anstoß am Leistungszentrum Kurtekotten erfolgt um 11 Uhr. Erstmals mit Sergi Runge als Cheftrainer der schwarz-roten U17 an der Seitenlinie…
Sergi Runge im Porträt:
Geburtsdatum: 11.12.1993
Bei Bayer 04 seit: 03/2022
Bisherige Trainerstationen: Bayer 04 Leverkusen U17, FC Barcelona U16/Spanien (Co-Trainer), Liga Deportiva Alajuelense/Costa Rica (Co-Trainer & U17-Cheftrainer), Unió Esportiva Cornellà U16/Spanien, Centre d’Esports L’Hospitalet U14/Spanien, Escuela Hristo Stoitchkov U12/Spanien, Unió Barcelonista Catalonia U12/Spanien
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