Mit Wil­len geseg­net

Uwe Stö­ver

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Als kompromissloser Zweikämpfer hatte Uwe Stöver seinen Anteil am Gewinn des DFB-Pokals 1993 mit Bayer 04, nachdem er vier Jahre zuvor aus den Niederungen des Amateurfußballs nach Leverkusen gekommen war. Als Geschäftsführer von Holstein Kiel verpasste er mit seinem Klub gerade auf den letzten Metern den Aufstieg in die Bundesliga.

Am Ende eines langen, entbehrungsreichen Anstiegs ging seiner Truppe kurz vor dem Gipfel die Puste aus: Der Traum der Kieler „Störche“ vom Flug ins Oberhaus zerplatzte in der Relegation gegen den 1. FC Köln. Auch für Uwe Stöver, als Geschäftsführer Sport der Architekt des Aufschwungs im hohen Norden, ein bitterer Schlag nach einer großartigen Saison mit der KSV Holstein. „Der Aufstieg wäre für die ganze Region eine gigantische Geschichte gewesen. Letztlich haben wir es verpasst, unsere beiden Matchbälle in der regulären Zweitliga-Spielzeit in Karlsruhe und gegen Darmstadt zu nutzen“, sagt der 54-Jährige.

Früher gab es in Kiel nur Handball. Jetzt begeistern auch wir die Leute.

Der Sprung in die Erstklassigkeit wäre auch sein persönliches Meisterstück gewesen. Doch bei aller Enttäuschung über den verpassten letzten Schritt überwiegt bei ihm das Gefühl, den Klub weiter nach vorne gebracht zu haben: „Früher gab es in Kiel ja nur Handball und den THW. Aber inzwischen hat der Fußball nachgezogen und schafft es ebenfalls, die Leute hier mitzunehmen und zu begeistern. Wir haben unsere Zuschauerzahl in den vergangenen Jahren mehr als verdreifacht, von knapp 4.000 im Schnitt pro Heimspiel auf rund 12.000.“ Vor Corona, wohlgemerkt.

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In Feierlaune: Uwe Stöver (3.v.l.) beim DFB-Pokalfinale 1993 mit von Ahlen, Tolkmitt, Radschuweit, Stammann und Hanke (v.l.).

Die Begleiterscheinungen der Pandemie trafen die Kieler stärker als jeden anderen Profi-Klub. Gleich dreimal hatte sich die gesamte Mannschaft in Quarantäne begeben müssen, zuletzt im April, nachdem jene im März gerade erst beendet worden war. Nicht nur für Uwe Stöver „eine Vollkatastrophe“: Am 20. April hatte Kiel ein Nachholprogramm von vier Partien zu leisten. Mit Motivationspräsenten für die Spieler in der Quarantäne-Zeit – die Holstein-Hymne als musikalische Glückwunschkarte oder das auf USB-Stick gezogene Video vom glorreichen Sieg gegen die Bayern in der 2. Runde des DFB-Pokals – wurde die Einheit im Team vor den Spielen im Akkord beschworen. „Brust raus, Kopf hoch, unser Motto hieß: total egal, wir packen das“, so Stöver.

Mit 25 rein, mit 30 wieder raus. Ich hätte gern ein paar mehr Jahre gehabt.

Dieser Kampfgeist und sein enormer Wille haben ihn auch schon zu seiner Zeit als Aktiver ausgezeichnet. Als Fußballer fand der gebürtige Wuppertaler 1989 vom SC Cronenberg den Weg zu den Amateuren von Bayer 04. „Ich bin aus den Niederungen gekommen und war nie mit Talent gesegnet. Für mich war es eine große Auszeichnung, bei einem solch renommierten Verein wie Leverkusen in der Oberliga spielen zu dürfen“, sagt Stöver, der eigentlich als Mittelstürmer gekommen war. Sein damaliger Bayer 04-Trainer Gerd „Ömmes“ Kentschke hat dafür gesorgt, dass der junge Bursche mit dem Bürstenschnitt deutlich weiter hinten als Sechser und Innenverteidiger agierte. Genau das richtige Betätigungsfeld für den furchtlosen Fighter, der sich anschließend mit rustikaler Spielweise schnell den Spitznamen „Rambo“ verdiente.

In der Spielzeit 1992/93 rückte er zu den Profis auf und brachte es im Saisonverlauf zu neun Bundesliga-Einsätzen mit dem Kreuz auf der Brust. Weit mehr in Erinnerung geblieben ist indes sein Auftritt im Halbfinale des DFB-Pokals, als eine grandios aufspielende Werkself im Waldstadion Eintracht Frankfurt mit 3:0 entzauberte und so den entscheidenden Schritt zum späteren Pokalgewinn gegen die Amateure von Hertha BSC machte. Stöver stand in der Startelf von Coach Reinhard Saftig, der ihm einen Spezialauftrag erteilte: Eintrachts überragenden Spielgestalter Uwe Bein zu beschatten. „Ich glaube, das habe ich ganz gut hingekriegt, er ist an dem Tag nicht sonderlich auffällig geworden.“ „Rambo“ hatte Frankfurts fußballerischen Feingeist permanent in Zweikämpfe verwickelt und ihm alsbald jegliche Lust am genussvollen Gestalten geraubt.

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Da zieht niemand zurück: Uwe Stöver (r.) nimmt im Duell mit Kaiserslauterns Miroslav Kadlec Maß.

Seine beste Zeit als Profi erlebte Stöver auf seiner nächsten Station in Bochum. Zwei Jahre war er unumstrittener Stammspieler und stieg mit dem VfL 1994 in die Bundesliga auf. Danach führte ihn sein Weg wieder in die 2. Liga zum 1. FSV Mainz 05, wo seine Karriere nach fünf Operationen am rechten Knie als Sportinvalide endete. „Ich habe erst mit 25 Jahren ins Profigeschäft reingefunden und war mit 30 schon wieder raus. Ein paar Jahre mehr hätte ich gern gehabt“, sagt er. Das Knie bereitet ihm heute noch Sorgen: „Wenn du nicht mal ‘ne Stunde am Stück spazieren gehen kannst, hast du ein echtes Problem. Irgendwann werde ich um ein künstliches Gelenk nicht herumkommen.“  

Zur Person

Geburtsdatum: 08.02.1967
Geburtsort: Wuppertal
Stationen als Profi
1995-1999  1. FSV Mainz 05
1993-1995  VfL Bochum
1992-1993  Bayer 04
Bilanz bei Bayer 04
10 Pflichtspiele (1 Tor)
DFB-Pokalsieger 1993

Stationen als Trainer
2003-2007  1. FC Kaiserslautern (Nachwuchskoordinator)
2001-2003   1. FC Kaiserslautern II
2000-2001   1. FSV Mainz 05 II
1998-2000   1. FSV Mainz 05 U19

Stationen als Sportdirektor/Geschäftsführer Sport
seit 2019  Holstein Kiel
2017-2019  FC St. Pauli
2016-2017  1. FC Kaiserslautern
01-05/2016  Holstein Kiel
2009-2015  FSV Frankfurt
2007-2009  SV Wehen Wiesbaden