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12.03.2022Bundesliga

Gegner-Check: Ein physisch starkes Team mit langem Atem

Drei Tage nach dem Hinspiel im Europa-League-Achtelfinale bei Atalanta Bergamo (2:3) empfängt Bayer 04 den 1. FC Köln zum 68. Bundesliga-Derby in der BayArena. Der FC spielt eine starke Saison und will der Werkself am Sonntag, 13. März (Anstoß: 15.30 Uhr), wie beim 2:2 in der Hinrunde wieder ein intensives Spiel liefern.
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Position

Nach der 0:1-Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim am vergangenen Wochenende saß der Frust auf Seiten des 1. FC Köln nicht allzu tief. „Es gab einiges an positiven Dingen“, bemerkte Jörg Jakobs. Taktisch und läuferisch sei man „auf Augenhöhe mit einer sehr guten Hoffenheimer Mannschaft gewesen“, so der FC-Sportdirektor. Auch Mittelfeldspieler Salih Özcan fand: „Viel Unterschied hat man nicht gesehen. Wir hatten unsere Chancen, die haben wir am Ende nicht genutzt.“ Schon eine Woche zuvor, nach dem 1:1 bei Tabellenschlusslicht SpVgg Greuther Fürth, zeigten sich die Kölner Verantwortlichen nicht unzufrieden mit dem einen Punkt. „Wir sind dem Ziel wieder einen Schritt näher gekommen. Da kann ich nichts Negatives erkennen“, sagte Lizenzspieler-Leiter Thomas Kessler und spricht damit die 40 Punkte an, die für den Klassenerhalt reichen sollen. „Vier fehlen noch“, so die Rechnung des ehemaligen Torhüters.

36 Punkte und 36 Tore (zwei Treffer mehr als in der kompletten vergangenen Saison) haben sich die Kölner nach 25 Spieltagen bereits erarbeitet. Sie spielen damit ihre beste Saison seit fünf Jahren, als sie zum selben Zeitpunkt nur einen Zähler mehr auf ihrem Konto hatten und am Ende auf Platz 5 landeten. Im Jahr darauf folgte allerdings der Abstieg in die 2. Bundesliga. Und nach dem direkten Wiederaufstieg kämpfte der FC in den vergangenen beiden Spielzeiten jeweils um den Klassenerhalt. Deshalb weist auch Cheftrainer Steffen Baumgart, der seit dieser Saison am Geißbockheim tätig ist, immer wieder darauf hin, „wo wir herkommen“. Der 50-Jährige bremst allzu hohe Erwartungen, die der eine oder andere FC-Fan zuletzt hegen mochte, als man am 23. Spieltag nach dem 1:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt nur zwei Punkte Rückstand auf einen Champions-League-Platz hatte. Inzwischen beträgt der Abstand zwischen dem Achten 1. FC Köln und dem Vierten Hoffenheim sieben Punkte. Viel wichtiger jedoch ist den Verantwortlichen, dass der Blick nach unten einen komfortablen Vorsprung von 13 Punkten auf den Relegationsplatz zeigt.

Personal

Nachdem er gegen Hoffenheim aus privaten Gründen gefehlt hatte, stieg Kapitän Jonas Hector am Mittwoch wieder ins Mannschaftstraining ein. Darüber sind auf der anderen Rheinseite gerade vor dem Derby bei Bayer 04 natürlich alle heilfroh, denn: „Jonas ist der wichtigste Spieler in diesem Verein. Wir reden gerne über Tonys (Anthony Modeste, die Red.) Tore, aber Jonas ist der Qualitätsspieler, der vorangeht.“ So adelte Chefcoach Steffen Baumgart seinen Kapitän und linken Verteidiger vor dessen 300. Pflichtspiel für den 1. FC Köln gegen Greuther Fürth. Auch Innenverteidiger Timo Hübers kehrte nach überstandener Erkrankung ins Training zurück, sodass Baumgart in der Abwehr wieder aus dem Vollen schöpfen kann. Auf der rechten Seite in der Viererkette verrichtet Benno Schmitz zuverlässig seinen Dienst, der 27-Jährige stand bei seinen 24 Liga-Einsätzen immer in der Startformation.

Im zentralen defensiven Mittelfeld setzt der Trainer auf seine beiden „Rennkühe“ (O-Ton Baumgart), die lauf- und zweikampfstarken Salih Özcan und Ellyes Skhiri. Unumstrittene Stammkraft ist auch der österreichische Nationalspieler Florian Kainz, der meist auf der linken Außenbahn eingesetzt wird. Sein Landsmann Dejan Ljubicic kam zuletzt über den rechten Flügel.

Auf der Position des Spielmachers muss Baumgart am Sonntag gegen die Werkself eventuell umdisponieren: Mark Uth fehlte am Mittwoch krankheitsbedingt beim Training. Gut möglich, dass deshalb der Slowake Ondrej Duda, in der vergangenen Saison Topscorer der Kölner, in die Startelf rückt. Im Angriff ist der FC mehr denn je auf den Torgaranten Anthony Modeste angewiesen, der in dieser Saison oft als alleinige Sturmspitze auflief, einige Male aber auch gemeinsam mit dem Schweden Sebastian Andersson.

Prunkstück

Intensiven Fußball mit hoher physischer Präsenz bieten die Kölner in dieser Saison fast immer. Mit seinem frühen Anlaufen und aggressiven Pressing forcierte der FC die drittmeisten hohen Ballgewinne aller Bundesligisten. Im Vorwärtsgang läuft bei den Domstädtern viel über die Außenpositionen. Kein Team schlägt mehr Flanken als die Baumgart-Truppe. Deshalb aufgepasst, Werkself, bei hohen Bällen: Denn auch bei Kopfballtoren führt der FC das Ranking an. Insgesamt 13 Treffer erzielte der Tabellenachte auf diese Weise, allein neunmal netzte Modeste per Kopf ein. Dass unsere Nachbarn über einen langen Atem verfügen, beweisen ihre 13 Tore in der Schlussviertelstunde, was den drittbesten Wert in der Liga darstellt. Wir erinnern uns: Auch beim 2:2 gegen Bayer 04 in der Hinrunde gelang dem FC nach 0:2-Rückstand durch den Doppelpack von Modeste (63. und 83. Minute) noch der Ausgleich. Und mit seinen bislang vier Treffern in der Nachspielzeit ist Köln – gemeinsam mit Hoffenheim – ebenfalls ligaweit spitze.

Probleme

Der offensiv ausgerichtete Fußball Baumgart’scher Prägung birgt auch seine Gefahren: Wenn die Absicherung bei Ballverlusten fehlt, sind die Kölner anfällig für schnelle Gegenangriffe. Keine Mannschaft in der Bundesliga ließ mehr Konter zu als der 1. FC Köln (30) und kein Team kassierte dabei mehr Gegentore als die Domstädter (7). Vorne konzentriert sich alles auf Anthony Modeste. Der Franzose erzielte 15 von 36 Kölner Toren. Sein Stürmerkollege Sebastian Andersson traf bei seinen 23 Einsätzen hingegen erst zweimal. Auch wenn der FC mit 348 abgegebenen Torschüssen zu den abschlussfreudigsten Teams der Liga zählt, weist er bei der Schussgenauigkeit (39 Prozent) und der Chancenverwertung (13 Prozent) eher mäßige bis schlechte Werte auf.

Prognose

Steffen Baumgarts Spielphilosophie kommt gut an bei Mannschaft und Fans. Unter dem gebürtigen Rostocker herrscht ein neuer Spirit im Team. Bei aller Freude über die bisher starke Saison bleiben Spieler und Verantwortliche in einem schnell zu Euphorie neigenden Umfeld dennoch geerdet, der Klassenerhalt ist nach wie vor oberstes Ziel. Viele Punkte fehlen dazu nicht mehr. Je schneller dieses Thema abgehakt ist, desto eher dürfen die Kölner vielleicht sogar noch auf einen internationalen Platz schielen. Zunächst aber gehen sie nun selbstbewusst ins Derby. „Wir können versprechen, dass wir den Leverkusenern am Sonntag nichts schenken werden“, sagt Lizenzspieler-Leiter Thomas Kessler. „Für sie wird es ein schwieriges Spiel gegen uns.“

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