Nur ein Punkt nach sechs Spielen: Die Domstädter haben einen klassischen Fehlstart in die Saison hingelegt. Lediglich am 3. Spieltag bei Eintracht Frankfurt (1:1) konnten sie ein Remis holen. Ansonsten stehen fünf Niederlagen gegen Dortmund (0:1), Wolfsburg (1:2), Hoffenheim (1:3), Bremen (1:2) und zuletzt zu Hause gegen Stuttgart (0:2) zu Buche. Wie in den Partien zuvor zeigte das Team von Trainer Steffen Baumgart auch gegen die Schwaben über weite Strecken guten Fußball. „Es gab viele Sachen, die die Jungs gut gemacht haben“, lobte Baumgart nach dem Spiel, „aber am Ende stehst du mit leeren Händen da. Es ist eine beschissene Situation, vor allem wenn du diesen Aufwand betreibst.“ Der 51-Jährige fordert aber auch: „Die Aktionen, die wir haben, müssen besser werden.“ Die guten Ansätze in Phasen des Spiels müsse man auch mal über 90 Minuten auf den Platz bringen. Innenverteidiger Timo Hübers sieht das im Rückblick auf den Saisonstart ähnlich: „Wir sind nicht an die Wand gespielt worden und wir haben alles, was wir brauchen, um in der Bundesliga zu spielen.“ Es fehle aber Konstanz und Intensität über die volle Distanz, konzediert der 27-Jährige.
Trotz des schwierigen Starts herrscht Ruhe rund ums Geißbockheim. Baumgart setzt auf den Teamspirit. „Hier zeigt keiner mit dem Finger auf den anderen. Wir kommen aus dieser Situation nur gemeinsam heraus.“ Also gab der Coach schon vor der Partie gegen Stuttgart das Motto vor: „Als Einheit mit Vollgas nach vorne.“ Gegen den VfB stimmte das Ergebnis noch nicht. Aber vielleicht kommen die beiden nächsten Gegner in der angespannten Lage gerade recht. Erst geht es nun zur Werkself nach Leverkusen, dann nach der Länderspielpause zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach. „Die Derbys, die jetzt anstehen, sind etwas Besonderes“, sagt Stürmer Davie Selke. „Wir wissen, was sie den Leuten bedeuten und dass wir in solchen Spielen schnell wieder Sachen gutmachen können.“ Er selbst hat beste Erinnerungen ans letzte Duell mit der Werkself. Beim 2:1-Auswärtssieg der Domstädter in Leverkusen im Mai dieses Jahres war Selke mit zwei Treffern der Matchwinner für die Kölner.
So langsam lichten sich die Reihen im Kölner Lazarett etwas. Der zuletzt schmerzlich vermisste Eric Martel konnte in dieser Woche erstmals nach seiner Achillessehnen-Verletzung wieder mit der Mannschaft trainieren. Ein Startelf-Einsatz des Mittelfeldspielers in Leverkusen kommt aber vermutlich noch nicht infrage. Gut möglich ist hingegen ein Comeback von Mathias Olesen, der in den vergangenen drei Liga-Partien wegen einer muskulären Verletzung im Oberschenkel pausieren musste. Der 22-Jährige könnte gegen die Werkself auf die Doppelsechs neben Dejan Ljubicic rücken. In der Abwehr wird Baumgart voraussichtlich noch auf Rechtsverteidiger Benno Schmitz verzichten müssen. Der 28-Jährige fiel gegen Stuttgart wegen muskulärer Probleme aus, trainierte Anfang dieser Woche nur individuell. Leart Paqarada, im Sommer vom FC St. Pauli als Nachfolger von Jonas Hector verpflichtet und bislang in allen sechs Ligaspielen in der Startelf gesetzt, brach am Dienstag zwar das Training vorzeitig ab, nahm am Mittwoch aber wieder an der Einheit teil. Verlässliche Stammkräfte im Abwehrzentrum sind zudem die Innenverteidiger Jeff Chabot und Timo Hübers, die bislang ebenso wie Sechser Ljubicic und Mittelfeldakteur Florian Kainz in allen sechs Spielen in der Anfangsformation standen. In der Kreativzentrale ist Neuzugang Luca Waldschmidt (ausgeliehen vom VfL Wolfsburg) eine Option für die Startelf. Vorne setzt Baumgart auf Davie Selke, der im letzten Derby mit einem Doppelpack den Unterschied ausmachte und mit zwei Treffern die Hälfte der bisher erzielten Kölner Saisontore beisteuerte.
Fehlen werden am Sonntag weiterhin die Stürmer Mark Uth (Aufbautraining nach Muskelverletzung) und Florian Dietz (Aufbautraining nach Kreuzbandriss). Auch Linksverteidiger Noah Katterbach (Trainingsrückstand nach Knie-OP) sowie der offensive Mittelfeldspieler Jan Thielmann (Aufbautraining nach Muskelverletzung) stehen nicht zur Verfügung.
Nur der 1. FC Heidenheim spult noch mehr Kilometer pro Partie ab als die Kölner, die auf einen Durchschnittswert von 120 Kilometern kommen. Neben der hohen Laufintensität prägt robuste Zweikampfführung nach wie vor das Spiel der Baumgart-Truppe, die in der Abwehr vor allem bei hohen Bällen gut steht und bislang noch kein Kopfball-Gegentor hinnehmen musste. Geordnetes, kompaktes Pressing und Gegenpressing, der unbedingte Wille und eine starke physische Präsenz – vieles von dem, was den 1. FC Köln in den vergangenen beiden Jahren auszeichnete, hat in dieser Saison noch nicht seine volle Wucht entfaltet. Zumindest nicht über 90 Minuten. Was Einsatzbereitschaft und Mentalität betrifft, muss sich die Mannschaft dennoch nichts vorwerfen lassen.
Trotz der enormen Laufleistung des Teams, trotz der höchsten Anzahl an Flanken aller Bundesligisten ist der Ertrag überschaubar und steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Nur vier Tore erzielte das Baumgart-Team in sechs Spielen. Lediglich Frankfurt und Mainz haben genauso wenige Treffer auf dem Konto. Wie in der Vorsaison läuft viel über die Flügel. 117 Flanken sind zwar Bestwert, aber es fehlt die Genauigkeit: Mit nur zwölf Prozent belegt man diesbezüglich den letzten Rang. Ähnlich sieht es bei der Schussgenauigkeit, bei Chancen- und Großchancenverwertung aus – in allen Kategorien belegen die Kölner ebenfalls den letzten Platz. „Wir müssen vor dem gegnerischen Tor häufiger die richtige Entscheidung treffen“, sagt Luca Waldschmidt.
Dass in Jonas Hector, der seine Karriere beendete, und Ellyes Skhiri, der zu Eintracht Frankfurt wechselte, zwei Säulen der Kölner Spielarchitektur weggebrochen und (noch) nicht adäquat ersetzt werden konnten, mag ein weiterer Grund für die schwierige Situation sein. Leistungsträger wie Kapitän Florian Kainz, in der vergangenen Saison mit sechs Treffern und elf Assists bester Scorer der Kölner, haben noch nicht zu alter Form gefunden. Verletzungssorgen in den vergangenen Wochen taten ihr Übriges.
Der 1. FC Köln braucht dringend Erfolgserlebnisse. Vom angestrebten Platz im gesicherten Mittelfeld sind die Rot-Weißen aktuell weit entfernt. Auf der anderen Seite beträgt der Abstand zu Mannschaften in diesen Regionen wie dem 1. FC Union Berlin oder Eintracht Frankfurt auch nur fünf beziehungsweise sechs Punkte. Nicht die Welt und durchaus aufzuholen. Nur müssten die Kölner damit langsam anfangen. Drei wichtige Spiele stehen vor der Brust. Vor allem die beiden anstehenden Derbys bei Bayer 04 und zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach dürften schon emotional für einen zusätzlichen Schub sorgen. „Das sind nicht die zwei Spiele, die über die Saison entscheiden. Aber es kann für den Moment sehr wichtig sein und einiges auslösen“, sagt Verteidiger Leart Paqarada. Danach folgt die Auswärtspartie bei RB Leipzig und kurz darauf das DFB-Pokalspiel beim 1. FC Kaiserslautern. Diese Wochen haben es in sich für die Domstädter. Es muss nicht gleich ein Goldener Oktober werden. Aber auf eine freundlichere Großwetterlage am Ende des Monats hoffen sie alle rund ums Geißbockheim.
Der Videospiel-Hersteller Electronic Arts (EA) hat zusammen mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) die sechs Nominierten für die Wahl zum Bundesliga-„Spieler des Monats“ November bekannt gegeben – darunter ist mit Florian Wirtz auch ein Werkself-Profi. Fans von Schwarz-Rot können ab sofort abstimmen!
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