EM-Historie: Von Rolff bis Leno und Tah

Mit einem Jahr Verzögerung aufgrund der Corona-Pandemie steht die Europameisterschaft 2020 unmittelbar bevor. Am 11. Juni startet das Nationen-Turnier, das erstmals in der Geschichte paneuropäisch ausgetragen wird. Ein erfahrenes Bayer 04-Quintett um Aleksandar Dragovic, Julian Baumgartlinger (beide Österreich), Lukas Hradecky, Joel Pohjanpalo (beide Finnland) und Patrik Schick (Tschechien) wird dabei an den Start gehen, im deutschen Aufgebot ist bei der 16. EM-Auflage jedoch kein Werkself-Profi vertreten. Ein ungewohntes Bild, wie sich bei einem Blick auf die Europameisterschaften seit Ende der 1980er Jahre herausstellt. Eine Übersicht.
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EM 1988: Rolff ist die Nummer eins

Ein großes Turnier im eigenen Land zu spielen – diesen Kindheitstraum erfüllte sich Wolfgang Rolff im Jahr 1988. Der Mittelfeldstratege kam zwei Jahre zuvor vom Hamburger SV an die Dhünn und startete mit dem wenige Wochen vor dem Nationen-Turnier eingefahrenen UEFA-Cup-Sieg voller Selbstvertrauen in seine zweite EM. Beim Auftakt-Remis gegen Italien (1:1) musste Rolff noch zuschauen, bei den folgenden 2:0-Siegen gegen Dänemark und Spanien kam er dann jeweils über die volle Distanz zum Einsatz. Auch beim 1:2 im Halbfinale gegen den späteren Europameister Niederlande stand der Bayer 04-Profi in Hamburg 90 Minuten auf dem Rasen. Ein Jahr nach seiner letzten EM-Teilnahme sowie dem UEFA-Cup-Sieg mit der Werkself zog Rolff auf Vereinsebene nach Straßburg weiter.

EM 1992: Ein Duo mit dem Adler auf der Brust

Der DFB-Tross zu Gast in Schweden – und mit an Bord zwei Werkself-Profis. Christian Wörns, ein Jahr zuvor von Waldhof Mannheim unters Bayer-Kreuz gewechselt, sollte unter Bundestrainer Berti Vogts ohne Einsatz bleiben. Beim zweiten Leverkusener im DFB-Bunde, Andreas Thom, sah es so aus, als würde ihn selbiges Schicksal ereilen. Bis zum Endspiel in Göteborg verzichtete der spätere Bayer 04-Chefcoach Vogts auf schwarz-rote Unterstützung. Als Deutschland dann aber mit 0:2 gegen Dänemark in Rückstand geraten war, kam Stürmer Thom doch noch zu seinem ersten EM-Einsatz. Doch auch er konnte am Endergebnis nichts mehr ändern. Der dritte EM-Titel blieb dem DFB-Team damit verwehrt.

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Der deutsche Kader für die EM 1992 mit den Leverkusenern Christian Wörns (hinten, 2.v.l.) und Andreas Thom (Mitte, 6.v.l.).

EM 2000: Mit einem Quintett auf Platz vier

Die erste Auflage im neuen Jahrtausend, sie sollte beim DFB im Zeichen der Werkself stehen. Bundestrainer Erich Ribbeck, zuvor langjähriger Bayer 04-Cheftrainer, berief gleich fünf Leverkusener in sein EM-Aufgebot – schwarz-roter Rekord bei einem großen Turnier. Mit Jens Nowotny und Paulo Rink zählten zwei von ihnen beim 1:1-Auftakt gegen Rumänien zur Startformation, im DFB-Kader standen darüber hinaus Michael Ballack, Ulf Kirsten und Carsten Ramelow. Bis auf Letzteren kamen alle Leverkusener in den drei Gruppenspielen regelmäßig zum Einsatz. Bekanntlich scheiterte der Titelverteidiger in diesem Jahr jedoch bereits in der Vorrunde. Nach dem frühen Aus beerbte Rudi Völler Nationaltrainer Ribbeck und wurde Teamchef.

EM 2004: Vom Regen in die Traufe

Nach der Vize-Weltmeisterschaft 2002, die große Euphorie und Erwartungen in Fußball-Deutschland entfachte, hätte die Europameisterschaft im Jahr 2004 für das Team des damaligen Bundestrainers Rudi Völler, heute Geschäftsführer Sport bei Bayer 04, nicht enttäuschender laufen können. Auch die Werkself-Profis Jens Nowotny sowie Bernd Schneider gehörten zum Aufgebot bei der EM in Portugal. Trotz vieler Einsatzminuten konnten sowohl „Jenne“ als auch „Schnix“ keine entscheidenden Akzente setzen, um die Nationalelf vor dem Ausscheiden in der Gruppe D zu bewahren. Zwei Remis gegen die Niederlande (1:1) und Lettland (0:0) sowie eine 1:2-Niederlage gegen Tschechien bedeuteten Rang drei, welcher gleichermaßen das Aus in der Vorrunde besiegelte.

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EM 2008: Rolfes gegen Cristiano Ronaldo und Co.

Während der damalige Bayer 04-Schlussmann René Adler bei der Europameisterschaft in Österreich und in der Schweiz hinter Stammtorhüter Jens Lehman auf der Ersatzbank Platz nahm, durfte Simon Rolfes im Laufe des internationalen Turniers aktiv ins Geschehen eingreifen. Der heutige Bayer 04-Sportdirektor ersetzte bei den turbulenten Viertel- und Halbfinalpartien gegen die portugiesische Nationalmannschaft um Cristiano Ronaldo (3:2) und die Türkei (ebenfalls 3:2) den verletzten Torsten Frings im Mittelfeld und hatte so einen großen Anteil am Finaleinzug der Löw-Elf. Als Fernando Torres mit seinem entscheidenden Treffer die 1:0-Niederlage im Finale gegen Spanien in Stein meißelte, klappte es auch im Jahr 2008 mit dem ersten EM-Titel seit 1996 nicht.

EM 2012: Bender sorgt für die perfekte Vorrunde

Eine gute Ausgangslage nach zwei Partien hatte das Team von Bundestrainer Joachim Löw im Jahr 2012 bei der EM in der Ukraine und Polen. Durch Siege gegen Portugal (1:0) und die Niederlande (2:1) stand die Löw-Elf am zweiten Spieltag der Gruppe B auf dem ersten Rang des Klassements. Dass die Nationalelf die perfekte Vorrunde mit neun Punkten aus drei Spielen beenden würde, daran hatte auch der heutige Werkself-Ehrenspielführer Lars Bender, dessen Zwillingsbruder Sven Bender es nur in den vorläufigen Kader geschafft hatte, einen großen Anteil. Im dritten Gruppenspiel schenkte der Bundestrainer dem gebürtigen Brannenburger das Vertrauen über die volle Distanz, der es ihm mit dem 2:1-Siegtreffer in der 80. Minute nach einer Özil-Vorlage zurückzahlte. Auch André Schürrle, damals ebenfalls in Diensten der Werkself, stand in der Partie auf dem Feld und durfte beim anschließenden Viertelfinal-Triumph über Griechenland (4:2) bis zur 67. Minute mitwirken, bevor ihn Thomas Müller ersetzte. Zwei Balotelli-Treffer im darauffolgenden Halbfinale gegen Italien (1:2) ließen die Träume der DFB-Elf von einem EM-Triumph wie auch vier Jahre später in Frankreich abrupt platzen.

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Lars Bender bejubelt seinen wichtigen Treffer zum 2:1-Endstand im Gruppenspiel gegen Dänemark bei der EM 2012.

EM 2016: Tah nachnominiert, Aus für Bellarabi und Brandt

Der Weltmeister ging als Favorit in die Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Und 04 Spieler aus Leverkusen hatten sich lange Zeit Hoffnungen gemacht, Deutschland im Nachbarland vertreten zu können. Bernd Leno, Karim Bellarabi und Julian Brandt wurden in den vorläufigen Kader berufen; Jonathan Tah stand auf Abruf bereit. Nach der ersten Vorbereitungsphase strich Nationaltrainer Jogi Löw Brandt und Bellarabi aus dem endgültigen Aufgebot, dafür konnte sich Jonathan Tah kurze Zeit später freuen: Weil sich Antonio Rüdiger im ersten Training vor Ort in Frankreich verletzte, wurde der Innenverteidiger der Werkself nachnominiert. Zwar kamen Tah und Leno bei der Euro nicht zum Einsatz, doch sie sammelten wertvolle Erfahrungen bei dem Turnier und trugen nicht zuletzt durch ihre Trainingsleistungen dazu bei, dass der Weltmeister immerhin bis ins Halbfinale vorstieß, wo man unglücklich den Gastgebern unterlag.

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