Gegnercheck: Leipziger Rotation gegen Bayer 04?

Neuland für Bayer 04: 1324 Spiele hat die Werkself bislang in knapp 39 Jahren Bundesliga absolviert – aber noch keines davon an einem Montag. Das ändert sich nun: Unter Flutlicht tritt das Team von Heiko Herrlich am kommenden Montagabend (9. April, 20.30 Uhr) in Leipzig an. Nicht nur aufgrund der Anstoßzeit ein besonderes Spiel: Mit RB wartet ein Tabellennachbar und direkter Konkurrent um die internationalen Plätze auf die Werkself.
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Position

Am Ende war Durchatmen angesagt bei den Leipzigern: Eine scheinbar ungefährdete 3:1-Führung hätten die Roten Bullen im Auswärtsspiel bei Hannover 96 beinahe noch aus der Hand gegeben. Am Ende reichte es noch für den 3:2-Anschlusstreffer, der potenzielle Hannoveraner Ausgleich wurde durch einen Videobeweis aberkannt. Die Stimmung im Leipziger Lager war somit trotz des Siegs leicht gedämpft: Zu einfach hatte das Team von Ralph Hasenhüttl sich in der Schlussphase den Schneid abkaufen lassen und die Spielkontrolle entreißen lassen. Dennoch: Durch die drei Punkte zogen die Sachsen vorbei an Bayer 04 und übernahmen Rang vier – ein Platz, der am Ende der Saison zum Einzug in die Champions League berechtigt. Den kann RB aber auch noch auf einem anderen Weg realisieren – als Sieger der Europa League. Dort stehen die Bullen als letztes verbliebenes deutsches Team im Viertelfinale und treffen auf das französische Spitzenteam Olympique Marseille. Das Hinspiel gewannen die Bullen am Donnerstag mit 1:0 in der heimischen Arena, drei Tage nach dem Duell mit der Werkself steht dann das Rückspiel am Mittelmeer an.

Personal

Interessant wird zu sehen sein, inwiefern Coach Ralph Hasenhüttl seine Mannschaft nach dem Auftritt gegen Marseille verändert. Zuletzt hatte er nach den Europa-League-Spielen jeweils gleich fünf bis sechs Änderungen in seiner Startelf vorgenommen. Ein Rotationsluxus, den er sich vor allem in der Offensive leisten kann, denn Qualitätsverlust findet kaum statt: So etwas wie absolute Stammspieler, die in einem wichtigen Spiel in jedem Fall gesetzt wären, gibt es aufgrund der hohen Qualitätsdichte in der Leipziger Offensive mit Ausnahme von Nationalstürmer Timo Werner (oben im Bild) und dem spielstarken Emil Forsberg ohnehin nicht. Den Platz neben Werner nehmen im Wechsel der Däne Yussuf Poulsen sowie der hochtalentierte Franzose Jean-Kévin Augustin ein, auf den Außenpositionen können außer Forsberg auch die schnellen Bruma, Marcel Sabitzer und Ademola Lookman auflaufen. Vor allem letzterer könnte für das Aufeinandertreffen mit der Werkself eine ernstzunehmende Option sein, da der 20-jährige Leihspieler vom FC Everton in der Europa League nicht spielberechtigt ist und daher häufig in den daran anschließenden Bundesligapartien eingesetzt worden ist. Die Verletzungssorgen halten sich indes trotz Doppelbelastung in Grenzen, neben Linksverteidiger Marcel Halstenberg, der aufgrund eines Kreuzbandrisses in der laufenden Saison nicht mehr zum Einsatz kommen wird, muss Hasenhüttl auch auf Konrad Laimer verzichten. Der Rechtsverteidiger zog sich in der Partie gegen Marseille einen Muskelriss im hinteren linken Oberschenkel zu. Sabitzer sowie die Mittelfeldspieler Stefan Ilsanker und Naby Keita sind nach Blessuren in den vergangenen Wochen aber Kandidaten, nicht in beiden Partien über die volle Distanz gehen zu müssen.

Probleme

Auch wenn der Qualitätsverlust durch die Rotation auf dem Papier minimal scheint: Die Bundesliga-Ergebnisse der Bullen am Ende der Europa-League-Wochen waren gemischter Natur. Zuletzt glückte nach dem Weiterkommen in St. Petersburg gar ein Sieg gegen die scheinbar übermächtigen Bayern, zuvor aber holten die Leipziger im Anschluss an die internationalen Donnerstagsspiele nur einen Punkt aus den drei Partien gegen Frankfurt, Köln und Stuttgart, taten sich spielerisch phasenweise extrem schwer. Ein Trend, der sich allerdings durch die gesamte Saison zieht: Obwohl RB im Sommer personell noch einmal nachrüstete (unter anderem mit dem Ex-Leverkusener Kevin Kampl), scheint die Selbstverständlichkeit, mit der Leipzig in der überragenden Debüt-Saison im vergangenen Jahr noch von Sieg zu Sieg und auf Tabellenplatz zwei marschierte, zumindest ein Stück weit verflogen. Eine Entwicklung, die man sicherlich auf die Doppelbelastung zurückführen kann, aber auch auf die Vorbereitung der Gegner in der Bundesliga, die sich nun besser auf die von Pressing geprägte Spielweise einstellen, mit der die Bullen letzte Saison die Liga im Sturm eroberten.

Potenzial

Das zweite Bundesliga-Jahr, so sagt man, ist das schwierigste. Dass RB Leipzig nun trotz der Doppelbelastung durch die Europapokal-Teilnahme und des langen verletzungsbedingten Ausfalls von Topspieler Forsberg beste Chancen hat, erneut die Champions League zu erreichen, sagt alles aus über die Möglichkeiten, die der Verein aus der sächsischen Metropole in den kommenden Jahren besitzt. Finanziell wie strukturell ist der Klub so gut aufgestellt wie sonst in Deutschland nur die absoluten Topvereine. Das Business-Modell, junge Spieler aus ganz Europa zu verpflichten, geht bislang voll auf. Spieler wie die drei Franzosen Dayot Upamecano (19), Ibrahima Konaté (18) und Jean-Kévin Augustin (20) sind ein Versprechen für die Zukunft – obwohl Upamecano und Augustin bereits jetzt zum Stammpersonal gehören. Interessant zu sehen wird sein, inwiefern die Leipziger Jugendakademie – ein weiteres Standbein des noch jungen Vereins – auf Dauer die Abgänge von Topspielern wie dem von Naby Keita zum FC Liverpool in Zukunft kompensieren kann.

Prognose

Vom spielerischen Potenzial her muss sich Leipzig vor keiner Mannschaft in der Bundesliga verstecken. Problemzone ist – wie bei einem Großteil der Mannschaften, die derzeit um das internationale Geschäft kämpfen – die fehlende Konstanz. Bekommt Hasenhüttls Mannschaft das Problem im Bundesliga-Endspurt in den Griff, wird RB auch in der kommenden Saison in der Königsklasse spielen. Ansonsten wird es wohl ein Kampf bis zum letzten Spieltag, bei dem am Ende in einem engen oberen Bundesliga-Drittel Kleinigkeiten entscheiden können. Die Teilnahme an der Europa League dürften die Sachsen aber in jedem Fall schaffen – und in genau diesem Wettbewerb haben sie in der laufenden Saison das letzte Wort ja auch noch nicht gesprochen.

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