Von 1967 bis 1970 war er der erfolgreichste Torjäger von Bayer 04. Noch heute organisiert unser ehemaliger Mittelstürmer Treffen mit den Teamkollegen aus der Regionalliga-West-Meistermannschaft von 1968. An diesem Samstag feiert Karl-Heinz Brücken seinen 75. Geburtstag. Bayer 04 gratuliert dazu ganz herzlich und hat sich in einem Gespräch mit seinem Ex-Spieler an die alten Zeiten erinnert.
Brücken: … und die ich ehrlich gesagt gar nicht so sehr als Stadt wahrgenommen habe, weil es ja noch kein richtiges Zentrum gab, sondern eigentlich nur Ortsteile. Aber ich kam ja selbst aus einem kleinen 1.000-Seelen-Dorf und habe bis zu meinem 18. Lebensjahr für den SV Rot-Weiß Elfgen gespielt. Elfgen ist heute ein Stadtteil von Grevenbroich, das damalige Gemeindegebiet existiert wegen des Braunkohleabbaus schon längst nicht mehr.
Brücken: Ich studierte damals in Düsseldorf auf der Ingenieursschule. Dieses Studium war mir sehr wichtig. Kuno Klötzer, der ja den Ruf eines harten Hundes hatte, stellte mir nach einem halben Jahr die Frage: Willst du jetzt Profi werden und alles für den Sport tun oder willst du studieren? Als ich ihm sagte, dass das Studium für mich Vorrang hat, war er mir nicht mehr so wohlgesonnen (lacht). Bei einem internationalen Pfingstturnier, an dem ich auch als Vertragsamateur teilnehmen durfte, fiel ich Theo Kirchberg auf, dem Trainer von Bayer 04. Er lud mich dann zu diesem Probetraining nach Leverkusen ein, bei dem ich ihn offenbar überzeugen konnte.
Brücken: Sehr gut. Das Team war ein ganz buntes Gemisch. Es gab einige ältere Spieler wie Leo Wilden, Günter Haarmann oder die Torhüter Hans Benzler und Friedhelm Renno. Dann hatten wir einige Mitzwanziger und eben auch vier 19-Jährige, neben mir noch Peter Rübenach, Friedhelm Strzelczyk und Wilfried Seifert. Insgesamt waren wir nur eine Gruppe von 15, 16 Leuten. Ich habe auch sofort gespielt und stand fast immer in der Startelf. Das erleichtert natürlich die Integration.
Brücken: Ich bin morgens immer um kurz nach sieben Uhr nach Düsseldorf zur Ingenieursschule gefahren. Es war ein Studium, das teilweise Schulcharakter hatte und wo viele Dinge streng vorgegeben waren. Um 8 Uhr fingen die Vorlesungen an und gingen meistens bis 13 Uhr oder länger. Zwischendurch habe ich in der Mensa etwas gegessen. Dann bin ich von Düsseldorf nach Leverkusen gefahren. Nach dem Training und anschließender Spielersitzung war ich gegen 19 oder 20 Uhr wieder zu Hause und durfte dann noch für ein oder zwei Stunden den Stoff aus dem Studium aufarbeiten. Es waren schon anspruchsvolle Tage. Aber es hat Spaß gemacht. Und wenn man beides wirklich will, ist das auch keine Belastung.
Brücken: Ja, ich war auch nicht der einzige Student im Team. Auch Willi Haag und Bello Richert studierten. Von der Bayer AG bekamen wir ein kleine Studienhilfe und auch in der Regionalliga wurde man natürlich ein bisschen bezahlt.
Brücken: Das Grundgehalt betrug 160 D-Mark, dazu kamen Prämien und für mich die Studienhilfe. Für einen Studenten war ich verhältnismäßig „reich“, denn was hatte man normalerweise als Studierender? Wenn man Glück hatte, kriegte man Bafög oder die Eltern konnten einen unterstützen. Wenn Sie sich überlegen, dass man 1967 für einen normalen Job vielleicht 700 oder 800 Mark im Monat verdiente, dann lebte ich als Student wirklich sehr gut.
Brücken: Nein, ich habe bis 1970 in Grevenbroich gelebt und bin anfangs mit meinem VW Käfer zum Training gefahren. Später hatte ich einen Opel Kadett. Wenn ich nach den Vorlesungen noch Zeit bis zum Training hatte, lud unser Trainer Theo Kirchberg mich öfter zu sich nach Hause nach Langenfeld ein, damit ich mich dort noch ausruhen konnte. Anschließend fuhren wir gemeinsam zum Training. Das war eine sehr persönliche Schiene. Er kümmerte sich um jeden Spieler fast wie ein Vater.
Brücken: Im Grunde war ich ein verkappter, ein spielender Mittelstürmer und beileibe kein Brecher. Ich habe meine Tore meistens aus einer Distanz von 14, 15 Metern gemacht und hatte kein wirklich gutes Kopfballspiel. Das wurde sogar noch schlechter, als ich mir 1969 den Arm gebrochen hatte in einem Spiel gegen Viktoria Köln. Es war ein sehr komplizierter Bruch. Ich musste anschließend zweieinhalb Jahre mit einer Manschette am linken Arm spielen. Das war schon ein Handicap. Mit diesem Arm habe ich heute noch hin und wieder meinen Spaß (lacht).
Brücken: Ja, das stimmt. Auch wir als Mannschaft waren überrascht. Aber das Ganze funktionierte von Anfang an hervorragend. Theo Kirchberg hatte das richtige System für die Spieler, die ihm zur Verfügung standen. Mit Siegen und Punkten wuchs das Selbstvertrauen. Oft sind wir vor Spielen ins Trainingslager ins Oberbergische oder nach Große Ledder gefahren. Dort haben wir aber kaum noch trainiert, sondern viel miteinander gesprochen. Wir machten Spaziergänge, spielten Skat. Das hat uns zusammengeschweißt. Es herrschte ein sehr guter Mannschaftsgeist.
Brücken: (lacht) Lattenbumser, sehr schön. Diesen Schuss hätte Fahrian wirklich nie im Leben gehalten. Ja, die Düsseldorfer hatten an diesem Tag richtig viel Glück. Für mich war das natürlich ein besonderes Spiel bei meinem Ex-Verein. Und ich wollte denen schon zeigen, dass es vielleicht doch ein Fehler von ihnen war, mich ziehen zu lassen.
Brücken: Ja, die haben uns ziemlich abgezockt in diesem Spiel. Und Willi „Ente“ Lippens war einfach schwer zu packen, der hatte ja bekanntermaßen eine sehr unorthodoxe Art zu spielen. Er machte in dieser Partie auch noch ein weiteres Tor. Aber die Niederlage hat uns in keiner Weise runtergezogen. Wir haben die nächsten Spiele dann wieder gewonnen, unter anderem auch auf der Bielefelder Alm nach einem 0:2-Rückstand noch mit 3:2. Auch das hat uns ausgemacht: diese Energie, die Moral, der Kampfgeist.
Brücken: Ja, aber wir hatten viele erfolgreiche Torschützen im Team. Fredi Hennecken zum Beispiel, oder eben Strzelczyk und Bello Richert. Das war auch eine unserer Stärken: Es gab nicht den einen Torjäger, den der Gegner nur ausschalten musste, um gute Chancen gegen uns zu haben. Auch unsere Abwehrspieler wie etwa Günter Haarmann oder Willi Haag waren immer für Tore gut.
Brücken: Ja, wir haben zweimal richtig gut gespielt gegen Kickers Offenbach und dort wirklich sehr unglücklich verloren. Meiner Meinung nach waren wir am Bieberer Berg das spielerisch bessere Team. Aber die wichtigen Punkte haben wir jedenfalls gegen Mannschaften wie Arminia Hannover und TuS Neuenhaus liegengelassen. Wir waren insgesamt nicht professionell genug eingestellt. Schauen Sie, ich hatte beispielsweise vor dem Spiel auf dem Bieberer Berg noch Vorlesungen an der Uni und bin erst an dem Samstag, also am Spieltag selbst, nach Offenbach gefahren – und zwar gemeinsam mit unseren Anhängern in einem Fanbus. Das glaubt Ihnen heute keiner mehr (lacht).
Brücken: Die Fußball-Begeisterung in Leverkusen. Auch wenn ich nicht dort gelebt habe, war diese Euphorie in der Stadt immer spürbar. Von den Strukturen her war der Verein sicher noch nicht für die Bundesliga bereit. Aber für mich war es, was den Umgang miteinander, den Teamgeist, das Menschliche betrifft, vielleicht die schönste Zeit meiner aktiven Laufbahn.
Brücken: Ja, aber ich führe eigentlich nur fort, was Friedhelm Renno oder Fredi Hennecken über viele Jahre schon intensiv betrieben haben. Die beiden sind ja noch einmal ein paar Jahre älter und fanden, dass so ein Jungspund wie ich mich nun auch mal darum kümmern könnte. Was ich gerne tue, weil ich es schön finde, dass es dieses Gefühl der Verbundenheit zwischen uns immer noch gibt.
Karl-Heinz Brücken erzielte zwischen 1967 und 1970 in 89 Punktspielen 35 Tore für Bayer 04. Nach seiner Leverkusener Zeit wechselte der Mittelstürmer in die Bundesliga zu Arminia Bielefeld. Später spielte er noch für Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf und Westfalia Herne. Insgesamt bestritt Brücken 71 Bundesligaspiele (8 Tore). Nach seiner aktiven Karriere arbeitete der studierte Maschinenbauer und Betriebswirt für einen schwedischen Konzern im Verkauf und Marketing. Karl-Heinz Brücken ist seit 54 Jahren mit seiner Frau Burga verheiratet, das Ehepaar hat zwei Söhne und vier Enkelkinder.