UEFA-Cup '88 – tor­los in Mün­gers­dorf

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Auf den Tag genau vor 30 Jahren am 2. März 1988 bestritt Bayer 04 sein Viertelfinal-Hinspiel im UEFA-Cup gegen den großen FC Barcelona. Die Werkself musste ihr Heimspiel gegen Schuster, Lineker, Zubizarreta und Co. in Köln austragen – die Kulisse war groß, die Stimmung eher mau.

Es waren definitiv andere Zeiten damals. 1988 nahm die Bundesliga ihren Spielbetrieb nach der Winterpause erst am 20. Februar auf – undenkbar in Zeiten heutiger Terminhatz. Bayer 04 verlor sein erstes Pflichtspiel im neuen Jahr mit 1:2 in Nürnberg, am Freitagabend darauf stand das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach an – es sollte zugleich die Generalprobe für das Viertelfinal-Hinspiel im UEFA-Cup gegen den FC Barcelona sein. Doch die Partie musste aus Witterungsgründen abgesagt werden, was zur Folge hatte, dass das Team von Erich Ribbeck lediglich ein Spiel als Vorbereitung auf das mit großer Spannung erwartete Kräftemessen mit den Katalanen absolviert hatte. Anders als in den drei Runden zuvor gegen Austria Wien, FC Toulouse und Feyenoord Rotterdam mussten die Leverkusener zuerst auf eigenem Platz antreten.

Noch dazu fand die Begegnung nicht im gewohnten Umfeld des Haberland-Stadions statt, weil im Zuge des Stadionneubaus bereits im Dezember 1987 mit dem Abriss der Westtribüne begonnen worden war und nicht einmal mehr 18.000 Zuschauer dort Platz gefunden hätten – definitiv zu wenig für das elektrisierende Duell gegen einen der weltgrößten Vereine. Also wurde entschieden, die Partie auf der anderen Rheinseite im Müngersdorfer Stadion in Köln auszutragen. Der Heimvorteil war so zwar ziemlich dahin, aber Kulisse und Kasse stimmten. 41.000 Zuschauer waren da, doch die Stimmung blieb merkwürdig unterkühlt an diesem Abend. „Offensichtlich waren viele neutrale Beobachter da“, sagte der damalige Bayer 04-Fußball-Chef Michael Meier.

 

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Viel Publikum, wenig Stimmung: Bayer 04 wich gegen Barca ins Kölner Stadion aus.
Offensichtlich waren viele neutrale Beobachter da

Barcas Team war in jener Saison 1987/88 von einer Krise in die nächste Unruhe gerutscht. Im September wurde der damalige englische Trainer Terry Venables, der die Mannschaft zwei Jahre zuvor noch zur Meisterschaft in Spanien geführt hatte, entlassen und durch Luis Aragones ersetzt, der Spanien 2008 zum EM-Titel führen sollte. Zwischen Spielern, Zuschauern und Präsident Nunez gab's permanent Zoff, Bernd Schuster klagte während der Saison seine Vertragsauflösung ein und wechselte später zu Real Madrid. Vor dem Duell mit Bayer 04 in Köln war der „blonde Engel“ natürlich das Thema schlechthin, medial drehte sich alles um den deutschen Weltstar und ehemaligen FC-Spieler. „Wenn es darauf ankommt, können wir uns immer noch steigern. Das werden wir jetzt auch im UEFA-Cup zeigen“, sagte Schuster vor dem Spiel.

 

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Ein Duell der Techniker: Thomas Hörster im Zweikampf mit Bernd Schuster

Der deutsche Spielmacher war nur einer von zahlreichen Stars in Barcas Team, Torhüter Zubizarreta, der es auf 126 Länderspiele für Spanien brachte, die Stürmer Gary Lineker und Francisco Carrasco waren weitere. Erich Ribbeck, der erstmals in einem internationalen Match auch auf den Brasilianer Tita bauen konnte, hatte dem Team diesen Matchplan mit auf den Weg gegeben: „Wir müssen zwar Barcas Beton knacken, aber wir dürfen nicht den Fehler machen und unsere Abwehr entblößen.“ Die Werkself hielt sich daran und war um eine kontrollierte Offensive bemüht. Nach sechs Minuten eröffnete sich Wolfgang Rolff eine große Chance zur Führung, zugleich hatten Erich Seckler und Alois Reinhardt Carrasco und Lineker gut im Griff. Chas Kopfball nach Titas Ecke lenkte Zubizarreta gerade noch um den Pfosten.

 

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Selbst für mich als geborener Optimist war klar, dass das für uns nicht reichen würde

Doch nach gut einer halben Stunde war's plötzlich vorbei, das Leverkusener Spiel geriet ins Stocken, während Barcelona hinten immer besser stand und die Partie zunehmend kontrollierte. Acht Minuten vor dem Ende lag der Ball auf einmal sogar im Netz von Rüdiger Vollborn, doch der Linienrichter hatte zuvor eine Abseitsposition gesehen und die Fahne gehoben – zu Unrecht, wie sich später herausstellte. Als der französische Referee Vautrot die Partie wenig später abpfiff, gingen die Spanier nach dem 0:0 recht siegesgewiss vom Platz. Ihnen stand die Überzeugung ins Gesicht geschrieben, den Underdog aus Deutschland dann eben im Rückspiel zwei Wochen später im Camp Nou zu distanzieren. „Selbst für mich als geborener Optimist war klar, dass das für uns nicht reichen würde“, sagt Bayer 04-Geschäftsführer Michael Schade, damals noch Leiter Publikationen der Bayer AG. Doch Bayer 04-Keeper Rüdiger Vollborn überraschte seine Kollegen in der Kabine mit dem Ausspruch: „Die müssen gegen uns erst mal ein Tor schießen.“ Coach Ribbeck ließ ein lautes „Genau!“ folgen.

 

Die Statistik:

Bayer 04: Vollborn – Hörster – Seckler, A. Reinhardt – Götz (67. Falkenmayer), Schreier, Rolff, Tita (78. Buncol), K. Reinhardt – Cha, Waas

FC Barcelona: Zubizarreta – Gerardo, Alexanco, Moratalla, Julio Alberto – Victor, Schuster, Roberto, Urbano – Lineker, Carrasco

Schiedsrichter: Vautrot (Frankreich)

Gelbe Karten: K. Reinhardt – Julio Alberto, Roberto

Zuschauer: 41.000

 

Hier gibt es den TV-Bericht vom Hinspiel gegen Barca:

 

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