Das 1:1 beim Tabellendritten VfB Stuttgart am vergangenen Samstag werteten viele Kölner als Erfolg. Trainer Timo Schultz sprach hinterher von einem gewonnenen Punkt, der aller Ehren wert sei. „Wir wussten, dass uns ein spielstarker Gegner erwartet. Wir haben viel in der Defensive investiert, müssen mit dem Ball aber noch zulegen, das wissen wir.“ Thomas Kessler, Bereichsleiter Lizenzfußball, hielt fest: „Der Punkt ist nicht nur in Anbetracht der Tabelle wichtig, sondern auch für die Moral. Das zeigt uns, dass wir gegen jede Mannschaft in der Lage sind zu punkten.“
Mit etwas mehr Glück wäre in Schwaben sogar ein Sieg drin gewesen. Nachdem Eric Martel die Stuttgarter Führung durch Millot (53.) schnell mit dem Ausgleichstreffer gekontert hatte (62.), bot sich Faride Alidou in der Schlussphase die große Chance zum 2:1 für die Kölner. Der Joker war schon an VfB-Keeper Bredlow vorbei, traf dann aber nur das Außennetz (85.). Für Köln war es der siebte Punkt im siebten Spiel unter dem neuen Coach. Timo Schultz, gebürtiger Ostfriese, hatte als Aktiver lange für den FC St. Pauli gespielt und arbeitete anschließend viele Jahre als Trainer für den Kiezklub. Zuletzt war Schultz Coach beim FC Basel. Den 1. FC Köln übernahm der 46-Jährige auf Platz 17. Inzwischen stehen die Rot-Weißen auf dem Relegationsrang, der Abstand zu Platz 15 beträgt mittlerweile allerdings schon acht Punkte.
Zwar verloren die Kölner nur zwei der vergangenen sieben Partien und haben insgesamt an Stabilität gewonnen. Aber es gelang eben auch nur ein Sieg gegen Eintracht Frankfurt (2:0). Waren der VfL Bochum 1848, der 1. FC Union Berlin oder der SV Werder Bremen Anfang des Jahres als direkte Konkurrenten um den Klassenerhalt noch in Reichweite, sind sie inzwischen weiter enteilt – während der FC nicht recht vom Fleck kommt. Dennoch schöpft Verteidiger Jeff Chabot aus dem Punktgewinn in Stuttgart Hoffnung: „Gerade im Abstiegskampf ist jeder Zähler extrem wertvoll. Wir haben den Fight angenommen und alles hereingeworfen. Nächste Woche wollen wir nachlegen. Zuhause können wir mithilfe der Fans eine enorme Energie entfachen. Das hilft uns und macht es für jeden Gegner schwer.“
In den vergangenen Wochen musste er wegen einer Fußverletzung pausieren, nun ist Davie Selke wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. Ob der Stürmer, der in der vergangenen Saison beide Treffer beim 2:1-Sieg der Kölner in Leverkusen erzielte, an diesem Sonntag schon wieder einsatzbereit ist, bleibt abzuwarten. Selke ist auch in dieser Spielzeit mit fünf Treffern erfolgreichster Torschütze des FC.
Fehlen werden dem Klub gegen Bayer 04 weiterhin die Offensivspieler Luca Waldschmidt (Lauftraining nach Wadenbeinanbruch) und Mark Uth (Knieverletzung). Beide sind erst nach der kommenden Länderspielpause Mitte März eine Option. Ansonsten sind wieder alle Mann an Bord. Timo Hübers, der gegen Stuttgart wegen eines Magen-Darm-Infekts fehlte, dürfte am Sonntag gegen die Werkself wie gewohnt neben Jeff Chabot in der Innenverteidigung stehen. Im 4-2-3-1 sind Denis Huseinbasic und Eric Martel im defensiven Mittelfeld gesetzt. Davor agierten zuletzt Kapitän Florian Kainz als Offensiv-Zentrale sowie Dejan Ljubicic auf der rechten Seite und gegenüber als Startelf-Debütant der 19 Jahre alte Justin Diehl. Ganz vorne verrichtete in den vergangenen Wochen Jan Thielmann seinen Dienst als Mittelstürmer.
Mehr als die Hälfte ihrer Tore (9 von 16) erzielten die Kölner nach einer Standardsituation. Sie selbst hingegen sind in der Verteidigung nach ruhenden Bällen des Gegners so erfolgreich wie kein anderes Team. Nur sieben Treffer ließ der FC auf diese Weise zu. Überhaupt stehen die Rot-Weißen mit insgesamt 37 Gegentoren in der Defensive vergleichsweise stabil und liegen in diesem Ranking auf Platz neun. Was definitiv auch mit der Kölner Zweikampfstärke zusammenhängt. Die Nachbarn von der anderen Rheinseite zählen zudem zu den Top 5 der lauffreudigsten Teams in der Liga. Und es läuft bei ihnen vor allem viel über die Flügel und über Flanken.
Nur 16 Tore erzielte der FC bisher und stellt damit die schwächste Offensive der Liga. In zehn Spielen trafen die Kölner gar nicht – nur der 1. FC Union Berlin blieb noch einmal mehr ohne Torerfolg. Vor allem in der Luft droht von den Kölnern noch wenig Gefahr – zweimal traf der FC bis dato per Kopf. Auch das offensive Umschaltspiel lässt noch zu wünschen übrig, ein Kontertor ist noch nicht gelungen. Auffallend zudem: Gerät das Team in Rückstand, verliert es meist auch das Spiel. Nur zweimal holte der FC danach noch jeweils ein Remis. Lediglich zwei gewonnene Punkte nach einem Rückstand sind der schlechteste Wert im Bundesliga-Tableau.
Davie Selke, der in den vergangenen Wochen so schmerzlich vermisst wurde, gibt sich kämpferisch: „Wir haben uns stabilisiert – vor allem auch defensiv. Es ist auf jeden Fall eine positive Entwicklung. Wir müssen jetzt kontinuierlich weiterarbeiten.“ Vor dem kommenden Gegner Bayer 04 hat der Angreifer zwar Respekt, ist aber dennoch optimistisch: „Es wird anspruchsvoll, aber wir werden unseren Plan entwickeln und gehen in das Spiel rein, um es zu gewinnen.“ Auch wenn im Rheinenergiestadion die schwächste Offensive auf die stärkste Defensive trifft: Solche statistischen Werte rücken in einem emotionsgeladenen Derby in den Hintergrund. „Die FC-Fans werden gerade in den letzten Wochen der Saison sehr wichtig für uns sein, wo es nochmal richtig heiß wird“, sagt Selke. „Das kann ein Riesenvorteil für uns sein. Es ist unsere Aufgabe, sie auf dem Weg zum Klassenerhalt mitzunehmen.“
Nach dem Duell mit der Werkself stehen für Köln vor der kommenden Länderspielpause ein weiteres Derby in Mönchengladbach und anschließend ein Heimspiel gegen RB Leipzig auf dem Programm. Aber egal wie die Gegner heißen: Der FC braucht dringend Punkte. „Unser Ziel ist, mindestens mit der Relegation die Chance zu bekommen, die Klasse zu halten“, sagt Thomas Kessler.
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