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19.03.2022Bundesliga

Gegner-Check: Die Wölfe wieder mit anderer Körpersprache

Dass der VfL Wolfsburg in dieser Spielzeit um den Klassenerhalt kämpfen würde, hätte vor der Saison wohl niemand für möglich gehalten. Am Sonntag, 20. März (Anstoß: 17.30 Uhr), empfangen die Wölfe die Werkself. Warum sich der VfL seit einigen Wochen wieder im Aufwärtstrend befindet, verrät unser Gegner-Check.
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Position

„Es war bislang eine sehr turbulente Saison“, setzte Marcel Schäfer Mitte vergangener Woche vor der Partie der Wolfsburger beim SC Freiburg (2:3) schon einmal zu einem kurzen Zwischenfazit an. Treffender als der Sportdirektor des VfL hätte man es nicht formulieren können. Denn in der Tat geht der Klub in dieser Spielzeit durch ein Wechselbad der Gefühle. Die Wölfe hatten einen Traumstart in der Liga hingelegt, waren nach vier Spieltagen und vier Siegen Spitzenreiter. Es folgten für den Champions-League-Teilnehmer wettbewerbsübergreifend acht Partien ohne Sieg und nach der vierten Niederlage hintereinander sowie dem Absturz auf Platz 9 schließlich die Trennung von Trainer Mark van Bommel. Ende Oktober übernahm Florian Kohfeldt den Posten des Chefcoaches und legte ausgerechnet in Leverkusen mit dem 2:0-Sieg bei Bayer 04 ein erfolgreiches Debüt hin. Der 39-Jährige führte den VfL zwar bis zum 11. Spieltag wieder auf Platz vier. Aber nach dem kurzen Höhenflug brachen die Wolfsburger erneut ein. Ende November 2021 begann eine rasante Talfahrt. Bis Ende Januar dieses Jahres verlor das Team in Champions League und Meisterschaft neun von elf Spielen (bei zwei Remis), schied als Gruppenletzter aus der Königsklasse aus und fand sich in der Liga am 20. Spieltag auf Platz 15 wieder, nur zwei Punkte vom Relegationsplatz entfernt.

Der 4:1-Sieg gegen die SpVgg Greuther Fürth Anfang Februar bedeutete in mehrfacher Hinsicht eine Trendumkehr. Nach 406 Minuten beendete der VfL durch den Treffer von Aster Vranckx seine Torflaute und fuhr am Ende seinen ersten Sieg nach fast zwei Monaten ein. Aus den vergangenen sechs Partien holten die Wölfe zehn Punkte, kletterten damit in der Tabelle auf Platz 12 und haben vor dem 27. Spieltag nun acht Punkte Vorsprung vor Rang 16. „Wir haben, was das Spielerische angeht, deutliche Schritte nach vorne gemacht“, sagt Marcel Schäfer. „Man merkt, dass die Trainingsarbeit immer mehr fruchtet und auch die Automatismen greifen.“ Dennoch musste das Kohfeldt-Team beim SC Freiburg in der vergangenen Woche bereits seine 13. Saisonniederlage hinnehmen.

Personal

Nachdem sich der österreichische Nationalspieler Xaver Schlager am 3. Spieltag das Kreuzband gerissen hatte, ging es bergab mit den Wölfen. Der 24-jährige Leistungsträger hatte in der überragenden Vorsaison gemeinsam mit Maximilian Arnold die Doppelsechs beim VfL gebildet. Die beiden waren zwei Schlüsselspieler auf dem Weg in die Champions League. Nach sechsmonatiger Pause gab Schlager beim 2:2 in Mönchengladbach vor drei Wochen sein Comeback und versucht nun wieder an der Seite von Arnold für Stabilität und die richtige Balance beim VfL zu sorgen. Der Mittelfeldspieler weiß allerdings: „Ich muss geduldig sein, andere Spieler wie Aster Vranckx haben es in meiner Abwesenheit gut gemacht.“ Wobei der erst 19-jährige Belgier Vranckx als Doppeltorschütze gegen Fürth auch schon in offensiverer Rolle zu überzeugen wusste. „Aster kann auch Zehner spielen“, sagt Kohfeldt. Dem Chefcoach stehen inzwischen fast wieder alle Spieler zur Verfügung. Auch der deutsche Nationalstürmer und U21-Europameister Lukas Nmecha gab nach seinem Knöchelbruch Ende Dezember beim 1:0 gegen den 1. FC Union Berlin sein Comeback. Ohnehin verfügt Kohfeldt in der Offensive nach dem Weggang von Wout Weghorst Ende Januar zum Premier-League-Klub FC Burnley mit Max Kruse (1. FC Union Berlin) und Jonas Wind (FC Kopenhagen) über zwei Winter-Neuzugänge, die sich schnell einfügten und jeweils schon zwei Treffer erzielten. Der 23-jährige Wind wurde gleich im Februar im Rahmen der DFL-Wahl zum „Rookie of the Month“ gewählt. Luca Waldschmidt hingegen, der im Sommer 2021 von Benfica Lissabon zum VfL gewechselt war, ist auch wegen einiger Verletzungen noch nicht richtig in Wolfsburg angekommen.

In der Defensive setzt Kohfeldt seit seiner Amtsübernahme vorzugsweise auf ein 3-4-2-1-System, wobei in der Dreierkette in den letzten Wochen meist Routinier John Brooks, Sebastiaan Bornauw und Maxence Lacroix gesetzt waren. Unverzichtbare Stammspieler sind ebenso Linksverteidiger Jérôme Roussillon sowie auf der rechten Abwehrseite Nationalspieler Ridle Baku. Stammtorhüter Koen Casteels musste in Freiburg wegen Hüftproblemen von Pavao Pervan ersetzt werden und konnte auch Mitte der Woche noch nicht wieder voll trainieren. Sein Einsatz gegen die Werkself ist fraglich. Auch Maximilian Philipp und Renato Steffen fehlten krankheitsbedingt beim Training.

Prunkstück

Das über weite Strecken der Saison stark verunsicherte VfL-Team hat seit Jahresbeginn zunehmend wieder zu mannschaftlicher Geschlossenheit zurückgefunden. Nach dem etwas glücklichen 1:0-Sieg gegen Union Berlin hob Kohfeldt hervor: „Ich finde, das Thema Haltung hat sich bei uns einfach verändert. Vor einigen Wochen hätten wir dieses Spiel, da bin ich sehr sicher, nicht gewonnen.“ Dass der VfL Wolfsburg in allen Mannschaftsteilen über hervorragende Fußballer verfügt, steht außer Frage. Dass die Wölfe wieder eine andere Mentalität zeigen als etwa gegen Ende der Hinrunde, bewies auch das 2:3 beim SC Freiburg, bei dem der VfL sich nach 0:2-Rückstand in die Partie zurückkämpfte. „In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir uns in den letzten Wochen weiterentwickelt haben und als Mannschaft wiederkommen konnten – mit einer ganz anderen Körpersprache“, sagte Kohfeldt.

Probleme

In Freiburg spielten die Wolfsburger eine starke zweite Halbzeit, eine Woche zuvor gegen Union Berlin eine gute erste Hälfte. Beim 2:2 in Gladbach verspielte man eine 2:0-Führung. Über die volle Distanz aber konnte der VfL noch selten überzeugen. Was möglicherweise auch damit zusammenhängt, dass die Mannschaft die schwächste Gesamtlaufleistung aller Bundesliga-Teams aufweist. Für Kohfeldt ein Manko, „das uns gewisse Dinge im Spiel nicht durchgehend über 90 Minuten auf den Platz bringen lässt“. Zudem leisteten sich die Wölfe in der Defensive immer wieder individuelle Fehler, die zuletzt nach der Niederlage in Freiburg Stürmer Max Kruse auf die Palme brachten: „Wir haben, auf gut Deutsch gesagt, scheiße verteidigt.“ Vor allem die Gegentreffer zwei und drei ärgerten den 33-Jährigen. „In den entscheidenden Momenten sind wir nicht achtsam genug.“ Mit 40 Gegentoren kassierte der VfL nach 26 Spieltagen bereits drei Treffer mehr als in der ganzen vergangenen Saison.

Prognose

Trotz aufsteigender Tendenz befindet sich der VfL Wolfsburg als Tabellenzwölfter mit 31 Punkten immer noch im Abstiegskampf. Kohfeldt mahnt: „Wir sollten sehr wachsam sein. Erledigt ist das Thema erst, wenn es auch rechnerisch feststeht.“ Findet der VfL zu alter Konstanz und Stabilität vor allem in der Defensive zurück, sollte der Klassenerhalt kein Problem sein. Zumal Leistungsträger wie Schlager und Lukas Nmecha wieder zur Verfügung stehen und die Neuzugänge Kruse und Wind schon jetzt die erhoffte Verstärkung in der Offensive sind.

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