Im Prinzip ist genau das eingetreten, was Cheftrainer Gerardo Seoane vor der Partie vermutet hatte. „Köln spielt ein aggressives Pressing. Das kann uns entgegenkommen. Wir müssen uns aus diesen Situationen lösen und dann von unserer Geschwindigkeit profitieren“, betonte der 42-Jährige im Vorfeld. Und genau so kam es auch: Bayer 04 überzeugte vor allem in der ersten Halbzeit mit einem überaus dynamischen sowie präzisen Umschaltspiel. Nach einer Viertelstunde brachte Patrik Schick die Werkself in Front. Es sollte der Startschuss für zwei verrückte Minuten werden, denn nur wenige Wimpernschläge später war es Karim Bellarabi, der das Spielgerät wuchtig in die Maschen knallte (17.). Jeremie Frimpong hatte noch vor dem Seitenwechsel die große Chance auf das 3:0, scheiterte jedoch an der Querlatte (25.).
Im zweiten Abschnitt lauerten die Schwarz-Roten immer wieder auf Umschaltmomente. Diese boten sich auch, allerdings mangelte es zu häufig an Präzision, sodass Schick und Co. ohne weiteren Torerfolg blieben. Auf der anderen Seite wurden die Kölner zunehmend agiler und drückten auf den Anschlusstreffer. In der 63. Minute war es dann geschehen: Anthony Modeste enteilte im Leverkusener Strafraum seinen Bewachern und ließ Torhüter Lukas Hradecky anschließend keine Chance. 20 Minuten später war es erneut der Kölner Torjäger, der den Schlusspunkt der Partie setzte: Nach einem Einwurf verlängerte Sebastian Andersson am ersten Pfosten per Kopf zu Modeste, der aus knapp zehn Metern zum 2:2 einnickte. So blieb das Derby am Ende ohne Sieger.
Nach dem Spiel sprach Lukas Hradecky das an, was sich wohl einige gedacht haben: „Dieses Spiel nicht zu gewinnen, fühlt sich wie eine Niederlage an. Es ist kein Punktgewinn, sondern ein Punktverlust“, ärgerte sich der Bayer 04-Kapitän. Auch Robert Andrich hielt sich und seinen Teamkollegen nach dem Abpfiff einen Spiegel vors Gesicht: „Wir hätten“, so der 27-Jährige, „in der ersten Halbzeit noch das dritte und vierte Tor machen und das Spiel entscheiden müssen. So haben wir Köln im Spiel gelassen. Und in einem Derby ist immer alles möglich.“ Trainer Gerardo Seoane analysierte derweil, dass „wir in der ersten Halbzeit unsere Entschlossenheit und Überzahlsituationen viel effizienter hätten nutzen müssen. Wir sind mit den Chancen fahrlässig umgegangen und haben die Spielkontrolle abgegeben.“ Nach dem Seitenwechsel habe Köln die Werkself „mit ihrer Spielumstellung und ihren langen Bällen in Schwierigkeiten gebracht“.
Er trifft und trifft und trifft: Patrik Schick erzielte im Derby bereits sein 8. Tor in der laufenden Bundesliga-Saison – nur FC Bayern-Stürmer Robert Lewandowski (10) und Dortmunds Erling Haaland (9) waren häufiger erfolgreich. Mit dieser Marke stellte der Tscheche einen Leverkusener Klub-Rekord ein: Acht Tore nach neun Spieltagen einer Bundesliga-Saison sind in der der Geschichte von Bayer 04 nur Patrick Helmes 2008/09 gelungen. Schick, der Anfang September vergangenen Jahres unters Bayer-Kreuz gewechselt war, steht aktuell bei 21 Treffern in insgesamt 49 Pflichtspielen für Schwarz-Rot – eine starke Quote!
Für das zweite Leverkusener Tor in der Domstadt war Karim Bellarabi verantwortlich. Und auch dieser Treffer war besonders: Sein zuvor letztes Bundesliga-Tor hatte der 31-Jährige am 7. März 2020 gegen Eintracht Frankfurt (4:0) erzielt. Es war Bellarabis zweiter Pflichtspiel-Treffer in der laufenden Spielzeit, nachdem er zuvor schon in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Lokomotive Leipzig (3:0) erfolgreich war. Ärgerlich: Sowohl Schick als auch Bellarabi mussten in Köln verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Wir wünschen beiden an dieser Stelle nochmals gute Besserung!
Schnelle Tempogegenstöße nach Ballgewinn – so lautete die Marschroute für das Derby mit den Kölnern. Das spiegelt sich auch in den Zahlen zum Spiel wider. Bayer 04 hatte zwar weniger Ballbesitz (38 Prozent), dafür allerdings vor allem in der ersten Halbzeit die gefährlicheren Toraktionen. Im zweiten Durchgang lauerte die Werkself weiterhin auf Kontergelegenheiten. In 90 Minuten kamen so neun Schüsse auf das Tor von FC-Keeper Timo Horn zustande. Die Geißböcke wurden nach dem Seitenwechsel zunehmend offensiver und gaben insgesamt 19 Versuche auf das Gehäuse von Lukas Hradecky ab. Bei den Zweikämpfen hatten die Schwarz-Roten am Ende leicht die Nase vorn (52 Prozent gewonnene Duelle).
Der kicker griff in seiner Analyse das auf, was die Bayer 04-Protagonisten bereits nach dem Spiel kritisch angemerkt hatten. „Bayer versäumte es, die Konter vernünftig auszuspielen“, schreibt das Fußball-Fachblatt. Die Rheinische Post attestierte den Schwarz-Roten derweil einen guten Start in die Partie, lobte aber gleichermaßen „leidenschaftliche Kölner“, die sich im weiteren Spielverlauf von dem Leverkusener Doppelschlag erholen konnten. Karim Bellarabi war im kicker notenbester Spieler bei der Werkself (2,5). Der Kölner Stadt-Anzeiger würdigte indes den starken Auftritt von Robert Andrich („bester Leverkusener“) und bewertete ihn mit einer 2,0. Der Mittelfeldspieler, der seit dieser Saison mit dem Bayer-Kreuz auf der Brust aufläuft, war an beiden Treffern in der Entstehung entscheidend mitbeteiligt und überzeugte darüber hinaus mit leidenschaftlichen Zweikämpfen sowie sicherem Direktpassspiel.
Bayer 04 rangiert nach neun Spieltagen in der Bundesliga auf dem vierten Tabellenplatz. Am heutigen Montag geht es für die Werkself direkt rein in die nächste Englische Woche. Viel Zeit zu regenerieren bleibt dem Team von Cheftrainer Gerardo Seoane nicht. Bereits am kommenden Mittwoch, 27. Oktober, sind Jonathan Tah und Co. in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen den Zweitligisten Karlsruher SC gefordert. Anstoß in der BayArena ist um 18.30 Uhr. In der Bundesliga geht es für Schwarz-Rot am Samstag, 30. Oktober (Anstoß: 15.30 Uhr), weiter. Dann ist der VfL Wolfsburg, der sich während des Derbys in Köln seinerseits von Cheftrainer Mark van Bommel getrennt hat, zu Gast.
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