Lukas Hradecky strahlte nach dem Abpfiff. „Jeder Sieg ist wichtig, aber dieser besonders“, sagte der Finne, kürzlich in der Heimat zum Sportler des Jahres gekürt. „Die Freude ist riesig, auch wenn wir vor dem Ausgleich eigentlich schon höher hätten führen müssen. Nach dem 1:1 haben wir ein bisschen gezittert, aber am Ende doch verdient gewonnen.“
Fünf Veränderungen gab es bei der Werkself im Vergleich zur 0:1-Niederlage bei Union Berlin am vergangenen Freitag. Peter Bosz nahm Veränderungen in allen Mannschaftsteilen vor. In der Außenverteidigung besetzten Lars Bender und Wendell die Plätze von Aleksandar Dragovic und Daley Sinkgraven. Im defensiven Mittelfeld übernahm Kapitän Charles Aránguiz den Posten des mit muskulären Problemen fehlenden Julian Baumgartlinger, auf der Halbposition agierte Florian Wirtz nach überstandener Blessur in der Kniekehle für Kerem Demirbay. Rotation gab es auch in der Angriffsmitte, Lucas Alario rückte für Patrik Schick in die erste Elf. Neuzugang Timothy Fosu-Mensah von Manchester United gehörte erstmals zum Kader.
Das Duell der beiden punktgleichen Verfolger des Spitzenduos Bayern München und RB Leipzig versprach zum Abschluss der Hinrunde intensiven Tempofußball der gehobenen Art. Es ging auch gleich rasant und voller Wucht los: Wirtz prüfte Bürki mit einem Flatterball aus 20 Metern (2.), auf der Gegenseite musste Lukas Hradecky außerhalb des Strafraums klären und wurde Haaland gerade noch geblockt im Abschluss (3.). Beide Teams suchten sofort mit offenem Visier ihr Heil in der Offensive. Alarios Linksschuss von der Strafraumgrenze flog einen Meter am Pfosten vorbei, nachdem ein Foulspiel an Wirtz zuvor nicht geahndet worden war (9.).
Bayer 04 stellte Dortmunds Innenverteidiger Hummels und Akanji früh und wirkungsvoll im Aufbau zu und zwang den BVB so zu langen Bällen. Aus einem solchen resultierte auch die Führung der Werkself: Bürkis weiten Schlag fing Wendell mit dem Kopf ab, Leon Bailey spielte einen diagonalen Traumpass über 40 Meter in den Lauf des durchstartenden Moussa Diaby, und der Franzose blieb mit guter Ballmitnahme allein vor dem Kasten cool und traf zur 1:0-Führung (14.). Aber auch der BVB wusste sich in Szene zu setzen: Aránguiz rettete klasse gegen Sancho, die folgende Hereingabe von Meunier verpasste Haaland um einen Schritt (24.). Dann wieder die Gastgeber: Diabys Schuss mit rechts aufs kurze Eck nach Vorarbeit von Wirtz entschärfte Bürki, der Volley-Nachschuss von Alario wurde von Guerreiro gerade noch übers Tor gelenkt (27.). Schön anzusehen auch Diabys Seitfallzieher (31.). Es war reichlich Feuer im Spiel, nach der Anfangsphase mit zunehmenden Vorteilen für die Leverkusener.
Die Werkself kombinierte sich einige Male sehr zügig und ansprechend durch, vor allem Wirtz machte der Borussia mit seiner kreativen Antriebskraft ordentlich zu schaffen. Und Diaby mit seiner unwiderstehlichen Schnelligkeit: Klasse, wie der Flügelspieler drei Dortmundern davon sprintete, dann aber allein vor Bürki zu zentral abschloss (35.). Defensiv hatten die griffigen Leverkusener fast alles im Griff, insbesondere Aránguiz fing viele Bälle ab. Und vorne wurde es immer wieder gefährlich: Alarios Kopfball wusste Bürki mit Mühe noch zu parieren (44.). Der BVB hätte sich über ein 0:2 zur Pause nicht beklagen dürfen. Entsprechend zufrieden zeigte sich Stefan Kießling in der Halbzeit vorm Sky-Mikrofon: „Wir haben ein paar Minuten gebraucht, es dann aber sehr gut gemacht. Wir hatten viele Räume und Chancen und sind gut hinter die Ketten gekommen.“
Es lief in Hälfte zwei zunächst genau so weiter. Diaby ging nach Ballgewinn gegen Brandt zum wiederholten Mal ins Tempodribbling, danach geriet Baileys Schlenzer mit rechts allerdings deutlich zu hoch (49.). Amiris Schuss aus halbrechter Position bereitete Bürki keine Probleme (51.). Großartig, wie Florian Wirtz wenig später in höchster Not im eigenen Strafraum gegen Haaland klärte (53.). Sancho wurde danach im letzten Moment noch geblockt (54.), Meunier knallte drüber (55.). Der BVB nahm nun etwas mehr Fahrt auf. Daley Sinkgraven kam für den angeschlagenen Wendell ins Spiel (60.).
Es blieb hochintensiv auf beiden Seiten. Wirtz wurde bei seinem Solo gerade noch von Akanji gestoppt, auf der Gegenseite klärte Tah nach Brandts Querpass im Strafraum (65.). Dann der Dortmunder Ausgleich ein bisschen aus dem Nichts: Der BVB störte früh im Aufbau, und Julian Brandt war mit einem schönen Schlenzer aus 20 Metern ins lange Eck zum 1:1-Ausgleich erfolgreich (67.). Lukas Hradecky streckte sich da vergeblich. Dortmund plötzlich am Drücker. Tapsoba klärte auf der Linie gegen Brandt (68.), Sanchos Schuss nach Solo flog vorbei (70.). Peter Bosz reagierte und brachte Patrik Schick und Kerem Demirbay für Lucas Alario und Charles Aránguiz.
Moussa Diaby lief links erneut allen davon, doch Bürki brachte gerade noch die Fingerspitzen an den Ball (75.). Es ging jetzt hin und her, beide drängten auf die Entscheidung. Die Werkself setzte das Ausrufezeichen: Schick und Diaby spielten sich geschickt über links durch, der Franzose passte quer zu Florian Wirtz, und der ganz starke Youngster überwand Bürki mit einem platzierten Schuss aus 16 Metern ins Eck zum 2:1 (80.). Dortmund zog in der Schlussphase noch mal das Tempo an, die Werkself wehrte sich mit allem, was sie hatte. Es gab vier Minuten Nachspielzeit. Demirbays Freistoß rauschte am Giebel vorbei (90.+2). Kurz darauf war Schluss – und die Gewinner des Abends, die für den Moment auf Platz zwei kletterten, klatschten sich glücklich ab.
Für die Werkself geht es in der Bundesliga mit dem ersten Rückrundenspiel weiter: Gegner in der BayArena ist am Samstag, 23. Januar, um 15.30 Uhr der VfL Wolfsburg.
Die Statistik:
Bayer 04: Hradecky – L. Bender, Tah, Tapsoba, Wendell (60. Sinkgraven) – Wirtz, Aránguiz (69. Demirbay), Amiri – Bailey, Alario (69. Schick), Diaby
Dortmund: Bürki – Meunier, Akanji, Hummels, Guerreiro – Bellingham (83. Moukoko), Delaney – Sancho (73. Reyna), Reus (88. Tigges), Brandt – Haaland
Tore: 1:0 Diaby (14.), 1:1 Brandt (67.), 2:1 Wirtz (80.)
Gelbe Karten: Bailey, Diaby – Hummels, Delaney
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
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