Jerry, du bist aus der Jugend von Manchester City zu Celtic Glasgow gewechselt und spielst nun die fünfte Saison für Bayer 04. Wie beschreibst du deine Entwicklung?
Frimpong: Ich bin sehr glücklich mit meiner bisherigen Laufbahn. Überall, wo ich war, habe ich Titel gewonnen. Und darum spiele ich Fußball. In Manchester habe ich mit vielen späteren Top-Spielern zusammengespielt: Phil Foden, Felix Nmecha, Jadon Sancho, Cole Palmer, um nur ein paar zu nennen. Ich wurde überragend ausgebildet. Und auch Celtic war eine wichtige Station. Wir haben das nationale Triple gewonnen im ersten Jahr, das war unfassbar und ein unglaubliches Gefühl. Und dann ging es nach Leverkusen, wo wir nun auch das Double und den Supercup gewonnen haben.
Wie hat sich dein Leben seit deinem Wechsel zu Bayer 04 verändert?
Frimpong: Ich habe in den Jahren, in denen ich hier bin, sportlich sehr gute Fortschritte gemacht. Das lag zum einen an den Trainern, mit denen ich in Leverkusen zusammengearbeitet habe. Aber auch persönlich habe ich mich weiterentwickelt. Ich habe, so denke ich, eine starke Persönlichkeit, habe einen engen Austausch mit meinen Teamkollegen und bringe Energie ins Team. So bin ich einfach – ich ziehe keine Show für die Jungs in der Kabine ab. Ich genieße meine Zeit hier, das sieht und spürt man auch.
Siehst du dich mittlerweile als Führungsspieler?
Frimpong: Wenn es um Führungsspieler geht, glaube ich nicht, dass ich mit meinen 23 Jahren schon dazugehöre. Es ist mein Anspruch, mit Leistung auf dem Platz voranzugehen. Aber ich glaube, momentan nehmen die Jungs mich noch nicht ernst genug, um mich als Führungsspieler zu sehen. (lacht) Wenn ich Kapitän wäre, würden sie lachen, ich rede einfach zu viel und mache zu viele Späße. Ich möchte auch kein Kapitän werden, dafür gibt es andere Jungs, die besser geeignet sind. Jeder hat seine Rolle.
Ist Bayer 04 im Vergleich zu deiner Ankunft ein größerer Klub geworden?
Frimpong: Der Verein war schon immer bekannt und hatte einen großen Namen. Aber nun, seitdem wir Meister geworden sind, ist die Anerkennung noch einmal deutlich gestiegen. Das spüre ich auch in der niederländischen Nationalmannschaft. Der Respekt vor Bayer 04 ist sehr groß. Alle wissen, dass wir eine sehr starke Mannschaft haben, vor der man sich in Acht nehmen muss. Wenn die Menschen im Ausland über die deutschen Teams sprechen, sind wir nun dabei. Zuvor waren es meist nur Dortmund und der FC Bayern. Wir waren nah dran, aber nun gehören wir dazu – und so muss es auch sein.
Die Entwicklung des Klubs ist auch an der enormen Lautstärke in der BayArena zu spüren.
Frimpong: Ja, zu 100 Prozent. Wir spüren die Energie der Fans. Sie stehen voll und ganz hinter uns. Um ehrlich zu sein, habe ich die Energie der Fans hier aber immer gespürt – das vergangene Jahr hat die Bindung jedoch noch verstärkt. Was wir in der letzten Saison geleistet haben, macht sie stolz auf uns. Es war rührend, das zu sehen. Leverkusen ist keine große Stadt. So etwas für diese Stadt geschafft zu haben, ist unvergesslich. Die Fans nehmen das sehr persönlich und wir auch. Ich habe solche Siegesfeiern schon einmal erlebt, als ich bei Celtic war, weil wir dort das nationale Triple gewonnen haben. Aber Celtic gewinnt immer. Leverkusen gewann vorher zuletzt vor 31 Jahren einen Titel, die Meisterschaft noch nie. Das ist ein großer Unterschied und macht es so speziell.
In dieser Spielzeit läuft es gut, aber noch nicht ganz auf dem Niveau der Vorsaison…
Frimpong: Fußball funktioniert so nicht. Man kann nicht jedes Jahr ungeschlagen bleiben. Zudem treffen wir in der Champions League auf die stärksten Teams Europas. Wir geben unser Bestes, aber die Gegner kennen uns und sind noch motivierter. Das spüren wir in dieser Saison in jedem Spiel. Der Ansporn, uns zu schlagen, ist noch größer geworden. Aber es ist normal, dass jeder den Meister besiegen will. Damit müssen wir zurechtkommen und das tun wir auch. Auch in einem Spiel wie gegen Kiel weiß man nie, was passiert – auch wenn man auf dem Papier wie der sichere Sieger aussieht. Aber dann steht man auf dem Platz und es kommt anders, darum ist diese Sportart ja auch so beliebt: Man weiß nicht, wie die Spiele ausgehen.
Haben die gewonnenen Trophäen einen Einfluss auf die Performance?
Frimpong: Das glaube ich nicht, da ich persönlich noch immer die gleiche Einstellung zum Gewinnen von Spielen und Titeln habe. Aus dem Grund spiele ich Fußball – und das gilt für die anderen Jungs auch. Ich will mit Bayer 04 noch viel mehr Titel gewinnen, am liebsten alle. Da bin ich wie ein kleiner Junge: Ich will mit Leverkusen das Double wiederholen und in meiner Karriere auch Weltmeister werden und die Champions League gewinnen.
In der Königsklasse ist Bayer 04 in diesem Jahr wieder dabei. Was bedeuten dir die internationalen Duelle und was könnt ihr erreichen?
Frimpong: Es ist das größte, in der Champions League zu spielen. Wir hatten schon große Gegner und es werden noch andere Top-Teams kommen. Das 4:0 in Rotterdam war ein super Start in den Wettbewerb, in dem wir auch ganz vorn dabei sein wollen. Es war das erste Mal, dass ich mit Leverkusen gegen eine niederländische Mannschaft gespielt habe; dann noch in dem Stadion, in dem ich im März meinen ersten Treffer und den ersten Assist im Nationaltrikot gefeiert habe. Ich freue mich auch, im Wettbewerb ehemalige Mitspieler und Jungs aus der Nationalmannschaft zu treffen, wie zuletzt Cody Gakpo und Virgil van Dijk in Liverpool. Wir sind sehr fokussiert und wollen viel erreichen. Im Fußball kann alles passieren. Wir müssen nur abrufen, was in uns steckt. Ich würde nach Liverpool, was sportlich leider enttäuschend war, gern auch noch gegen Real Madrid, Barcelona und City spielen und in diesen Partien unser Potenzial auch gegen internationale Top-Teams unter Beweis stellen. Wir wollen uns mit den Besten messen. Ich freue mich sehr auf die weiteren Spiele und auch in der Königsklasse treten wir an, um zu gewinnen.
In der Nationalmannschaft genießt du noch nicht den Stellenwert, den du dir in Leverkusen erarbeitet hast und kämpfst um deinen Stammplatz. Welche Unterschiede siehst du zu deinem Spiel bei Bayer 04?
Frimpong: Das kann ich nur schwer beantworten, da ich nicht derjenige bin, der das Team aufstellt. Ich versuche auch dort, hart zu arbeiten und habe das Ziel, in der Startformation zu stehen. Als Fußballer will man nicht auf der Bank sitzen. Aber wenn das so ist, darf man nicht aufgeben. Nicht überall, wohin man geht, stehen die Türen von Beginn an offen. Dann muss man umso mehr kämpfen.
Auch in Leverkusen sitzt du manchmal auf der Bank, allerdings aus Gründen der Rotation. Fällt dir das leichter?
Frimpong: Nein, niemand sitzt gern auf der Bank. Ich bin Fußballer und ich will immer spielen. Es macht keinen Unterschied, für welches Team ich spiele oder was die Gründe dafür sind.
In der vergangenen Saison hast du persönliche und Bundesliga-Bestmarken aufgestellt. In welchen Punkten kannst du dich dennoch verbessern?
Frimpong: Überall. In der Verteidigung, im Angriff und vor allem im Abschluss. Ich muss meine Genauigkeit und auch die Positionen, die ich beim Schuss einnehme, verbessern. Ich kann noch viel mehr Tore schießen, wenn ich konstanter werde.
Haderst du sehr mit vergebenen Chancen?
Frimpong: Ja, darum arbeite ich auch an meinem Abschluss. Es ist ziemlich frustrierend, wenn man eine gute Möglichkeit vergibt – vor allem, wenn man der Mannschaft mit einem Tor hätte helfen können. Am Ende eines Spiels die Chance auf den Ausgleichstreffer oder das Siegtor zu vergeben, tut wirklich weh. Ich denke abends noch an die Szenen und gehe sie im Kopf nochmal durch. Am nächsten Tag ist es dann besser, dann weiß ich auch, dass ich nichts mehr daran ändern kann. Dann kommen aber meist die Sprüche der Teamkollegen: Das ist okay, sie bekommen sie von mir ja auch. (lacht)
Gibt es ein paar Qualitäten deiner Teamkollegen, die du gern hättest?
Frimpong: Da gibt es viele. Grimaldos linker Fuß ist unglaublich. Sein Passspiel, seine Flanken, seine Abschlüsse – da staunt man. Wir ergänzen und unterstützen uns sehr gut, da gibt es auch keinen Wettstreit, wer mehr Tore macht. Wir legen sie uns gern gegenseitig auf. Zudem hat mich in der vergangenen Saison Pala wirklich beeindruckt, er war vielleicht sogar der beste Spieler im Team, obwohl man niemanden herausstellen kann, weil alle überragend waren. Aber er ist überall im Mittelfeld zu finden, rennt viel, gewinnt Zweikämpfe, ist technisch top und schießt auch noch Tore. Was mich zudem beeindruckt, sind die Dribbling-Skills von Victor Boniface. Die hätte ich auch gern. (lacht)
Wie entstand die Idee, seine Torjubel zu imitieren?
Frimpong: Das kam spontan, ich habe es einfach gemacht und hatte nie den Plan, es zu tun. Ich persönlich habe gar keinen richtigen Torjubel, aber mit Boni zu jubeln, macht immer Spaß. Seine Jubelgesten sind immer witzig. Er ist ohnehin ein sehr lustiger Mensch, der es liebt, Witze über uns und alles andere zu machen. Aber er kann auch sehr gut einstecken. Wir lachen sehr viel zusammen. Das gilt für die gesamte Mannschaft und ist auch sehr wichtig. Wir sehen uns jeden Tag, häufiger als unsere Familien. Wir reisen zusammen, haben jeden Tag Training. Wir verbringen viel Zeit miteinander, und man baut eine Verbindung zu allen auf. Deshalb fühlt es sich an wie eine große Familie.
Deine Familie lebt in England, wie eng ist der Kontakt?
Frimpong: Wir sind sieben Geschwister. Wir haben ein sehr enges Verhältnis. Wesley ist 19 und auch Fußballer, das ist natürlich besonders. Es gibt gewisse Dinge, die man als Spieler durchmacht. Da ist es sehr gut, wenn man zusammen darüber reden kann. Wir helfen uns, Wesley versteht gewisse Dinge besser als Nicht-Fußballer und ich gebe ihm auch Tipps. Er spielt in der zweiten Mannschaft des Linzer ASK, auf meiner Position und ist auch so schnell wie ich – aber größer. (lacht) Mein großer Bruder Jeffrey hat mir auch sehr geholfen in meiner Karriere. Er hat mich fokussiert gehalten und mir stets wichtige Ratschläge gegeben.
Wie wichtig ist es als junger Profi, ein gutes privates Netzwerk zu haben?
Frimpong: Für mich persönlich ist das sehr wichtig. Vor allem, wenn man vorher nicht viel hatte und dann in die Welt des Profifußballs kommt. Es ist ein großer Schritt und man benötigt Menschen, die einem helfen, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und nicht abzuheben. Wenn man ein junger Fußballer ist und plötzlich so verrückte Summen verdienen kann, alles so schnell geht, man plötzlich einen anderen Lifestyle hat und diesen genießen möchte, kann man sehr schnell falsch abbiegen. Darum braucht man diese Menschen, die einen erden. Man kann und soll es natürlich trotzdem genießen, weil man viel dafür investiert hat, aber zur richtigen Zeit.
Deine Eltern kommen aus Ghana, du bist in den Niederlanden geboren und in England aufgewachsen, hast dann in Schottland gespielt und lebst nun in Deutschland. Was bedeutet Heimat für dich?
Frimpong: Mittlerweile ist Deutschland mein Zuhause. Wenn ich nach England zurückkehre, wo meine Familie lebt, fühlt es sich nicht mehr wirklich wie meine Heimat an, obwohl ich dort aufgewachsen bin. Ich bleibe ein paar Tage und bin wieder weg: Ich bin zu Besuch. Aber in Deutschland fühle ich mich zu Hause, ich lebe hier seit vielen Jahren und vielleicht werde ich auch später hier leben. In Ghana war ich noch nie, aber ich werde im Dezember nach Accra fliegen und Weihnachten dort verbringen. Darauf freue ich mich sehr.
Wie empfindest du die deutsche Ernsthaftigkeit?
Frimpong: Ich mag sie und ich denke, dass sie mir als Spieler und Mensch geholfen hat. Das gilt auch für uns als Team. Wir haben Spieler aus vielen Ländern, aber es tut uns allen gut, dass jeder weiß, dass man seriös arbeiten muss. Auf Englisch heißt es ‚read a room‘, das finde ich sehr passend: Man muss wissen, wie es hier zugeht und sich daran anpassen.
Gibt es Dinge, die du vermisst?
Frimpong: Meine Familie kommt oft, das ist toll. Ich weiß ja, dass es für viele afrikanische Spieler nicht einfach ist, die Familie nach Europa einzuladen. Bei Victor hat es lange gedauert, bis seine Großmutter hier ein Spiel von ihm sehen konnte. Ich hatte sehr viel Glück, dass meine Familie zusammen nach Europa gekommen ist. Es war nicht einfach für meine Eltern, in die Niederlande zu kommen. Das weiß ich sehr zu schätzen. Darum fehlt mir nicht wirklich etwas – außer vielleicht englische Fernsehshows. (lacht)
Nach all dem, was du bereits erlebt und erreicht hast: Welchen Tipp würdest du deinem jüngeren Ich oder einem jungen Spieler geben, der von solch einer Karriere träumt?
Frimpong: Folge deinem Traum und deinem Plan. Komme nicht vom Weg ab, denn wenn du es geschafft hast, wirst du unglaubliche Dinge sehen und erleben, für die es sich lohnt, hart zu arbeiten. Bleib fokussiert und diszipliniert, um es zu erreichen. Es wird es wert sein.
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Vor dem 12. Spieltag der Bundesligasaison 2024/25 beim 1. FC Union Berlin am Samstag, 30. November (Anstoß: 15.30 Uhr), hat die Bayer 04-Fanbetreuung alle Infos zum Duell im Stadion An der Alten Försterei zusammengestellt...
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