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31.08.2023Bundesliga

Gegner-Check: Die Lilien fühlen sich wohl als Underdog

Der SV Darmstadt 98 wartet noch auf seine ersten Punkte in der aktuellen Saison. Am Samstag, 2. September (Anstoß: 15.30 Uhr), ist der Aufsteiger zu Gast in der BayArena und will dort den nächsten Versuch starten. Dass die Lilien ein unbequemer Gegner sein können, haben sie in den ersten beiden Ligaspielen schon bewiesen. Der Gegner-Check...
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Position

Ein guter Start sieht anders aus, keine Frage. Der SV Darmstadt 98 hat seine ersten drei Pflichtspiele der neuen Saison allesamt verloren. Wobei die unerwartete 0:3-Niederlage in der 1. Runde des DFB-Pokals beim Viertligisten FC 08 Homburg besonders schmerzte. „Zum ersten Mal in meinen zwei Jahren bei den Lilien muss ich sagen: Wir können uns nur bei unseren Fans für diese Leistung und das Ausscheiden entschuldigen“, erklärte Trainer Torsten Lieberknecht. Zwar verlor sein Team auch die beiden ersten Bundesligapartien bei Eintracht Frankfurt (0:1) und zu Hause gegen den 1. FC Union Berlin (1:4), doch die Darmstädter zeigten in diesen Spielen schon ein ganz anderes Gesicht.

Bei ihrem Comeback im deutschen Fußball-Oberhaus nach sechs Jahren in der Zweitklassigkeit lieferten sie sich im Hessenderby mit der Eintracht ein Duell auf Augenhöhe. Von einem Mutmacher-Spiel sprach Lieberknecht anschließend. Und auch beim Heimdebüt im modernisierten und ausverkauften Merck-Stadion am Böllenfalltor waren die Lilien besser, als es die letztlich deutliche 1:4-Niederlage gegen Champions-League-Teilnehmer Union Berlin auszusagen scheint. „Wir haben heute ein wenig Lehrgeld bezahlt“, resümierte Kapitän Fabian Holland das Spiel gegen abgezockte Köpenicker, die in Unterzahl drei Tore erzielen konnten.

Personal

Fünf Neuzugänge standen auf Seiten des SVD gegen die Eisernen in der Startformation. Zwei von ihnen, Luca Pfeiffer und Bartol Franjic, waren erst kurz vor Saisonbeginn verpflichtet worden. Beide verfügen über Bundesliga-Erfahrung. Mittelfeldspieler Franjic wurde vom VfL Wolfsburg ausgeliehen, Mittelstürmer Pfeiffer kam auf Leihbasis vom VfB Stuttgart. Letzterer dürfte keine lange Anlaufzeit brauchen. Denn für den 27-Jährigen ist es eine Rückkehr ans Böllenfalltor. Pfeiffer schoss in der Saison 2021/22 17 Tore für die Lilien und bereitete sechs Treffer vor. „Ich bin sehr froh, ihn wieder als meinen Spieler bezeichnen zu dürfen“, freut sich Torsten Lieberknecht. „Luca weiß genau, wie der SV 98 als Verein tickt und er hat schon bewiesen, wie viele Facetten er in seinem Spiel vereint.“

In der Dreierkette, mit der der Trainer bevorzugt spielen lässt, waren zuletzt in Christoph Klarer (Fortuna Düsseldorf) und Matej Maglica (VfB Stuttgart) zwei weitere Neue gesetzt. Fabian Nürnberger (1. FC Nürnberg) schließlich ist als Schienenspieler sowohl auf der linken wie auf der rechten Seite einsetzbar. In der zweiten Hälfte brachte Lieberknecht in Stürmer Fraser Hornby (Stade Reims) noch einen sechsten Neuzugang ins Spiel.

Für die Stabilität und Balance im Spiel der Lilien sind zwei der erfahrensten Profis ganz wichtig: Abwehrchef Christoph Zimmermann (30), der gegen Union krank fehlte, und Kapitän Fabian Holland. Der 33 Jahre alte Defensivakteur spielt bereits seit 2014 für Darmstadt und geht als einziger im Kader der Südhessen in seine zweite Bundesliga-Saison mit dem SVD. Gut möglich, dass am Samstag gegen die Werkself Matthias Bader in die Startelf zurückkehren wird. Der Verteidiger war am vergangenen Wochenende nach überstandener Oberschenkelverletzung in der zweiten Hälfte für Christoph Klarer eingewechselt worden.  

Prunkstück

Fußballerisch zeigte das Team von Torsten Lieberknecht gegen Union eine ansprechende Leistung. Die Südhessen hatten knapp 70 Prozent Ballbesitz und machten über weite Strecken das Spiel. Urs Fischer, der Trainer der Eisernen, lobte die Organisation und Kompaktheit der Darmstädter. In der vergangenen Saison stellte der SVD in der 2. Liga mit nur 33 Gegentoren die beste Defensive. „Im Endeffekt war das die Basis für alles andere“, sagt Luca Pfeiffer. Der Stürmer stellte seine Torgefahr mit jeweils einem Aluminiumtreffer in den ersten beiden Ligaspielen gleich unter Beweis. Zudem gab er die Vorarbeit zum bisher einzigen Treffer der Lilien durch Marvin Mehlem.

Probleme

Drei ihrer vier Gegentore gegen Union Berlin kassierten die Darmstädter nach Standards. „Das darf nicht passieren“, ärgerte sich Keeper Marcel Schuhen. „Diese Treffer haben heute den Unterschied gemacht.“ Auch für Torsten Lieberknecht waren die Standards „die Killer des Spiels“. Schon zuvor hatte der Bundesliga-Aufsteiger allerdings Schwächen in der Verteidigung nach ruhenden Bällen gezeigt. Im Testspiel gegen den FC Liverpool (1:3) fielen zwei Gegentore nach Standardsituationen, beim 0:3 gegen Homburg im DFB-Pokal war es ein Treffer gewesen. Vorne hingegen fehlen noch Wucht und Entschlossenheit. In vier von sechs Testspielen erzielte Darmstadt kein Tor. Auch beim Aus im DFB-Pokal sowie beim Bundesliga-Comeback in Frankfurt (0:1) blieben sie ohne Torerfolg. Als problematisch könnte sich zudem die fehlende Erfahrung der Mannschaft erweisen. Nur vier Spieler im Kader hatten vor dieser Saison bereits einige Bundesligaspiele absolviert.

Prognose

Dass es eine schwierige Saison für den SV Darmstadt 98 werden wird, wissen sie im Klub. Für viele Experten ist der SVD Abstiegskandidat Nummer eins noch vor Mitaufsteiger Heidenheim. Aber die Lilien fühlen sich durchaus wohl in der Rolle des Underdogs. Über Trainer Torsten Lieberknecht schreibt der kicker: „Die feste Vorstellung, unterschätzt zu werden, dient ihm als Leistungselixier.“ Schlechte Starts sind für ihn und seine Mannschaft übrigens nichts Neues. Vor zwei Jahren verloren die Lilien die beiden ersten Ligaspiele und flogen im DFB-Pokal raus. In der vergangenen Saison unterlag man im Auftaktduell bei Jahn Regensburg. Nach diesen Anlaufschwierigkeiten fing sich das Team wieder. Daran erinnerte Lieberknecht unmittelbar nach dem 0:3 in Homburg. „Keiner hat einen Pfifferling auf uns gegeben. Teilweise wird in einem anmaßenden Ton über uns gerichtet. Das ist das, was wir kennen. Aber wir wissen, dass wir da sind, wenn wir da sein müssen.“

Schon nach dem 0:1 bei Eintracht Frankfurt zum Auftakt gab sich auch Kapitän Fabian Holland kämpferisch: „Wenn es irgendjemand noch nicht gemerkt hat, dass etwas geht in dieser Saison, dann ist es ihm jetzt klar geworden. Dass wir nicht so schlecht sind. Dass wir noch lange nicht abgestiegen sind.“ Natürlich wäre der Klassenerhalt ein großer Erfolg. Zuzutrauen ist er den Lilien – wenn sie wieder den Teamgeist zeigen, der sie in der vergangenen Saison ausgezeichnet und in die Bundesliga geführt hat.

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