„Wichtig ist, dass wir unsere Chancen nutzen“, hatte Cheftrainer Xabi Alonso im Vorfeld der Partie betont. Seine Mannschaft setzte diese Vorgabe bereits kurz nach dem Anpfiff um. Moussa Diaby brachte die Werkself nach einem Fehler in der USG-Defensive in Führung – und den ausverkauften Gästeblock im Lotto Park in Anderlecht zum Beben. Auch nach dem Blitzstart spielte Bayer 04 weiter groß auf, Mitchel Bakkers 2:0 aus der 38. Minute war die richtige Schlussfolgerung. Nach der Pause erhöhte Jeremie Frimpong gar auf 3:0 (61.), Unions Casper Terho verkürzte vier Minuten später und machte es für einen Moment lang noch einmal spannend. Den Schlusspunkt setzte jedoch Adam Hlozek mit seinem Treffer zum 4:1-Endstand (79.), das Spiel war damit entschieden. Die Spieler und ihre Fans, die vor Anpfiff eine beeindruckende Choreografie inklusive Banner mit der Aufschrift „Wir für euch - ihr für uns“ umgesetzt hatten, feierten nach Schlusspfiff gemeinsam ausgiebig den Einzug in die Runde der letzten vier Teams. Hier geht es zum ausführlichen Spielbericht!
Xabi Alonso sah auf der anschließenden Pressekonferenz vor allem eine Sache als entscheidend für den Sieg an: „Die Qualität der Spieler ist sehr gut, aber der Kopf ist manchmal wichtiger. Wir müssen mit Konstanz und Energie spielen, um in der Europa League zu gewinnen. Jetzt ist die Mentalität gut, wir spielen immer kompakt und konsequent und haben mit Sicherheit zu Ende gespielt.“ Außerdem sagte der Spanier beeindruckt: „Die Stimmung war heute natürlich super. Die Energie der Mannschaft und der Fans war unfassbar. Das Team hat noch mit den Fans zusammen gefeiert. Das ist Fußball, das ist schön. Jetzt haben wir noch mindestens eine weitere Reise vor uns.“
Auch Keeper Lukas Hradecky fasste das Geschehen zufrieden zusammen: „Das hat hier heute sehr viel Spaß gemacht. Es war eine großartige Stimmung von beiden Seiten. Der Spielverlauf war gut für uns, nach unserem frühen Tor musste der Gegner offensiver spielen und wir konnten unsere Konterstärke nutzen. Nach der Halbzeit waren wir kurz unsicher, insgesamt war es aber eine würdige Leistung für einen Halbfinal-Einzug.“ Außerdem ergänzte der Kapitän stolz: „Ich habe gerade in der Kabine zu Jona (Jonathan Tah, Anm. d. Red.) gesagt, dass er mal sechs Monate zurückspulen soll, wo wir waren und welche Entwicklung die Mannschaft genommen hat.“ Ebenso emotional zeigte sich Robert Andrich: „Ich bin sehr happy, dass wir das Spiel heute gezogen haben. Geil, wie viele Leute aus Leverkusen mitgekommen sind!“
Abwehrchef Jonathan Tah absolvierte mit der Partie in Belgien sein 31. Spiel in der UEFA Europa League - absoluter Top-Wert: Damit ist der 27-Jährige der Feldspieler mit den meisten Auftritten der Wettbewerbshistorie überhaupt. Für seine starke Vorstellung erhielt Tah zudem von der Rheinischen Post die Bestnote. Die Begründung: „Ähnlich wie seine Nebenmänner in Bayers Defensive hatte der Innenverteidiger die durchaus robusten, aber auch trickreichen Offensivspieler der Belgier stets im Griff. So langsam dürfte auch Hansi Flick aufgefallen sein, dass der 27-Jährige seit Wochen in starker Verfassung ist.“
Die Bestnote der RP gab es obendrauf auch für Torschütze Bakker: „Genie und Wahnsinn seien in einem eher ungünstigen Verhältnis gemischt. Nicht nur wegen seines Treffers zum 2:0 und seines Anlaufverhaltens vor dem 3:0 strafte er seine Kritiker Lügen.“ Der Niederländer steht mit seinem Tor zur Wahl zum Goal of the Week, Teamkollege Hlozek ist als Player of the Week nominiert.
Die Hausherren gaben 13 Torschüsse auf den Kasten von Hradecky ab, die Gäste aus Leverkusen kamen auf zehn Versuche. Auch bei den Zweikämpfen gingen die Gastgeber in 54 Prozent der Duelle als Sieger hervor. In Sachen Passquote hatten wiederum die Werkself-Profis mit 83 Prozent knapp die Nase vorn (USG: 80 Prozent). Den Ballbesitz teilten sich beide Teams mit jeweils 50 Prozent.
Die Bild-Zeitung titelte nach dem historischen Sieg der Werkself: „Erstes Europacup-Halbfinale nach 21 Jahren“ und ergänzte: „Bayer, unsere letzte Euro-Hoffnung: Sie sind Fußball-Deutschlands letztes Europa-Eisen im Feuer!“ Für den Kölner Stadt-Anzeiger war es wiederum „ein wilder Ritt“, der kicker nannte den „Blitzstart und Abgezocktheit“ als entscheidende Faktoren für den Sieg. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte den Verbleib im europäischen Wettbewerb „die Hoffnung aus Leverkusen“. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb den historischen Sieg so: „Leverkusen ist einziger deutscher Klub in einem Halbfinale: Bayer Leverkusen darf nach einer Gala-Vorstellung vom dritten Titel der Vereinsgeschichte träumen.“ Der Express fasst die Partie wie folgt zusammen: „Blitz-Tor startet die große Bayer-Feier: Traumstart, eiskalte Abschlüsse, das Ding am Ende sicher nach Hause gebracht. Bayer Leverkusen hält die deutsche Fahne in den europäischen Wettbewerben oben, hat sich mit einem 4:1 beim belgischen Überraschungsteam Saint-Gilloise das erste Euro-Halbfinale seit 2002 gesichert!“
Kaum Zeit zum Verschnaufen: Bereits in zwei Tagen am kommenden Sonntag, 23. April, empfangen die Leverkusener im Rahmen des 29. Bundesliga-Spieltags den DFB-Pokalsieger RB Leipzig. Anpfiff in der BayArena ist um 17.30 Uhr. Nach den beiden Englischen Wochen steht darauf eine reguläre Trainingswoche an. Am Samstag, 29. April, gastiert Schwarz-Rot dann beim 1. FC Union Berlin. Anstoß im Stadion An der Alten Försterei ist um 15.30 Uhr.
Das Halbfinal-Hinspiel in der UEFA Europa League bei der AS Rom bestreitet die Werkself in gut drei Wochen am Donnerstag, 11. Mai. Das Rückspiel in der heimischen BayArena folgt eine Woche später am Donnerstag, 18. Mai (Anstoß: jeweils 21 Uhr). Übrigens: Den 6:2-Sieg nach Elfmeterschießen im Final-Rückspiel des UEFA-Cups 1988 gegen Espanyol Barcelona holte Bayer 04 damals ebenfalls am 18. Mai...
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