Der FC Augsburg ist bislang vielleicht die positive Überraschung der ersten vier Bundesliga-Spieltage. Mit sieben Punkten liegen die Fuggerstädter auf Tabellenplatz sechs – und das trotz eines knüppelharten Auftaktprogramms. Nach dem Auswärtssieg bei Union Berlin zum Start ging es zuletzt nacheinander gegen Borussia Dortmund, den VfL Wolfsburg und RB Leipzig – eigentlich allesamt Spiele, in denen der FCA klar die Außenseiterrolle innehatte. Doch das Team von Heiko Herrlich sorgte gegen den BVB mit einem 2:0 für eine faustdicke Überraschung und trotzte auch Wolfsburg auswärts ein Unentschieden ab. Erst am vergangenen Wochenende erfolgte gegen den Tabellenführer aus Leipzig die erste Saison-Niederlage. „Wir müssen uns für die Leistung nicht schämen“, merkte Herrlich völlig zu Recht an. Der 48 Jahre alte Vorgänger von Peter Bosz war von Juli 2017 bis Dezember 2018 Werkself-Coach, seit März ist er in Augsburg am Ruder. Den FCA rettete Herrlich nach dem Re-Start vor dem Abstieg, kommt insgesamt in der Bundesliga auf eine mehr als vorzeigbare Bilanz von vier Siegen, drei Unentschieden und vier Niederlagen. Auch sein bislang einziges Pokalspiel gewann Herrlich souverän, beim MTV Eintracht Celle (Niedersachsen) fuhr Augsburg ein deutliches 7:0 in der 1. Runde ein.
Normalerweise ist Herrlich kein Freund von Montagsspielen, aber „in diesem speziellen Fall sehe ich viele Vorteile“, sagte der FCA-Coach dem kicker. Grund: Zahlreiche Akteure beim FCA waren in den vergangenen Wochen angeschlagen oder von Länderspielreisen erschöpft. Gegen Leipzig habe man „gesehen, dass in der einen oder anderen Situation die Frische gefehlt hat“, meint er. Nun können seine Spieler ein paar zusätzliche Tage Pause genießen, um ebenjene nötige Frische für das Spiel mit der Werkself wieder zu erlangen. Somit kann Herrlich auch wieder auf zwei Leistungsträger zurückgreifen: Linksverteidiger Iago, der gegen Leipzig krankheitsbedingt gar nicht im Kader stand, ist wieder mit von der Partie – ebenso wie Angreifer Florian Niederlechner, der aufgrund einer Blessur nur von der Bank kam.
Auf seinen etatmäßigen Sturmpartner neben sich wird Niederlechner allerdings verzichten müssen. Alfred Finnbogason verletzte sich beim Länderspiel der isländischen Nationalmannschaft gegen Dänemark (0:3) am Oberschenkel und wird dem FCA mehrere Wochen fehlen. Bitter, schließlich zählt der Stürmer mit dem eingebauten Torriecher im Strafraum noch immer zu den besten Angreifern der Bundesliga. Aber in seiner gesamten Zeit beim FCA (seit 2016) machte Finnbogason verletzungsbedingt nie mehr als 22 Bundesligaspiele pro Saison. Ansonsten muss Herrlich nur auf Mittelfeldspieler Jan Moravek (Muskelverletzung) verzichten.
Auch ohne Finnbogason verfügt Augsburg noch über hohe Qualität im Offensivbereich – allen voran in Sachen Tempo. Egal, ob Daniel Caligiuri, Ruben Vargas, Marco Richter, André Hahn oder Noah Sarenren Bazee: Die Außenbahnspieler des FCA sind allesamt pfeilschnell und bei Kontern für jedes Team eine echte Bedrohung. Auch Niederlechner verfügt für einen Mittelstürmer über eine beeindruckende Grundschnelligkeit. Gemeinsam mit Schalke-Rückkehrer Michael Gregoritsch bildet er auch in Abwesenheit von Finnbogason einen durchschlagskräftigen Sturm. Das vielleicht größte Offensiv-Plus des FCA in der Anfangsphase der Saison: Vor dem Tor ist Augsburg gnadenlos effektiv. Gegen Union Berlin reichten Herrlichs Team vier Chancen für drei Tore, gegen Dortmund drei Gelegenheiten für zwei Treffer.
In der letzten Statistik klingt nicht nur die große Stärke, sondern auch eine Schwäche der Augsburger heraus: Das Team erarbeitet sich aus dem Spiel heraus recht wenige Möglichkeiten. Gegen sehr kompakt stehende Gegner, gegen die der FCA sein Offensiv-Tempo nicht ausspielen kann, fehlen häufig die zündenden Ideen aus dem Mittelfeld, gegen pressingstarke Mannschaften die spielerischen Lösungen im Aufbauspiel. „Wir haben es nicht geschafft, uns zu befreien und das Spiel zu verlagern“, bemängelte Herrlich etwa nach der Niederlage gegen Leipzig.
Gegen Dortmund hat Augsburg der gesamten Liga eindrucksvoll gezeigt, dass das Team in der Lage ist, jeder Mannschaft wehzutun – auch den Großen im Geschäft. Der FCA verfügt definitiv über ausreichend Qualität, um das große Ziel Klassenerhalt zu erreichen und damit bereits die zehnte Bundesliga-Saison in Folge schadlos zu überstehen. Es wäre ein bemerkenswerter Erfolg für den gesamten Verein.
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