Das Derby gegen den 1. FC Köln hatte die Werkself am Wochenende souverän mit 2:0 gewonnen, nun konnte der FC Liverpool kommen. Der in der Bundesliga Gelb-Rot-gesperrte Diego Placente durfte gegen die Reds ebenso wieder mitwirken wie Jens Nowotny, der im Hinspiel eine Gelb-Sperre abgesessen hatte. Dafür musste diesmal Calle Ramelow wegen einer Verwarnung zu viel zuschauen. Der leicht angeschlagene Oliver Neuville saß zunächst auf der Bank. Auf Seiten des FC Liverpool nahm Coach Gérard Houllier nur eine Änderung im Vergleich zum 1:0-Sieg an der Anfield Road vor: Für den offensiven Vladimir Smicer spielte in Leverkusen Defensivspezialist Abel Xavier. „Wir müssen mit aller Macht einen Gegentreffer verhindern, dann haben wir beste Chancen, die Engländer noch rauszukegeln“, so lautete die Marschroute von Bayer 04-Trainer Klaus Toppmöller fürs Viertelfinal-Rückspiel. Sein Gegenüber Houllier gab sich auf der Pressekonferenz vor dem Duell sehr entspannt. Auf die Frage eines englischen Journalisten, wie er denn in dieses schwere Spiel gehen werde, antwortete der Coach des FC Liverpool mit einer Gegenfrage: „Woher wollen Sie wissen, dass es ein schweres Spiel wird?“
Schon in der ersten Minute hatte Emile Heskey frei vor Bayer 04-Torhüter Jörg Butt die große Chance zur Führung für die Gäste, die den besseren Start erwischten und durch den Norweger Riise aus der Distanz noch einmal für Gefahr sorgten (6.). Dann fasste sich Michael Ballack ein Herz und ließ Liverpools Keeper Dudek mit einem fulminanten Linksschuss aus 22 Metern keine Abwehrchance (16.). Michael Owen vergab wenig später allein vor Butt die Chance zum Ausgleich (20.).
Die ausgeglichene Partie nahm erst kurz vor der Pause wieder Fahrt auf. Zunächst scheiterte Thomas Brdaric an Dudek (40.), dann stieg der Portugiese Abel Xavier nach einer Ecke am höchsten und köpfte zum 1:1-Ausgleich ein (42.). Klaus Toppmöller brachte zur zweiten Halbzeit mit Dimitar Berbatov und Oliver Neuville (für Zoltan Sebescen und Ulf Kirsten) zwei Offensivkräfte ins Spiel. Doch das erste dicke Ding vergaben wieder die diesmal in Weiß spielenden Reds in Person von Michael Owen, der ein weiteres Mal frei vor Butt auftauchte, den Ball aber nur an den linken Pfosten setzte (49.). Ein Weckruf für die Werkself, die nach einer Stunde das Heft in die Hand nahm.
Ballack köpfte nach Flanke von Bernd Schneider zur erneuten Führung ein (63.), und fünf Minuten später legte Joker Dimitar Berbatov zum 3:1 nach (68.). Doch die Gäste aus Liverpool schlugen noch einmal zurück. Der eingewechselte Jari Litmanen traf zum 3:2, womit wiederum die Reds im Halbfinale gestanden hätten. Die Werkself schüttelte sich kurz und blies zur Schlussoffensive, die der inzwischen im Angriff spielende Lucio nach feinem Zuspiel von Yildiray Bastürk mit dem entscheidenden 4:2 krönte (84.). Die brasilianische Urgewalt hatte Jerzy Dudek den Ball durch dessen Beine hindurch gehämmert.
Es gab viele besondere Momente in dieser Partie: Das „Dosenöffner-Tor“ von Michael Ballack; der entfesselte Jubel auf den Tribünen nach dem 3:1 von Dimitar Berbatov, das Bayer erstmals den nötigen Zwei-Tore-Vorsprung brachte; der Schockmoment nach dem Litmanen-Treffer und schließlich die Erlösung durch das 4:2, das die BayArena in ein Tollhaus verwandelte. Vor allem die letzte halbe Stunde bot ein Wechselbad der Gefühle, das man in Leverkusen selten erlebt hat.
Mit seinem Strahl aus über 20 Metern hatte er in der 15. Minute das erste Ausrufezeichen an diesem Abend gesetzt. Und mit seinem zweiten Tor läutete Michael Ballack in der 63. Minute die dramatische Schlussphase eines Spiels ein, in dem er von Beginn an der große Anführer, der Chef auf dem Platz war. Eine absolute Weltklasse-Leistung.
Liverpools Coach Gérard Houllier zollte dem Sieger Respekt: „Leverkusen ist eine erstaunliche Mannschaft, die mich überzeugt hat.“ Campino, Sänger der „Toten Hosen“ und bekennender Fan des FC Liverpool, war als Zuschauer im Reds-Trikot in der BayArena. „Ich bin begeistert von dieser Atmosphäre“, schwärmte der Frontmann der Düsseldorfer Band schon während des Spiels. Nach der Partie zeigte er sich als fairer Verlierer und sendete Glückwünsche nach Leverkusen: „Ihr seid nach Dortmund 1965 das erste deutsche Team, das sich in einem Europapokal-Vergleich gegen Liverpool durchgesetzt hat. Und dies nicht nur irgendwie, sondern in einem dramatischen Kampf. Wenn man schon ausscheiden muss, dann so wie mein Verein gegen euch.“
Klaus Toppmöller sagte nach den nervenaufreibenden 90 Minuten: „Wir mussten dieses hohe Risiko gehen, um Liverpool so unter Druck zu setzen, dass auch ihnen mal Fehler unterliefen. Zum Glück ist das Vabanque-Spiel am Ende auch belohnt worden.“ Rudi Völler, damals als DFB-Teamchef auf der Tribüne, lobte: „Das war eine hervorragende Mannschaftsleistung von Bayer. Herausheben kann man dennoch Michael Ballack und Lucio. Aber auch Oliver Neuville hat nach seiner Einwechslung enormen Druck entfacht. Ein besonderes Kompliment verdient auch Diego Placente.“ Und der wieder einmal überragende Michael Ballack fand: „Unser Mittelfeld hat heute eine absolute Weltklasse-Leistung geboten. Ich denke, dass es für alle Beteiligten ein perfektes Fußballspiel und ein tolles Erlebnis war.“
Die englische Zeitung The Independent formulierte nach dem Viertelfinal-Aus des FC Liverpool: „Lucios Schlag beendet Traum für Liverpool. Die Bayer-Fabriken beliefern Europa mit Aspirin, aber die Pille, die Liverpool schlucken musste, war viel bitterer.“
The Guardian analysierte die Gründe für das Scheitern der Reds: „Wenn es zwei Aspekte im Spiel des FC Liverpool gibt, auf die man sich verlassen kann, dann sind das der Abschluss von Michael Owen und die Stabilität der Abwehrreihe. Gestern Abend, an einem Abend von außerordentlicher Dramatik, ließen beide sie im Stich, als sie am meisten gebraucht wurden.“
Die Rheinische Post hingegen geriet ins Schwärmen: „An diesem denkwürdigen Abend in der BayArena blickten alle Beteiligten mit leuchtenden Augen auf ein Gesamtkunstwerk unter Sternenhimmel, nicht auf Einzelheiten. Leverkusens 4:2 gegen Liverpool – ein reizendes Publikum erlebte Fußball in all seiner Faszination, 90 Minuten als pure Animation der von der Schönheit des Spiels ergriffenen Massen. Und es machte auch nichts aus, dass sich nach Abpfiff und Trikottausch Leverkusener und Engländer vermengten, ihnen allen galt der Applaus für eine in höchstem Maße anregende Schau.“
„Lucio krönt das rauschende Fest“, lautete die Schlagzeile in der Kölnischen Rundschau, die sich in ihrem Artikel ebenfalls begeistert zeigte: „Was für eine Dramatik, welch ein Spiel, was für eine Fußballnacht. Bayer Leverkusen hat ein weiteres Stück Geschichte geschrieben. Diese Mannschaft, die niemand vor dieser Saison auf den Tippzetteln hatte, ist gestern Abend mit einem großen Schritt seinem Fußballtraum nähergekommen.“
Für den Kölner Stadt-Anzeiger waren Lucio, Ballack und Co. nach diesem Match „die Wunderkinder von Europa“. Das Blatt sah „einen Sieg der Moderne über die Antike“, einen Vergleich zweier verschiedener Fußball-Philosophien. „Die archaische, defensive, konterstarke, also gemeine und ungerechte Variante altbritischen Stils prallte auf offensive Kurzpass-Enthusiasten im Bayer-Trikot, die ein unstillbarer Hunger nach Toren kennzeichnet.“
Bayer 04: Butt – Sebescen (46. Neuville), Lucio, Nowotny, Placente – Schneider, Ballack, Bastürk, Ze Roberto – Brdaric (64. Zivkovic), Kirsten (46. Berbatov)
FC Liverpool: Dudek – Abel Xavier (75. Berger), Henchoz, Hyypiä, Carragher – Murphy, Gerrard, Hamann (61. Smicer), Riise – Owen, Heskey (41. Litmanen)
Tore: 1:0 Ballack (16.), 1:1 Xavier (42.), 2:1 Ballack (63.), 3:1 Berbatov (68.), 3:2 Litmanen (78.), 4:2 Lucio (84.)
Gelbe Karten: Nowotny, Zé Roberto – Riise, Henchoz, Xavier
Chancenverhältnis: 8:5
Torschüsse: 17:7; aufs Tor: 11:4
Ecken: 4:3
Schiedsrichter: Melo Pereira (Portugal)
Zuschauer: 22.500 (ausverkauft)
„Unglaublich, unsere Fans“, sagte der sichtlich bewegte Michael Ballack nach dem Schlusspfiff. Selten zuvor hatte in der ausverkauften BayArena eine solch euphorische, dichte Atmosphäre geherrscht wie an diesem 9. April 2002. Als die Stadion-Regie nach der mitreißenden Partie die FCL-Hymne „You’ll never walk alone“ vom Band abspielte, begleiteten die Fans beider Lager – aus Liverpool waren knapp 3.000 Anhänger angereist – ihre Mannschaften mit Ovationen in die Kabinen. „Ein bisschen Swing der Anfield Road in der BayArena“, wollte die Kölnische Rundschau da herausgehört haben. „Es war der Ausklang einer magischen Nacht.“
Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte stand Bayer 04 im Halbfinale der Champions League. Und traf dort nun auf das nächste Schwergewicht des englischen Fußballs: Manchester United hatte sich nach dem 2:0-Sieg bei Deportivo La Coruna auch im Rückspiel mit 3:2 durchgesetzt. Am 24. April würde das von Sir Alex Ferguson trainierten Red Devils im alt-ehrwürdigen Old Trafford die Werkself zum Halbfinal-Hinspiel empfangen.
Der Videospiel-Hersteller Electronic Arts (EA) hat zusammen mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) die sechs Nominierten für die Wahl zum Bundesliga-„Spieler des Monats“ November bekannt gegeben – darunter ist mit Florian Wirtz auch ein Werkself-Profi. Fans von Schwarz-Rot können ab sofort abstimmen!
Mehr zeigenIm letzten Heimspiel der Ligaphase der UEFA Champions League 2024/25 empfängt die Werkself den tschechischen Meister Sparta Prag in der BayArena. Das Duell im Rahmen des 8. Spieltags steigt am Mittwoch, 29. Januar (Anstoß: 21 Uhr). Alle Infos zum Ticketverkauf für die Partie.
Mehr zeigenAm 8. Spieltag der VBL Club Championship waren die eSportler von Bayer 04 gegen den formstarken 1. FC Köln gefordert. Die Domstädter kassierten in der laufenden Saison erst eine Niederlage und haben sich in der Spitzengruppe der Nord-West-Division festgesetzt.
Mehr zeigenWerkself-TV zeigt nach dem 1:0-Erfolg von Bayer 04 gegen Inter Mailand am 6. Spieltag der UEFA Champions League die Pressekonferenz mit Cheftrainer Xabi Alonso...
Mehr zeigen