Künst­ler, Knip­ser und Stra­te­gen: Die Bra­si­lia­ner unterm Bayer-Kreuz

Titel_Website_Brasilianer_1819.jpg

Mit Milton Queiroz da Paixao fing 1987 alles an: Tita, wie er genannt wurde, war der erste Brasilianer unterm Bayer-Kreuz. Zahlreiche weitere Fußballer vom Zuckerhut sollten in den nächsten Jahren folgen. Viele von ihnen drückten dem Spiel der Werkself ihren Stempel auf. Gemeinsam mit seinem Landsmann und Mannschaftskollegen Wendell setzt Paulinho, der seit Sommer 2018 das Bayer 04-Trikot trägt, diese lange Tradition fort. Der 18-Jährige ist bereits der 23. Brasilianer der Klub-Geschichte. Ein Überblick über alle Bayer 04-Spieler aus dem Land des fünfmaligen Weltmeisters in Kurzporträts.

Tita (1987-88, 21 BL-Spiele, 10 Tore)
Vollständiger Name: Milton Queiroz da Paixao
Der brasilianische Pionier bei Bayer 04. Tita kam, traf und gewann mit der Werkself 1988 den UEFA-Cup. Nach einem durchschlagend erfolgreichen Jahr in Leverkusen ging es für den offensiven Mittelfeldspieler weiter zu Pescara nach Italien. Der mittlerweile 60-Jährige schwärmt noch heute in allerhöchsten Tönen von seiner Zeit bei Bayer 04.

Jorginho (1989-92, 87/9)
Vollständiger Name: Jorge de Amorim Campos
Der Rechtsverteidiger, 1994 in den USA Weltmeister mit der Selecao, eroberte die Bundesliga im Sturm. Drei Jahre trug er das schwarz-rote Trikot, sprach schon nach kurzer Zeit fast perfekt Deutsch und integrierte sich absolut vorbildlich. Kein Wunder, dass ihn die Bayer 04-Anhänger 2004 mit überwältigender Mehrheit in die „Elf des Jahrhunderts“ wählten.

Paulo Sergio (1993-97, 121/47)
Vollständiger Name: Paulo Sérgio Silvestre do Nascimento
In die Jahrhundertelf schaffte es Paulo Sergio (ebenfalls Weltmeister 1994) zwar nicht, aber auch der flinke Flügelspieler hinterließ große Fußstapfen. Kein Brasilianer erzielte bislang mehr Treffer für Bayer 04 in der Bundesliga als der Außenstürmer, dessen weiterer Weg ihn über AS Rom ebenso wie Jorginho zu den Münchner Bayern führte.

Rodrigo (1995-96, 27/1)
Vollständiger Name: Rodrigo José Queiroz Chagas
Bayer 04 hatte meist großes Glück bei der Auswahl seiner brasilianischen Profis, die Saison 1995/96, die fast mit dem Abstieg geendet wäre, bildet aber eine Ausnahme. Rodrigo, wie Jorginho ein Rechtsverteidiger, hatte das Pech in einer Werkself zu spielen, die als Team nicht funktionierte. Nach einer Saison ging es für ihn zurück nach Brasilien.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_1.jpg
Von links: Tita, Jorginho, Paulo Sergio und Rodrigo.

Ramon (1995-96, 15/1)
Vollständiger Name: Ramon Menezes Hubner
Was für Rodrigo zutraf, galt in noch stärkerem Maße für Ramon. Der klassische Zehner fand trotz allen unbestrittenen spielerischen Potenzials nie wirklich seinen Platz in der Mannschaft, was auch und vor allem daran lag, dass im Abstiegskampf weniger Spielkunst als Zweikampf-Tugenden gefragt waren. Ramon zog es zurück in die Heimat zu Vasco da Gama.

Zé Elias (1996-97, 23/0)
Vollständiger Name: José Elias Moedim Júnior
Ebenfalls nur eine Saison dauerte der Bundesliga-Aufenthalt von Zé Elias, einem Linksfuß im defensiven Mittelfeld. Der bullige Stratege wechselte anschließend nach Italien zu Inter Mailand. Bologna, Genua, Piräus, FC Santos, die Ukraine und Zypern waren weitere Stationen, ehe er seine Profikarriere 2009 bei SCR Altach in Österreich beendete.

Emerson (1997-2000, 82/11)
Vollständiger Name: Émerson Ferreira da Rosa
Der zweite Brasilianer, der es in die Jahrhundertelf von Bayer 04 brachte. „Emma“ avancierte zu einer großen Attraktion der Bundesliga und startete von Leverkusen aus zu einer Weltkarriere durch: AS Rom, Juventus Turin, Real Madrid und AC Mailand hießen seine weiteren Arbeitgeber. Er vereinte taktisch-strategisches Geschick mit überragender Ballbehandlung.

Paulo Rink (1997-2002, 88/29)
Vollständiger Name: Paulo Roberto Rink
Der Stürmer war alles andere als ein typischer brasilianischer Ballzauberer. Der Linksfuß mit deutschen Wurzeln überzeugte vielmehr mit Dynamik und Durchschlagkraft, die ihn bis in die deutsche Nationalmannschaft brachten, für die er 13 Länderspiele bestritt, u.a. bei der EM 2000 unter Trainer Erich Ribbeck. Sicherlich der deutscheste aller Bayer 04-Brasilianer.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_2.jpg
Von links: Ramon, Zé Elias, Emerson und Paulo Rink.

Zé Roberto (1998-2002, 113/17)
Vollständiger Name: José Roberto da Silva Júnior
Bei seiner ersten Europa-Station bei Real Madrid setzte er sich nicht durch, doch in Leverkusen spielte er auf der linken Seite alles in Grund und Boden. Viele sind davon überzeugt, dass es mit dem Gewinn der Champions League 2002 für Bayer 04 geklappt hätte, wenn Zé im Finale nicht gesperrt gefehlt hätte. Der Musterprofi spielte noch mit 42 Jahren für Palmeiras.

Robson Ponte (1999-2001/03-05, 79/6)
Vollständiger Name: Robson Ponte
Der kleine Dribbler stand zweimal in Diensten der Werkself. Aufgefallen war er den Verantwortlichen, weil er mit der Bayer 04-Abwehr bei einem Testspiel gegen Guarani Katz und Maus gespielt hatte. In seinen ersten beiden Jahren erzielte Ponte noch keine nachhaltige Wirkung, das änderte sich nach der Rückkehr vom zweijährigen Gastspiel in Wolfsburg.   

Lucio (2000-04, 92/15)
Vollständiger Name: Lúcimar Ferreira da Silva
Einer der ganz großen Brasilianer der Bayer 04-Historie. Ein Innenverteidiger mit Stürmerblut und der Wucht einer Dampfwalze, Spitzname „das Tier“. Weltmeister 2002, Held und Torschütze zum 4:2 im epischen Champions-League-Kracher im selben Jahr gegen den FC Liverpool. Auch Lucio zog es nach drei überragenden Jahren bei der Werkself zum FC Bayern.

Marquinhos (2000-02)
Vollständiger Name: Marcos Vicente dos Santos
Einer von zwei Brasilianern bei Bayer 04, die kein einziges Bundesligaspiel bestritten haben. Marquinhos galt als großes Talent, spielte aber lediglich 13 Mal in der Amateurmannschaft der Leverkusener und einmal im DFB-Pokal bei den Profis. Folglich wurde er nach zwei Jahren wieder in die Heimat transferiert, wo er dann mit sehr viel mehr Erfolg tätig war.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_3.jpg
Von links: Zé Roberto, Robson Ponte, Lucio und Marquinhos

Juan (2002-07, 139/10)
Vollständiger Name: Juan Silveira dos Santos
Ein filigraner und feinfüßiger Innenverteidiger voller Antizipationskraft und Kopfballstärke. Juan etablierte sich sofort bei Bayer 04, zunächst im Tandem mit Lucio, dann mit Roque Junior. Nach fünf erfolgreichen Jahren bei der Werkself ging er nach Italien zu AS Rom. Zog sich kürzlich mit 39 Jahren bei Flamengo einen Riss der Achillessehne zu.

Franca (2002-05, 71/21)
Vollständiger Name: Françoaldo Sena de Souza
Der Stürmer benötigte eine Saison Anlaufzeit: In 16 Bundesligaspielen gelang ihm nur ein Tor. Dafür zündete Franca in der Spielzeit 2003/04: Unvergessen sein zauberhafter Schlenzer aus dem Fußgelenk beim 4:1 gegen die Bayern oder sein Treffer beim 3:0-Heimsieg in der Champions League gegen Real Madrid. Nach drei Jahren ging er nach Japan.

Cris (2003, 2/0)
Vollständiger Name: Cristiano Márques Gómes
Das Gastspiel des glatzköpfigen Innenverteidigers dauerte nur wenige Monate. Cris, im Januar 2003 verpflichtet, um der wackeligen Defensive in einer ganz schwierigen Saison Halt zu vermitteln, brachte es nur zu zwei Einsätzen in der Bundesliga. Später bewies er aber in acht Jahren bei Olympique Lyon, dass er sehr wohl seinen Mann in Europa zu stehen wusste.

Roque Junior (2004-07, 35/0)
Vollständiger Name: José Vitor Roque Júnior
Noch ein Innenverteidiger und Weltmeister von 2002. Roque Junior kam vom AC Mailand zur Werkself und blieb drei Jahre, in denen er öfter mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Charakteristisch für ihn war, dass er dank seiner Abgebrühtheit im Zweikampf keinen Schritt zu viel auf dem Platz machte – was ihm auch mal den Spitznamen „Roque Senior“ einbrachte.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_4.jpg
Von links: Juan, Franca, Cris und Roque Junior.

Athirson (2005-07, 30/2)
Vollständiger Name: Athirson Mazzoli de Oliveira
In den beiden Jahren bei Bayer 04 spielte der Linksverteidiger, dessen Stärken eher im Vorwärtsgang lagen, bestenfalls solide. Zuvor hatte der 19-malige Nationalspieler Brasiliens bei Juventus Turin unter Vertrag gestanden. Nach seiner Leverkusener Zeit ging Athirson zurück in die Heimat und beendete seine Karriere 2011.

Renato Augusto (2008-13, 101/8)
Vollständiger Name: Renato Soares de Oliveira Augusto
Einer der spielstärksten Brasilianer, die bei Bayer 04 Station gemacht haben. Renato konnte am Ball Sachen, bei denen sich andere die Beine verknotet hätten. Dem ganz großen Durchbruch bei der Werkself standen auch viele Verletzungspausen im Weg. Vor seinem Weggang verabschiedete er sich tränenreich von den Fans. Aktuell noch in China aktiv.

Henrique (2008-09, 27/0)
Vollständiger Name: Henrique Adriano Buss
Der Innenverteidiger wurde mit 21 Jahren vom FC Barcelona ausgeliehen und erreichte mit Bayer 04 2008/09 das DFB-Pokalfinale in Berlin, das gegen Bremen 0:1 verloren ging. Henrique bestritt 27 Bundesligapartien für die Werkself und spielte später in Europa auch für den SSC Neapel und Racing Santander. Aktuell ist er für Corinthians Sao Paulo tätig.

Carlinhos (2012-13)
Vollständiger Name: Carlos Vinícius Santos de Jesús
Der zweite Brasilianer, der nie in der Bundesliga spielte. Der rechte Mittelfeldspieler vermochte nicht Fuß zu fassen und wurde nach einem halben Jahr zu Jahn Regensburg ausgeliehen. Nach der zwischenzeitlichen Rückkehr nach Brasilien spielte er in der Schweiz (FC Aarau, FC Thun) und Portugal (Estoril Praia), aktuell ist er von Standard Lüttich an den brasilianischen Zweitligisten Guarani Futebol Clube ausgeliehen.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_5.jpg
Von links: Athirson, Renato Augusto, Henrique und Carlinhos.

Wendell (2014-18, 159/7, Stand 2.4.2020)
Vollständiger Name: Wendell Nascimento Borges
Wendell ist bereits seit fünf Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil der Werkself. Der Linksverteidiger, dessen Markenzeichen sein frohes Gemüt und breites Grinsen sind, ist in dieser Saison für seinen jungen Landsmann Paulinho ein ganz wichtiger Ansprechpartner. Der Vertrag des flinken Defensivakteurs läuft noch bis 2021.

André Ramalho (2015-17, 22/0)
Vollständiger Name: André Ramalho Silva
Der sympathische Lockenkopf, in der Innenverteidigung und als Sechser einsetzbar, kam 2015 mit Trainer Roger Schmidt von RB Salzburg zur Werkself. Ein Jahr später lieh ihn Bayer 04 nach Mainz aus. Sechs Monate nach seiner Rückkehr nach Leverkusen wechselte er im Januar 2018 wieder nach Salzburg und feierte dort erneut die Meisterschaft.

Paulinho (seit 2018, 22/3, Stand 2.4.2020)
Vollständiger Name: Paulo Henrique Sampaio Filho
Der 19-jährige Flügelspieler ist der 23. Brasilianer in der Geschichte der Werkself und will ebenso wie viele seiner Vorgänger von Leverkusen aus die Fußball-Welt erobern. Der Frühberufene spielte schon mit 16 Jahren in der ersten Auswahl von Vasco da Gama. In seiner ersten Saison in Leverkusen kam der antrittsschnelle, technisch starke Paulinho meist zu Kurzeinsätzen.

Collage_Werkself_Brasilianer_1819_6.jpg
Von links: Wendell, André Ramalho und Paulinho.