Wenn man sich seine Krankenakte und Verletzungshistorie so anschaut, ist es beinahe erstaunlich, dass er überhaupt so lange durchgehalten hat. Insgesamt acht Knie-Operationen, drei davon nach Kreuzbandrissen, hat er über sich ergehen lassen müssen, ehe er 2016 einen Schlussstrich unter seine Karriere zog. Sein letztes Spiel als Berufsfußballer machte Pierre De Wit im August 2015 im Trikot des MSV Duisburg, da war er gerade mal 27 Jahre alt. Wo andere gerade im besten Fußballeralter stecken, war für ihn schon Feierabend. Neun Jahre hat „Piero“ als Profi gespielt, aber fast dreieinhalb davon war er nur Zuschauer und permanenter Reha-Patient. Genauer gesagt 1236 Tage – diese Summe kommt bei Addition all seiner Ausfallzeiten zusammen.
„Es gab viele Leute, die mir schon viel früher das Laufbahnende prophezeit haben. Aber ich war immer eine Kämpfernatur, die nie ans Aufgeben gedacht hat“, sagt er. Irgendwann jedoch hatten die immerwährenden Verletzungen auch ihn mürbe gemacht, waren die ganzen Belastungen und Qualen, Schmerzen und Neuanläufe nicht mehr hinnehmbar. Spätestens nachdem ihn zwei Leistenoperationen innerhalb kurzer Zeit erneut lahmgelegt hatten, dämmerte es auch dem Stehaufmännchen De Wit, dass sein Körper offenbar nicht geschaffen ist für die Knochenmühle Profifußball. „Am Ende habe ich auch einfach gemerkt, dass ich an das Level, das ich auch von mir selbst erwarte, nicht mehr herankomme. Es war ein schleichender Prozess, aber irgendwann war klar, dass es nicht mehr reicht.“
Als Pierre De Wit 1999 als Zwölfjähriger von seinem Kölner Heimatverein SC Weiler-Volkhoven nach Leverkusen kam, gewann der kleine, aber umso pfiffigere Mittelfeldspieler rasch die Gunst seiner Trainer als dynamischer Zehner und Feinfuß mit starken Standards. 2006 rückte er auch bei der Werkself dank Coach Michael Skibbe in den Fokus. Unter der Woche absolvierte er das Training bei den Profis, am Wochenende spielte er dann jeweils bei der Zweiten Mannschaft in der Regionalliga West. „Pierre ist ein hochtalentierter Junge und macht seine Sache ganz hervorragend. Er ist frech und unbekümmert und zugleich auch schon sehr kaltschnäuzig in seinen Aktionen“, lobte Skibbe den forschen Youngster damals.
Für De Wit hing der Himmel damals sportlich noch voller Geigen, er kam zu vier Kurz-Einsätzen in der Bundesliga und wurde auch im UEFA-Cup-Spiel 2006 in der BayArena gegen Tottenham Hotspur eingewechselt. Weil es mit der Praxis bei den Profis aber nicht so gut klappte wie etwa bei Gonzalo Castro, seinem damals besten Kumpel aus demselben Jahrgang, wurde er 2007 zum Zweitligisten VfL Osnabrück ausgeliehen. An der Bremer Brücke funktionierte ihn Trainer „Pele“ Wollitz zum spielstarken Sechser um, eine Rolle, mit der sich der gelehrige De Wit sofort anfreundete, „weil du das Spiel auf dieser Position ganz anders an dich reißen kannst“. Das Schicksal bremste ihn indes schnell aus, und der erste Kreuzbandriss bereits am zweiten Spieltag im August 2007 führt die lange Liste der schweren Blessuren an. Erst im März des Folgejahres lief De Wit wieder für die Lila-Weißen auf.
In der Folgesaison war er als Regisseur gesetzt beim VfL und bestritt 33 von 34 Partien. Im letzten Pflichtspiel am 24. Mai 2009 setzte ihn ein zweiter Kreuzbandriss erneut monatelang außer Gefecht. De Wits Leihe endete, und er absolvierte seine Reha in Leverkusen, ehe er im Januar 2010 zum Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern wechselte. Ein paar Wochen später im Spiel bei Alemannia Aachen ließ ihn sein Kreuzband ein drittes Mal im Stich, zu Lauterns Meisterschaft und der Rückkehr in die Bundesliga hatte er folglich nicht viel beizutragen. Aufgeben indes war keine Option, und wenn De Wit doch mal zu sehr in Trübsinn zu verfallen drohte, riss ihn seine zweijährige Tochter Amelie rasch wieder aus den dunklen Gedanken. In der Folge kam er für die Roten Teufel 38 Mal im Oberhaus des deutschen Fußballs zum Einsatz, erzielte drei Treffer und erlebte seine erfolgreichste Zeit als Profi. „Sportlich waren das meine besten Jahre“, sagt er. 2013 – nach einer weiteren Knie-Operation am Meniskus – folgte der Wechsel zum MSV Duisburg in die 3. Liga, für den er zu 48 Einsätzen kam.
Als sich für Pierre De Wit das endgültige Ende bei den Zebras abzeichnete, kam für ihn sofort Bayer 04 wieder ins Spiel. „Das ist mein Verein, hier hängt mein Herz dran, Leverkusen ist meine Welt. Der Kontakt war ja immer da, etwa zu Jörg Bittner, den ich als meinen Förderer sehe. Ich werde nie vergessen, wie mich der damalige Bayer 04-Manager Michael Reschke nach einem Kreuzbandriss während meiner Zeit bei Lautern anrief und sagte: ,Lass dich von den Verletzungen nicht kleinkriegen, aber eines ist auch mal klar: Wenn du irgendwann mit dem Gedanken ans Aufhören spielst, dann kommst du zurück nach Hause.‘ Ich bin kein Mensch, der nahe am Wasser gebaut ist, aber da war ich so bewegt, dass mir fast die Tränen gekommen sind.“
Noch während seiner Rekonvaleszenz in Duisburg erinnerte sich De Wit der Worte Reschkes, auch wenn der inzwischen als Technischer Direktor in Diensten des FC Bayern München stand. Pierre schnupperte im Jugendleistungszentrum am Kurtekotten einige Wochen lang rein, ehe er 2016 offiziell in den Trainerstab der Jugendabteilung aufgenommen wurde. Er begann bei der U13, die er drei Jahre lang bis zur U15 begleitete. „Das ist im Kern die heutige U17, die Spieler des 2003er Jahrgangs waren meine Jungs“, sagt er. Von Slawomir Czarniecki, Mirko Casper, der einen ähnlichen Weg als Ex-Profi zum Junioren-Coach zurückgelegt hat, und Florian Junge konnte der Trainer-Neuling viel lernen und sich eine Menge abschauen. Aktuell betreut „Piero“ bei Bayer 04 gemeinsam mit Maximilian Straub die U12, längerfristig würde ihn aber auch die Erfahrung reizen, in den Leistungsbereich von U17 bis U19 vorzudringen, „weil der Fußball in dem Bereich noch mal eine andere Komplexität hat“.
Mit seiner aktiven Karriere hat er längst Frieden geschlossen, auch wenn sich natürlich so manches Mal Gedanken in seinen Kopf geschlichen haben, was vielleicht möglich gewesen wäre, wenn es dieses Kreuz mit dem Knie nicht gegeben hätte. „Es gab den einen oder anderen Moment, wo auf einmal mehr denkbar gewesen wäre. Nach meiner ersten Saison in Osnabrück erhielt ich eine Einladung zu einem Lehrgang der U21-Nationalmannschaft mit zwei Länderspielen gegen die Ukraine und Dänemark, wo es auch schon um die erweiterte Kader-Nominierung für die EM im Jahr darauf ging. Dann stellte sich beim ersten Training dort heraus, dass ich mir kurz zuvor im letzten Spiel mit dem VfL einen Innenbandriss im Knie zugezogen hatte“, sagt er. Damit war das mögliche Sprungbrett für De Wit passé – während Jungs wie Manuel Neuer, Jerome Boateng, Sami Khedira, Mesut Özil, Mats Hummels oder Benedikt Höwedes 2009 U21-Europameister wurden und ihre großen Karrieren später mit dem Triumph bei der WM 2014 krönten.
Mittlerweile hat De Wit längst wieder seinen Lebensmittelpunkt im Kölner Norden gefunden. Im Haus in Heimersdorf ist reichlich Betrieb, seitdem Pierre und Ehefrau Sevgi vor einem halben Jahr zum zweiten Mal Eltern geworden sind, „und unsere kleine Prinzessin Zoey auf die Welt kam“, wie der Vater voller Stolz erzählt. Neben seiner Trainer-Tätigkeit ist der Ex-Profi, der auch ein Studium im Bereich Sportmanagement an der IST-Hochschule in Düsseldorf abgeschlossen hat, mit seinen alten Bayer 04-Kumpeln Abdullah Keseroglu und Julian Schauerte noch Teilhaber eines Sportstudios („Bodytuning“), das sich vor allem auf Personal Training, Muskelaufbau und Abnehmprogramme konzentriert. Wer wüsste schließlich auch besser aus eigener leidvoller Erfahrung als Pierre De Wit, wie man seinen Körper wieder in Schuss bringt...
Die U19 ist in der Liga am Ball, die U16 spielt in Griechenland einen hochkarätigen Test und die U15 trägt ein Derby aus – das Nachwuchs-Wochenende im Überblick.
Mehr zeigenRund um das Heimspiel in der Google Pixel Frauen-Bundesliga gegen den SV Werder Bremen wird Bayer 04 seinen Fans am kommenden Sonntag, 16. März, im Umlauf des Ulrich-Haberland-Stadions ein buntes Rahmenprogramm anbieten. Teil des Familien-Spieltags ist auch eine Autogrammstunde mit den beiden derzeit verletzten Profispielerinnen Katharina Piljic und Vanessa Haim.
Mehr zeigenAm Donnerstagvormittag hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den 19. Spieltag der Google Pixel Frauen-Bundesliga zeitgenau angesetzt. Demnach findet das Derby gegen den 1. FC Köln am Montag, 14. April, um 18 Uhr statt.
Mehr zeigenAm 28. Spieltag der laufenden Bundesligasaison gastiert die Werkself beim 1. FC Heidenheim 1846. Die Partie findet am Samstag, 5. April, um 15.30 Uhr in der Voith-Arena statt. Alle Infos zum Ticketverkauf.
Mehr zeigen