Nur zwei Punkte trennen die Bayern von Tabellenführer Bayer 04. Zwischenzeitlich war der Rückstand auf die Werkself nach der überraschenden 0:1-Heimniederlage gegen Werder Bremen auf vier Punkte angewachsen. Aber der FCB hat sich dadurch – ganz „bayernlike“ – nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mit den drei anschließenden Siegen gegen den 1. FC Union Berlin (1:0), FC Augsburg (3:2) und Borussia Mönchengladbach (3:1) rückten die Münchner dem Spitzenreiter wieder dicht auf die Pelle. Und haben es nun im direkten Duell in der eigenen Hand, mit weiteren drei Punkten wieder ganz nach oben zu kommen.
Am vergangenen Wochenende hatten sich die Bayern in der ersten Halbzeit gegen Mönchengladbach noch schwergetan. Nach dem Rückstand durch Nico Elvedi traf Youngster Aleksandar Pavlovic unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff zum Ausgleich für die Gastgeber. Nach dem Wechsel sorgten Harry Kane und Matthijs de Ligt mit ihren Kopfballtoren für einen hart erarbeiteten Sieg gegen den wie gewohnt unbequemen Gegner vom Niederrhein. „Wir sind ruhig geblieben, haben eine gute Reaktion auf den Rückstand gezeigt und unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Tuchel nach der Partie. „Es war eine ordentliche Leistung gegen einen schwierigen Gegner.“
In dieser Woche nun konnte sich der Rekordmeister in Ruhe auf den nächsten schwierigen Gegner vorbereiten. Denn die Bayern waren im DFB-Pokal nicht mehr gefordert, sind dort bereits in der 2. Runde beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken ausgeschieden (1:2). Nach dem Erfolg gegen Mönchengladbach blickte Tuchel denn auch sofort aufs Topspiel gegen die Werkself und gab die Richtung vor: „Wir werden die Zeit nutzen und mit dem klaren Ziel nach Leverkusen fahren, ihnen die erste Niederlage zuzufügen und an ihnen vorbeizuziehen. Wir brauchen eine absolute Top-Leistung auf allen Positionen und müssen von der ersten Minute an liefern.“ Viel Optimismus verbreitete auch Thomas Müller, der am vergangenen Samstag seinen 500. Sieg mit den Bayern gefeiert hat: „Wir haben uns eingepeitscht, dass wir auch Leverkusen packen. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind und auch in der BayArena gewinnen können.“
Die Ausfallliste beim FC Bayern war zuletzt lang. Innenverteidiger Dayot Upamecano hatte sich beim 1:0 gegen den 1. FC Union Berlin einen Muskelfaserriss zugezogen und daraufhin die beiden anschließenden Spiele gegen Augsburg und Mönchengladbach verpasst. Ebenso wie Mittelfeldmann Joshua Kimmich, der sich im Berlin-Spiel an der Schulter verletzt hatte. Und die Nachholpartie gegen die Köpenicker war auch für Rechtsverteidiger Konrad Laimer schmerzhaft. Der Österreicher hatte sich an der Wade verletzt und wird den Bayern noch einige Zeit fehlen. Am vergangenen Samstag erwischte es nun Alphonso Davies, den eine Innenbandzerrung für mehrere Wochen außer Gefecht setzen wird.
Während Davies in Leverkusen auf der linken Abwehrseite von Raphael Guerreiro vertreten werden dürfte, könnten Kimmich und Upamecano bis Samstag wieder fit sein. Beide sind seit Mittwoch wieder im Teamtraining. Sollte es für Upamecano nicht reichen, würde entweder wie zuletzt Winter-Neuzugang Eric Dier dessen Position in der Innenverteidigung neben Matthijs de Ligt übernehmen. Eventuell steht aber auch Stammspieler Kim Min-Jae wieder bereit. Der 27-Jährige schied am Dienstag mit der von Jürgen Klinsmann trainierten südkoreanischen Nationalelf bei der Asienmeisterschaft im Halbfinale gegen Jordanien aus. Wegen einer Gelbsperre war der Innenverteidiger nicht zum Einsatz gekommen. Gut möglich also, dass auch Kim Min-Jae am Samstag wieder im Bayern-Kader stehen wird. Auf der rechten Seite vertraute Tuchel zuletzt dem Marokkaner Noussair Mazraoui. Alternativ könnte hier auch Sacha Boey sein Startelf-Debüt geben. Den französischen Außenverteidiger von Galatasaray Istanbul nahmen die Münchner Ende Januar unter Vertrag. Im zentralen Mittelfeld machte zuletzt der erst 19-jährige Aleksandar Pavlovic seine Sache als Vertreter von Joshua Kimmich hervorragend und erzielte gegen Augsburg und Mönchengladbach jeweils ein wichtiges Tor.
Fehlen werden den Bayern am Samstag neben Laimer und Davies weiterhin Verteidiger Bouna Sarr (Kreuzbandriss) sowie die Offensivkräfte Kingsley Coman (Innenbandriss) und Serge Gnabry, der sich nach seiner Muskelsehnenverletzung derzeit im Aufbautraining befindet. Unklar ist, ob Neuzugang Bryan Zaragoza (FC Granada) dabei sein kann, der unter der Woche wegen eines grippalen Infekts pausieren musste. Ein Fragezeichen steht zudem hinter dem Einsatz von Manuel Neuer. Der Torhüter und Kapitän konnte wegen leichter Knieprobleme bei mehreren Trainingseinheiten nicht mitmachen.
Der FC Bayern stellt mit 59 Toren die beste Offensive der Bundesliga. Nur einmal, in der Saison 2021/22, erzielten die Münchner noch mehr Tore (65) an den ersten 20 Spieltagen. Top-Torjäger Harry Kane steuerte jüngst gegen Mönchengladbach bereits sein 24. Saisontor bei. Dies ist nach 20 Spieltagen eingestellter Bundesliga-Rekord, zuvor war dies auch Robert Lewandowski 2020/21 gelungen. Im selben Spiel gegen Gladbach hatte Matthijs de Ligt mit seinem Treffer zum 3:1 das insgesamt 13. Kopfballtor der Bayern erzielt – das ist einsamer Bestwert in der Liga. Für die geballte Offensivpower des FCB sind auch die mit Abstand meisten Torschüsse (401) aller Klubs ein deutlicher Beleg. Und noch drei Bestwerte: In der laufenden Saison trafen bereits 15 verschiedene Spieler für die Bayern, die zudem die meisten Kontertore (6) und – gemeinsam mit Bayer 04 – die meisten Tore nach Standards (15) erzielten. Weit mehr als die Hälfte aller 59 Münchner Tore gehen auf das Konto von Harry Kane (24), Jamal Musiala (5) und Leroy Sané (8). Letzterer ist mit 12 Assists auch bester Vorbereiter in der Liga – zweitbester ist Werkself-Profi Alejandro Grimaldo, der zehnmal auflegen konnte.
Selbst ein in der Breite so qualitativ hochwertig besetzter Kader wie der der Bayern ist vor personellen Problemen nicht gefeit. Gleichzeitige Ausfälle von Leistungsträgern wie Coman, Laimer, Davies, Gnabry, zuletzt von Upamecano und Kimmich, sind auf Dauer vielleicht auch für den Rekordmeister nicht ohne weiteres zu kompensieren. Vor allem in der Defensive musste Tuchel häufig umstellen und schickte bislang mehr als ein Dutzend Abwehrformationen aufs Feld.
Die Bayern wissen um die große Herausforderung, die am Samstag in der BayArena auf sie wartet. „Es wird ein schwieriges Spiel“, ist Torjäger Harry Kane überzeugt. „Wir müssen kämpfen und alles geben, um die drei Punkte zu holen.“ Sein Mannschaftskollege Matthijs de Ligt weiß: „Leverkusen ist sehr gut mit Ball.“ Und Torhüter Manuel Neuer, der selbst mit Xabi Alonso beim FC Bayern zusammengespielt hat, hob kürzlich hervor, dass „Xabi und Bayer Leverkusen einfach gut zueinander passen und das wirkt sich auf die Spieler aus“. Der Respekt vor der Werkself ist groß. Und dennoch geht der FCB mit breiter Brust ins Spiel. Gerade, wenn’s drauf ankam, haben die Münchner immer wieder Nervenstärke bewiesen. Auf dem Weg zu ihren letzten elf Meistertiteln in Folge lagen sie im Saisonverlauf schon häufiger mehrere Punkte zurück und holten dennoch immer die Schale. Keine Frage: Es wird auch am Samstagabend in der BayArena wieder auf eine starke Mentalität ankommen.
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