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11.11.2023Bundesliga

Gegner-Check: Die Eisernen kämpfen für die Trendwende

Vier Jahre lang ging es für den 1. FC Union Berlin in der Bundesliga immer nur in eine Richtung: nach oben. In der aktuellen Saison stehen die Eisernen nach einer Niederlagen-Serie erstmals im Tabellenkeller. Aber vor der Partie bei der Werkself am Sonntag, 12. November (Anstoß: 15.30 Uhr), konnte der Klub in der UEFA Champions League wieder Selbstvertrauen tanken. Der Gegner-Check.
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Position

Es war am Mittwochabend eine große Erleichterung spürbar im Lager der Köpenicker: „Endlich hat sich die Mannschaft für eine tolle Leistung belohnt“, sagte Trainer Urs Fischer nach dem 1:1 in der UEFA Champions League beim SSC Neapel. Ein historisches Remis, denn der 1. FC Union Berlin holte dank des Ausgleichs von David Fofana in der zweiten Halbzeit den ersten Punkt in der Königsklasse überhaupt. Ihre drei Partien zuvor hatten die Eisernen allesamt verloren. „Heute hat man deutlich gesehen, dass die Mannschaft unbedingt punkten will“, so Fischer, „sie war unermüdlich, hat sich in jeden Ball geworfen.“ Dass Union dennoch keine Chance mehr auf Platz zwei und damit aufs Überwintern in diesem Wettbewerb hat, war am Ende zweitrangig. „Vielleicht kann dieser Punkt in der Endabrechnung noch sehr wichtig sein“, sagte Fischer mit Blick auf Platz 3, der die Köpenicker zum Weiterspielen in der Europa League berechtigen würde und der nur zwei Punkte entfernt liegt.

Wichtig für die Berliner war aber vor allem, dass nach zwölf Pflichtspiel-Niederlagen in Folge erstmals wieder etwas Zählbares mitgenommen werden konnte. Und das nach einer couragierten Leistung in Neapel. „Heute haben wir in der Defensive überragend gearbeitet, der eine war für den anderen da“, bescheinigte Christopher Trimmel dem Team. „Wir haben über 90 Minuten gekämpft und wir hatten auch genügend Torchancen. Das fühlt sich sehr gut an.“ Der Kapitän der Eisernen hofft darauf, dass diese Leistung Energie für die nächsten Wochen geben könne.

Seit dem Bundesliga-Aufstieg vor vier Jahren ging es für die Köpenicker bisher immer nur bergauf. Auf Platz 11 in der ersten Saison im Oberhaus folgten Platz 7, Platz 5 und zuletzt Platz 4 sowie die damit verbundene Qualifikation für die Champions League. In der aktuellen Saison aber steckt Union in einer Krise. Nur sechs Punkte nach zehn Spielen: So schlecht sind die Berliner im Oberhaus noch nie gestartet. Dabei hatte alles wieder so gut begonnen. Zum Auftakt fuhr Union zwei 4:1-Siege gegen den 1. FSV Mainz 05 und den SV Darmstadt 98 ein. Dann aber folgten acht Bundesliga-Niederlagen in Folge. So viele hatte das Fischer-Team in der gesamten Vorsaison. Auch im DFB-Pokal schied man in der 2. Runde durch ein 0:1 beim VfB Stuttgart aus. Diesen Negativtrend konnten die Eisernen nun mit dem 1:1 in Neapel stoppen.

Personal

Urs Fischer wird nach dem Remis bei der SSC Neapel am Sonntag in Leverkusen ein wenig rotieren müssen. Der zentrale Mittelfeldspieler Rani Khedira fehlt rotgesperrt, Danilho Doekhi ist weiterhin verletzt, Andras Schäfer befindet sich noch im Aufbautraining. Ansonsten aber kann der Coach der Köpenicker aus dem Vollen schöpfen. Und er hat in allen Mannschaftsteilen reichlich Alternativen. Möglicherweise wird Robin Knoche anstelle von Paul Jaeckel in die Dreierkette zurückkehren. Die beiden anderen Positionen dürften der Portugiese Diogo Leite und der italienische Europameister Leonardo Bonucci einnehmen. Der 36 Jahre alte Verteidiger wechselte im September von Juventus Turin nach Berlin. Kapitän Christopher Trimmel könnte den Part auf der rechten Seite übernehmen, wo zuletzt in Neapel Josip Juranovic spielte. Links hat Urs Fischer die Wahl zwischen Robin Gosens oder Jérome Roussillon. Im zentralen Mittelfeld kann Alex Král den gesperrten Rani Khedira ersetzen. Auch vorne bieten sich reichlich Optionen. Sheraldo Becker und David Fofana standen in Neapel und auch gegen Frankfurt gemeinsam auf dem Platz. Vielleicht erhält am Sonntag Kevin Volland an alter Wirkungsstätte mal wieder eine Chance von Beginn an. Der ehemalige Werkself-Profi, der in 148 Pflichtspielen 50 Tore für Bayer 04 erzielte, kam im Sommer von der AS Monaco an die Spree und hat bislang für Union in zehn Pflichtspielen noch nicht getroffen. Und natürlich steht auch Kevin Behrens, mit vier Treffern erfolgreichster Torschütze der Eisernen (gemeinsam mit Robin Gosens), zur Verfügung.

Prunkstück

Vieles läuft bei Union über die Außen. Bei Flanken und Flankengenauigkeit belegt das Fischer-Team vordere Plätze im Ranking. Stark sind die Köpenicker auch in der Luft: Keine Mannschaft erzielte mehr Kopfballtore als Union. Von ihren elf Treffern fielen acht per Kopfball. Ein Pfund, mit dem das Team wuchern kann, ist seine starke Mentalität, die es sich trotz der Niederlagenserie bewahrt hat. Urs Fischer: „Wenn du zwölfmal verlierst, hast du nicht die Leichtigkeit. Trotzdem hat die Mannschaft immer wieder gezeigt, dass sie aufstehen kann.“  

Probleme

In den vergangenen drei Spielzeiten zählten die Köpenicker stets zu den defensivstärksten Mannschaften der Liga. In der Vorsaison kassierte Union sogar - gemeinsam mit dem Meister FC Bayern München – die wenigsten Gegentore (38) aller Teams. Diese defensive Stabilität ist den Berlinern etwas abhandengekommen. Mit bereits 22 Gegentoren nach zehn Spieltagen rangieren sie in dieser Kategorie nur auf Platz 11. Auf der anderen Seite sind sie im Angriff bis dato nicht so kaltschnäuzig und effektiv wie in den vergangenen Jahren. So verpuffen viele Umschaltaktionen, für die die Eisernen gefürchtet waren. In sechs von zehn Spielen blieb Union ohne eigenen Treffer, zuletzt gelang ihnen in der Liga sogar dreimal in Folge kein Tor. Die Chancenverwertung von nur 11 % ist unterdurchschnittlich, die elf erzielten Tore verteilen sich auf nur fünf Akteure.

Prognose

Ist der Knoten nun geplatzt, die Trendwende eingeleitet? Gibt das leidenschaftlich erkämpfte 1:1 beim italienischen Meister in Neapel die von Kapitän Trimmel erhoffte Energie für die kommenden Aufgaben? Klar ist, dass die Eisernen in der BayArena alles reinhauen werden, um dort das nächste Erfolgserlebnis einfahren zu können. Was Lauf- und Kampfbereitschaft betrifft, müssen sich die Eisernen ohnehin nichts vorwerfen. Die Einstellung stimmt. Nun muss die Mannschaft auch im Bundesliga-Alltag dringend nachlegen und gute Ergebnisse einfahren. „Abstiegskampf bedeutet Marathon, das ist kein Sprint“, stellt Urs Fischer sein Team auf einen langen, „steinigen und mühsamen Weg“ ein. Der führt nun zum Bundesliga-Spitzenreiter nach Leverkusen, wo man möglichst nicht stolpern möchte.

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