Gegner-Check: Auf der Suche nach der richtigen Balance

Nach der zweiwöchigen Bundesliga-Pause tritt die Werkself am Sonntag, 6. Februar (Anstoß: 15.30 Uhr), zum Topspiel bei Borussia Dortmund an. Der Dritte beim Zweiten – das verspricht wie in der Hinrunde ein prickelndes Duell zu werden. Zumal beide Teams nicht nur über ähnliche Stärken verfügen, sondern ihnen auch an derselben Stelle der Schuh drückt, wie der Gegner-Check verdeutlicht.
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POSITION

Der BVB hat alle drei Bundesliga-Spiele in diesem noch jungen Kalenderjahr gewonnen und damit, was die Ergebnisse betrifft, einen makellosen Rückrunden-Auftakt hingelegt. Die Dortmunder haben aktuell elf Punkte mehr auf dem Konto als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison. Alles bestens also beim Tabellenzweiten? Nicht ganz. Denn neben dem überraschenden DFB-Pokal-Aus des Titelverteidigers im Achtelfinale bei Zweitligist FC St. Pauli (1:2) lief auch bei den Siegen in Frankfurt und bei der TSG 1899 Hoffenheim nicht alles rund. Bei der Eintracht drehte Schwarz-Gelb erst in einer dramatischen Schlussphase das Spiel, gewann nach einem 0:2-Rückstand noch mit 3:2. Und auf das überzeugende 5:1 zu Hause gegen den SC Freiburg folgte zuletzt in Sinsheim ein „schmeichelhafter Sieg für uns“, wie Dortmunds Trainer Marco Rose offen eingestand. Beim 3:2 gegen die spielbestimmenden Kraichgauer nutzte Schwarz-Gelb seine drei Chancen eiskalt aus. „Es war ein Sieg der Effektivität“, brachte es Torschütze Marco Reus auf den Punkt. Die zweiwöchige Bundesliga-Pause nach dieser Partie käme den Borussen „nicht so ungelegen“, sagte Chefcoach Rose, der die Schwerpunkte in intensiven Trainingseinheiten auf Abwehrarbeit und Zweikampfführung legte.

PERSONAL

Weil der BVB seinen Kader für die Rückrunde gut aufgestellt sieht, gab es in der Winter-Transferperiode auf Dortmunder Seite nur wenige Bewegungen. Außenstürmer Ansgar Knauff (20) wurde an Eintracht Frankfurt ausgeliehen, Mittelfeldspieler Tobias Raschl (21) unterschrieb bei Ligakonkurrent SpVgg Greuther Fürth einen Vertrag. Der Wechsel von Torhüter Roman Bürki zum französischen Erstligisten FC Lorient kam indes nicht zustande. Neuzugänge vermeldete der BVB keine. Dafür kehren nun einige Stammkräfte zurück, die in der Hinrunde über längere Phasen verletzt pausieren mussten. Darunter der 19-jährige Youngster Giovanni Reyna, der wegen einer Muskelsehnenverletzung fast ein halbes Jahr ausgefallen war. „Wir haben ihn vermisst, seine Kreativität, Torgefahr und seine Schlitzohrigkeit, sich zwischen den Linien zu bewegen“, sagt Dortmunds Lizenzspieler-Leiter Sebastian Kehl. „Vielleicht kann er am Wochenende gegen Bayer 04 in den Kader rücken.“ Ein Fragezeichen steht auch noch hinter dem Einsatz von Torjäger Erling Haaland, der sich beim 3:2-Sieg in Sinsheim eine Muskelverletzung im rechten Adduktorenbereich zugezogen hatte. Der norwegische Nationalspieler, der beim spektakulären 4:3-Hinrundensieg der Dortmunder in Leverkusen doppelt getroffen hatte, erzielte gegen Hoffenheim sein 80. Tor im 79. Pflichtspiel für den BVB. Neben Haaland sind auch Mats Hummels und Emre Can angeschlagen. Ein Mitwirken der drei im Topspiel gegen Bayer 04 schätzte Rose am Freitagmittag als „unwahrscheinlich“ ein.

PRUNKSTÜCK

Die Offensivabteilung von Borussia Dortmund gehört zum Besten, was die Bundesliga diesbezüglich zu bieten hat. Neben Topscorer Erling Haaland (16 Saisontore, 5 Assists) stehen Spieler wie Jude Bellingham, Julian Brandt, Marco Reus, Thorgan Hazard, Giovanni Reyna, Youssoufa Moukoko und Donyell Malen für Tempo- und Kombinationsfußball vom Allerfeinsten. Wenn der BVB einmal ins Rollen kommt, wird’s für die Gegner ungemütlich. Mit 52 Toren hat die Borussia nach dem FC Bayern (65) die meisten Treffer in der Liga erzielt. Bayer 04 folgt hier auf Rang 3 mit 49 Toren. Bei der Chancenverwertung nimmt Dortmund mit 24 Prozent sogar den Spitzenplatz ein – gefolgt übrigens von der Werkself mit 22 Prozent. Anschauungsunterricht des BVB in Sachen Effektivität gab’s – siehe oben – zuletzt beim 3:2 in Sinsheim. Alle drei Assists gingen dabei auf das Konto des Niederländers Donyell Malen. Beste Tore-Vorbereiter auf Seiten der Schwarz-Gelben sind aber der Ex-Leverkusener Brandt und der 18-jährige englische Nationalspieler Bellingham mit jeweils sechs Assists. Vor allem zu Hause im Signal Iduna Park sind die Dortmunder eine Macht und mit 27 Punkten das heimstärkste Team der Liga. Nur die Bayern konnten in der laufenden Bundesliga-Saison dort gewinnen (3:2). Dem gegenüber stehen 9 Heimsiege.

PROBLEME

So stark der BVB in der Vorwärtsbewegung ist, so anfällig zeigt er sich bislang in der Defensivarbeit. „Wir kriegen zu viele Gegentore“, weiß auch Julian Brandt. „Wir verteidigen oft gut, aber nicht konsequent über die 90 Minuten. Das wird auch ein Thema gegen Leverkusen sein, das werden wir nicht von heute auf morgen abstellen.“ 31 Gegentore kassierte das Rose-Team bislang in 20 Spielen, 10 davon fielen nach Standards. Nur zweimal stand hinten die Null. Schwache Werte für ein Topteam wie die Borussia. Für Brandt liegt ein Grund dafür auf der Hand: „Wir spielen seit dieser Saison ein sehr hohes und sehr extremes Pressing.“ Man befinde sich in dieser Hinsicht momentan in einer Entwicklung, „die wir noch nicht perfektioniert haben“, so der 25-Jährige. Für Sportdirektor Michael Zorc geht es darüber hinaus auch „um die generelle Bereitschaft, gegen den Ball zu arbeiten. Nicht nur im Gegenpressing oder Pressing, sondern auch im sonstigen Verteidigen. Bei einer Ecke bin ich nicht im Gegenpressing, muss mich im Zweikampf aber kompromisslos aufstellen, als Team. Da können wir alle noch zulegen.“

PROGNOSE

Als Tabellenzweiter befindet sich Borussia Dortmund in einer guten Ausgangslage. Sollte der Rekordmeister aus München einmal straucheln, wollen die Dortmunder da sein. Man sei zu ambitioniert, als dass man die Saison schon herschenke, sagt Sebastian Kehl. „Aber auch von einer richtig guten Meisterchance zu reden, wäre nicht richtig“, so der Lizenzspieler-Leiter. „Wir wissen, wie schnell es geht, wie stabil Bayern ist und wir sehen auch, wie die Mannschaften hinter uns aufholen und dranbleiben wollen.“ Wenn der BVB in der Rückrunde weniger Verletzungspech hat als zuletzt und es ihm gelingt, in allen Mannschaftsteilen „ein Toplevel kontinuierlich während eines Spiels zu halten“ (Michael Zorc), könnte das Titelrennen zumindest länger spannend bleiben als in den vergangenen Jahren. Und auch international haben die Dortmunder nach dem Ausscheiden aus der Champions League nun in der Europa League durchaus das Zeug und den Willen, weit zu kommen.

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