Eichin: Voraussetzungen bestmöglich nutzen

Diese Vita verspricht vor allem zweierlei: Energie und Erfahrung pur. Sei es in seiner Zeit als Profifußballer bei Borussia Mönchengladbach oder als Geschäftsführer bei Werder Bremen, 1860 München und den Kölner Haien – Thomas Eichin hat in seiner beruflichen Laufbahn schon vieles erlebt. Seine eigentliche Berufung jedoch, so sagt er, sei schon immer die Nachwuchsarbeit gewesen. Diese kann er seit dem Sommer mit seiner Position als Leiter des Leistungszentrums bei Bayer 04 vollends ausleben. Nach dreieinhalb Monaten unterm Bayer-Kreuz bündelte der 54-Jährige nun seine Eindrücke in ein erstes Zwischen-Fazit und sprach in einer Medienrunde am Kurtekotten über…
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…die Gründe dafür, das Angebot von Bayer 04 angenommen zu haben: Ich habe in meiner Vergangenheit bereits vieles gemacht. Aber der Nachwuchsbereich war schon immer mein Steckenpferd – auch wenn das viele von außen vielleicht nicht so mitbekommen haben. Daher habe ich mir tatsächlich gewünscht, eines Tages solch ein Angebot zu bekommen. Nach meiner Zeit bei 1860 München (2016, Anm. d. Red.) bin ich zudem zurück ins Rheinland nach Leichlingen gezogen, da meine Frau dort herkommt. Und dann habe ich ehrlich gesagt ein bisschen darauf gehofft, dass sich Bayer 04 bei mir meldet. Dieser Job ist für mich gefühlt wie ein Sechser im Lotto.

…die Stellschrauben, an denen der gebürtige Freiburger im Nachwuchsbereich drehen will: Es gibt keinen Grund, warum Leverkusen in der Nachwuchsarbeit nicht wieder zu den absoluten Top-Adressen zählen sollte. Wir haben in unserer Direktion Medizin eine umfangreiche Leistungsdiagnostik, dazu Top-Mitarbeiter in diesem Bereich, die Plätze hier am Kurtekotten sind hervorragend – sei es im sportlichen, medizinischen oder schulischen Sektor: Die vorhandenen Voraussetzungen sind in vielen Bereichen perfekt. Es geht darum, diese bestmöglich zu nutzen. Wir müssen die Intensität steigern, jeden einzelnen Spieler als Projekt sehen, ihn individuell fordern und fördern, um letztlich die Spitze unseres Nachwuchses im Lizenzbereich zu positionieren.

…die Zusammenarbeit mit dem Lizenzbereich: Wir können auf ein breites Spektrum an Wissen und Kompetenz zurückgreifen – verteilt auf zwei Standorte: BayArena und Kurtekotten. Diese Rädchen müssen nun wieder perfekt ineinandergreifen und darauf arbeite ich hin, das wollen wir nutzen. Die Trennung zwischen den Bereichen U8 bis U15 am Kurtekotten und von der U17 bis zum Lizenzbereich an der BayArena, die ist alles andere als ein Nachteil. Es liegt an uns, diese beiden Bereiche effizient und aufeinander abgestimmt miteinander zu verbinden und dies als Chance zu sehen. Auf Kurtekotten dominiert bei aller Seriosität und Zielstrebigkeit die familiäre und spielerische Komponente. Spätestens in der U17 kommt dann der Cut, damit verbunden auch der Sprung an die BayArena. Da geht es dann um hohe Professionalität, um die Plätze bei den Profis und die Zukunft im bezahlten Fußball.

…das Ringen um die besten Talente Deutschlands: Unser Anspruch und Ziel ist es, dass die vielversprechendsten Nachwuchsspieler aus der Region zu Bayer 04 kommen wollen. Wenn wir überregional scouten, sei es im In- oder Ausland, dann muss der Spieler perspektivisch ein Kandidat für unsere Lizenzmannschaft sein. In der Ausbildung und Unterbringung setzen wir auf ein anderes System, als es viele Profiklubs mit ihren Internaten tun. Wir gehen auf den jeweiligen Spieler individuell ein, bringen ihn in einer zu ihm passenden Gastfamilie nahe Kurtekotten oder der BayArena unter. Ich weiß nicht, ob es noch einen Verein in Deutschland gibt, der das so macht, wie Bayer 04 – mit Trainern, Pädagogen, Psychologen und vielen weiteren Betreuern und Experten.

…die Neuschaffung der Bayer 04-Trainerakademie: Bei uns muss jeder Trainer und jeder Mitarbeiter das Ziel haben, den einzelnen Spieler besser machen zu wollen. Es geht nicht primär um Siege, sondern um die individuelle Entwicklung der Spieler. Damit diese am Ende erfolgreich verläuft, bilden wir unsere Trainer mit Hilfe der Akademie stetig weiter. Mit der DFB-Trainerlizenz ist die Ausbildung der Trainer bei Bayer 04 nicht beendet. Das Ziel ist, täglich neue Reize zu setzen und Ideen einfließen zu lassen. Die Trainer werden nicht auf ihrem jeweiligen Stand bleiben, sondern über den Tellerrand schauen und neben Standard-Workshops auch andere Maßnahmen wie alternative Sportarten, Motivationscoaching etc. kennenlernen. So werden wir ein fundiertes Ausbildungssystem schaffen, mit stetiger Fort- und Weiterbildung im Sinne der Bayer 04-Spielphilosophie.

…seine Arbeit mit der Bundesliga-Frauenmannschaft von Bayer 04: In diesem Bereich ist schon jetzt eine sehr gute Basis vorhanden, alle sind äußerst engagiert und zielstrebig. Wir haben auch hier eine klare Zielvorgabe für die kommenden Jahre definiert: Diese Mannschaft soll in der Frauen-Bundesliga irgendwann so erfolgreich spielen wie die Männer – also im oberen Drittel der Tabelle landen. Natürlich gehen wir hier aber step-by-step vor. Für mich war in meiner Anfangszeit bei Bayer 04 beispielsweise die Ausweitung des Athletikprogramms ein zentraler Punkt. Nun gilt es, sich kontinuierlich in allen Bereichen weiter zu verbessern. Denn auch bei diesem Team soll möglichst zeitnah am Spielstil, sprich der Philosophie und Grundausrichtung, zu erkennen sein: Hier steht Bayer 04 auf dem Platz.

…seine Präsenz vor Ort bei Trainingseinheiten und Spielen: Ich nehme mit, was möglich ist. Ich versuche im Zuge dessen natürlich auch, meine Mitarbeiter dementsprechend einzusetzen. Ich bekomme über jedes Spiel einen Bericht, bin so bestens informiert. Vom Volumen her ist dieser Job der umfangreichste, den ich bislang gemacht habe. Aber er bringt mir unheimlich viel Spaß. Es gab hier schon Tage, da bin ich nach Hause gekommen und habe zu meiner Frau gesagt: Eigentlich müsste ich Geld bezahlen, um das machen zu dürfen – ich fühle mich hier pudelwohl.

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