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19.10.2023Bundesliga

Gegner-Check: Aus dem Wind wurde ein Sturm

Am Samstag, 21. Oktober (Anstoß: 15.30 Uhr), empfängt der VfL Wolfsburg die Werkself in der Volkswagen Arena. Die Wölfe haben zu Hause bis dato alle Spiele gewonnen und in Jonas Wind einen der Top-Torjäger der noch jungen Saison in ihren Reihen. Der Gegner-Check.
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Position

In der heimischen Volkswagen Arena ist der VfL Wolfsburg bislang noch ohne Punktverlust. Bei den Siegen gegen den 1. FC Heidenheim (2:0), 1. FC Union Berlin (2:1) und Eintracht Frankfurt (2:0) musste das Team von Trainer Niko Kovac erst einen Gegentreffer hinnehmen. Auswärts sieht die Sache anders aus. Vier Spiele, drei Niederlagen, nur ein Sieg (2:1 beim 1. FC Köln) stehen hier zu Buche. Zuletzt gab es vor der Länderspielphase ein 1:3 beim VfB Stuttgart, dem bisherigen Überraschungsteam dieser Saison. Bei den Schwaben sah es dabei lange Zeit gut für die Wölfe aus. Yannick Gerhardt hatte die zunächst starken Gäste in der ersten Halbzeit in Führung gebracht. Dann habe man sich „komplett den Schneid abkaufen lassen“, monierte der Torschütze nach der Partie. Kapitän Maximilian Arnold ärgerte sich ebenso über den Leistungsabfall in Durchgang zwei: „Wir haben uns zu sehr zurückgezogen, nicht mehr das gemacht, was wir in der ersten Halbzeit gut gemacht haben.“

Und Trainer Kovac bekannte: „Wir haben nicht mehr in die Zweikämpfe gefunden. Wir geben den Ball zu schnell weg, dann ist es zwangsläufig so, dass die Kräfte schwinden.“ Das sei auch schon beim 1:3 in Sinsheim bei der TSG 1899 Hoffenheim so gewesen. „Schade, dass es jetzt wieder passiert ist.“ So wurde in Stuttgart einmal mehr Serhou Guirassy mit einem lupenreinen Hattrick – seinen Saisontoren 11, 12 und 13 – zum Matchwinner, profitierte dabei auch von individuellen Fehlern der Wolfsburger.

Dennoch hat der VfL insgesamt einen ordentlichen Saisonstart hingelegt, ist derzeit mit zwölf Punkten Tabellensiebter. In der ersten Runde des DFB-Pokals hatten sich die Niedersachsen mühelos mit 6:0 gegen den Oberligisten TuS Makkabi Berlin durchgesetzt und erwarten nun in der 2. Runde am 31. Oktober Titelverteidiger RB Leipzig in Wolfsburg.

Personal

Der VfL muss am Samstag möglicherweise auf seine Nummer 1 verzichten. Torhüter Koen Casteels konnte wegen einer Entzündung im Bauchbereich nicht an den Länderspielen mit Belgien teilnehmen. Für den 31-Jährigen, der die Wölfe spätestens nach dieser Saison verlassen wird, dürfte Pavao Pervan gegen die Werkself zwischen die Pfosten rücken.

In der Vierer-Abwehrreihe setzte Niko Kovac zuletzt in der Innenverteidigung auf Maxence Lacroix und Neuzugang Cédric Zesiger (Young Boys Bern), den Schweizer Nationalmannschaftskollegen von Granit Xhaka. Beim 3:3 der Nati am vergangenen Wochenende gegen Belarus kam Zesiger nicht zum Einsatz. Sollte der 1,94-Meter-Hüne gegen Bayer 04 nicht erste Wahl sein, dürfte Moritz Jenz seine Position übernehmen. Der ist ebenfalls neu bei den Wölfen, kam im Sommer vom französischen Erstligisten FC Lorient, war von diesem in der vergangenen Rückrunde aber an den FC Schalke 04 ausgeliehen. Jenz kommt verletzungsbedingt bislang erst auf zwei Einsätze.

Auf den Außenpositionen hat sich ein weiterer Neuzugang sofort festgespielt: Der Däne Joakim Maehle wechselte im August von Atalanta Bergamo nach Wolfsburg und stand bislang in allen sieben Partien in der Startformation, entweder auf der rechten oder auf der linken Seite. Kandidaten für die andere Außenposition sind Ridle Baku und der Brasilianer Rogério, der vom italienischen Serie A-Klub US Sassuolo kam, zuletzt aber wegen eines Muskelfaserrisses passen musste.

Im zentralen defensiven Mittelfeld vertraute Kovac in den vergangenen vier Spielen dem Duo Maximilian Arnold und Mattias Svanberg. Für die offensiven Akzente sorgte unter anderem Yannick Gerhardt, der bereits in seine achte Saison mit den Wölfen geht. Ganz neu im Team sind hingegen Tiago Tomás (zuletzt von Sporting Lissabon an den VfB Stuttgart ausgeliehen) und Lovro Majer. Letzterer gilt als Königstransfer des VfL, der Majer von Stade Rennes verpflichtete. Der kroatische Edeltechniker ist in der Offensive vielseitig einsetzbar, spielte bereits auf der Acht, auf der Zehn und zuletzt auf der rechten Außenbahn. Der 25-Jährige schuftet aber auch nach hinten ordentlich und ist einer der laufstärksten Spieler dieser Saison.

In der Sturmspitze spielt Jonas Wind bislang eine überragende Saison für die Grün-Weißen. Sieben Treffer hat der Däne bereits erzielt, er steht damit gemeinsam mit Werkself-Stürmer Victor Boniface auf Rang drei der Torjägerliste hinter Harry Kane und Serhou Guirassy. Verzichten muss Kovac nach wie vor auf Lukas Nmecha, der sich im August einer Knie-Operation unterzogen hat und in diesem Jahr nicht mehr für den VfL auflaufen kann.

Prunkstück

Nach dem dritten Liga-Heimsieg in Folge war Niko Kovac zu Scherzen aufgelegt: Er habe bereits festgestellt, „dass aus dem Wind jetzt ein Sturm“ geworden sei, bemerkte der Wölfe-Coach süffisant in Anspielung auf den Doppeltorschützen Jonas Wind. Der Däne hatte beim 2:0 gegen Eintracht Frankfurt seine Saisontreffer sechs und sieben erzielt und damit nach sieben Spieltagen bereits einmal häufiger eingenetzt als in der vergangenen Saison insgesamt. Der 24-Jährige ist aktuell für 70 Prozent aller bisher erzielten VfL-Tore (10) zuständig. Kein Wunder, dass Wolfsburgs Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer voll des Lobes über seinen Top-Torjäger ist: „Technisch ist er einer unserer besten Spieler – und wenn er in der Box ist, hat er einfach eine unglaubliche Präsenz und einen sauberen Abschluss. Jonas ist ein robuster Stürmer, ihm den Ball wegzunehmen, ist fast unmöglich.“

Ganz allein kann aber auch Wind nicht für einen Sturm sorgen, um in Kovac‘ Bild zu bleiben. Mit dem Kroaten Lovro Majer und dem aus Stuttgart gekommenen Tiago Tomás haben sich die Wolfsburger in der Offensive gut verstärkt. Frühes Pressing, den Gegner unter Druck setzen und sich so viele Chancen erspielen – das hat nicht nur in den Heimspielen bislang hervorragend geklappt. Und auch defensiv steht der VfL meist gut. Vor allem der französische Innenverteidiger Maxence Lacroix sei mit seiner Aggressivität und seinem Stellungsspiel „ein Garant dafür, dass wir wenig zulassen“, lobt Kovac den 23-Jährigen. Gerade bei Standards und Ecken steht keine andere Mannschaft in der Liga so sicher wie der VfL, der aus diesen Situationen bislang erst ein Gegentor kassierte.

Probleme

Zuletzt in Stuttgart leistete sich der VfL einige individuelle Fehler, die die Schwaben eiskalt ausnutzten. Erst unterlief dem ansonsten guten Cédric Zesiger ein unglückliches Foul gegen Guirassy, der den fälligen Elfmeter zum Ausgleich verwandelte. Dann leitete Ridle Baku mit einem Ballverlust das 2:1 der Stuttgarter ein. Schließlich ließ sich auch der eingewechselte Vaclav Cerny die Kugel im Mittelfeld abluchsen, den schnellen Gegenstoß verwertete Guirassy zu seinem dritten Tor. „So machen wir uns das Leben selbst schwer, da müssen wir als Mannschaft schnell lernen“, mahnt Yannick Gerhardt. Und vorne gilt: Trifft Jonas Wind einmal nicht, kann der VfL bislang in dieser Saison nicht gewinnen.

Prognose

Endlich wieder raus aus dem grauen Mittelmaß: Der VfL will in dieser Spielzeit unbedingt wieder in den internationalen Wettbewerb. Nach Platz 12 und Platz 8 in den vergangenen beiden Saisons soll es nun für Europa reichen. Zwar verlor Wolfsburg Leistungsträger wie Felix Nmecha (Borussia Dortmund) und Micky van de Ven (Tottenham Hotspur), holte aber in Cédric Zesiger, Joakim Maehle, Moritz Jenz, Lovro Majer und Tiago Tomás auch zahlreiche Spieler, die sich sofort als Verstärkungen erwiesen. Die Qualität des Kaders ist zweifellos so groß, dass es am Ende für einen Rang im oberen Tabellendrittel reichen sollte.

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