Baumgartlinger: Der Körper macht wieder mit

Abschied eines Musterprofis: Nach sechs Jahren im Trikot von Bayer 04 stand Julian Baumgartlinger beim 2:1 gegen den SC Freiburg das letzte Mal für die Werkself auf dem Platz. Im Interview mit bayer04.de sprach der Österreicher über die letzten sechs Jahre in Schwarz-Rot und blickte auf besondere Momente auf und neben dem Platz zurück.
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Im Sommer 2016 unters Bayer-Kreuz gewechselt, etablierte sich Julian Baumgartlinger schnell als zuverlässige Personalie im Zentrum. Zum 152. Mal streifte sich der 34-Jährige gestern das Trikot der Werkself in einem Pflichtspiel über – und das auch noch als Kapitän der Werkself. Zuvor wurde der Rechtsfuß in einer komplett in Rot getauchten BayArena für seine Zeit unter dem Bayer-Kreuz geehrt. Ausverkauftes Haus und stehende Ovationen – ein Abschied nach Maß.

Julian, du hast die Mannschaft gegen Freiburg als Kapitän auf das Feld geführt. Am Ende stand ein 2:1-Sieg. Der perfekte Schlusspunkt deiner Zeit in Leverkusen?

Baumgartlinger: Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar und auch versöhnt. Heute hatte ich mit den Emotionen zu kämpfen. Das war sehr intensiv. Sechs Jahre bei Bayer 04 sind eine sehr lange und prägende Zeit, in der zum Beispiel unsere drei Kinder zur Welt gekommen sind. Das werde ich immer mit diesem Kapitel meiner Karriere verbinden. Und ich habe die letzten drei Monate sehr genossen. Ich konnte mit einer tollen Mannschaft auf perfekten Plätzen und bei Sonnenschein meiner Leidenschaft nachgehen. Nach der langen Leidenszeit ist der Spaß am Fußball ungebrochen, ebenso der Wunsch die Laufbahn fortzusetzen.

Kommen wir zu deiner Mannschaft: Ihr habt das Saisonziel erreicht – Bayer 04 hat sich zum 13. Mal in der Klubhistorie für die Champions League qualifiziert. Wie würdest du die Saison 2021/22 im Rückblick beschreiben?

Baumgartlinger: Sehr positiv, aber gleichzeitig auch herausfordernd. Vor der Saison gab es einen Umbruch. Ein neues Trainerteam wurde installiert, und auch die Mannschaft bekam ein paar neue Gesichter dazu. Dennoch haben wir von Anfang an gezeigt, was in uns steckt. Über das Jahr gesehen ist das Team als Kollektiv immer mehr zusammengewachsen und hat sich in vielen Bereichen noch einmal verbessert, ebenso das Trainerteam. Alle haben ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir am Ende eine recht stabile Bundesliga-Saison gespielt haben.

Eine Knieverletzung hat dich lange außer Gefecht gesetzt, am 31. Spieltag konntest du in Fürth endlich wieder für Schwarz-Rot auf dem Platz stehen. Wie erleichtert bist du, dass du nun wieder die Fußballschuhe schnüren darfst? Und wie schwer ist dir die Zeit des Zuschauens gefallen?

Baumgartlinger: Die Situation war nicht einfach für mich. Keine Frage. Vor etwa einem Jahr bin ich von meiner Kreuzband-Verletzung zurückgekommen. Ich konnte dann zur EM fahren und im Anschluss auch die Sommervorbereitung voll mitmachen. Zum Saisonstart hat sich mein Knie wieder gemeldet, und ich musste mich ein weiteres Mal operieren lassen. Das war ein harter Rückschlag für mich. Im Februar konnte ich dann endlich wieder mit der Mannschaft trainieren. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich wieder das machen, was ich am Fußball liebe: Auf dem Platz stehen und aktiv Teil der Mannschaft sein. Das Comeback in Fürth war nach der langen Zeit wichtig für mich. Es macht einfach Spaß wieder jeden Tag mit den Jungs zu arbeiten. Das Vertrauen in den Körper ist zurück, ich bin bereit für Wettkämpfe.

152 Pflichtspiele hast du für Bayer 04 absolviert. Welches davon ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Baumgartlinger: Als erstes fallen mir da die Momente ein, in denen wir große Ziele erreicht haben – wie die CL-Qualifikation letztes Wochenende in Hoffenheim. Aber auch 2019, als wir am letzten Spieltag mit 5:1 bei Hertha BSC gewinnen und damit auf den vierten Platz springen. Das sind absolut spezielle Momente. Die Mannschaft damals hat einfach gepasst. Wir waren ein verschworener Haufen.

Was hat dich 2016 eigentlich zum Wechsel unters Bayer-Kreuz bewegt? Und haben sich deine Erwartungen erfüllt?

Baumgartlinger: Mein sportlicher Ehrgeiz war wohl der ausschlaggebende Faktor. Ich wollte unbedingt bei einem Spitzenteam spielen und mich in einer Mannschaft durchsetzen, die dominant Fußball spielt. Mein Ziel ist es immer, mich stetig weiterzuentwickeln. Solange du trainierst und spielst, ist es unwichtig, wie alt du bist. Die Möglichkeit den nächsten Schritt zu gehen gibt es immer.

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In insgesamt sechs Saisons für die Werkself hast du mit vielen verschiedenen Spielern zusammen auf dem Rasen gestanden. Welcher (Ex)-Mitspieler hat dich in dieser Zeit am meisten beeindruckt?

Baumgartlinger: Auf dem Platz gab es bisher einige, die mich beeindruckt haben. Kai Havertz, Julian Brandt und Florian Wirtz sind solche Fälle. Alle drei sind besondere Jungs, die bewiesen haben, dass man auch als sehr junger Spieler schon zu außerordentlichen Leistungen fähig ist. Für mich ist aber auch das Zwischenmenschliche immer ein großer Faktor. Ich kannte beispielsweise Lars und Sven Bender schon aus unserer gemeinsamen Zeit beim TSV 1860 München. Wir haben dort schon in der Jugend und bei den Profis zusammengespielt und auch danach haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt: Zuerst als Gegner auf dem Feld und dann saßen wir hier in Leverkusen wieder in einer Kabine. Zusammen mit Kevin Volland, der auch bei den Löwen ausgebildet worden ist. Durch die gleiche fußballerische Sozialisation wussten wir einfach, wie der jeweils andere tickt, auf dem Feld hat das enorm geholfen.

Du hast es eben schon angerissen: Seit 2016 ist unterm Bayer-Kreuz auch abseits des Platzes einiges passiert. An welche Momente erinnerst du dich besonders gern zurück?

Baumgartlinger: Die Saison 2018/19 war etwas Besonderes. Nach der Qualifikation zur Champions League sind wir am nächsten Tag als Mannschaft zusammen für drei Tage nach Barcelona geflogen. Das war schon länger geplant und die Reise hat noch einmal gezeigt, dass der Spirit in dieser Gruppe außergewöhnlich war. Wir sind im Saisonfinale noch einmal enger zusammengerückt und haben so die Grundlage für die herausragende Aufholjagd gelegt, die uns in die Champions League gebracht hat. In der Mannschaft stimmte alles. Daran erinnere ich mich sehr gern zurück.  

Was passiert in der neuen Saison? Wird die Karriere als Fußball-Profi fortgesetzt?

Baumgartlinger: Der Plan ist definitiv weiterzuspielen. Ich fühle mich gut und habe weiterhin viel Freude auf dem Platz. Die vergangenen Wochen haben mich nochmal darin bestärkt, dass ich weiter machen will. Der Körper macht wieder mit, und die Lust auf Fußball ist nach wie vor groß. Wie es weitergeht, wird man im Sommer dann sehen. Noch ist nichts entschieden.

Immer wieder heißt es, dass du alles mitbringst, um später als Trainer, aber auch als Manager zu arbeiten. Ist das für dich vorstellbar?

Baumgartlinger: Definitiv, im Fußball bin ich zuhause. Dort möchte ich auch nach meiner Karriere als Spieler bleiben. In diesem Sport habe ich die beste Ausbildung genossen. Während der aktiven Zeit kannst du als Fußballer so vieles mitnehmen, lernst verschiedene Spielkonzepte kennen und spielst unter mehreren Trainern. Das Wissen will ich nutzen.

Wohin tendierst du eher: Fußballplatz oder Schreibtisch?

Baumgartlinger: Ich kann mir vorstellen, dass die Arbeit auf dem Platz genau das Richtige für mich ist. Mit voller Leidenschaft hautnah dabei zu sein und direkt einwirken zu können – das passt zu mir. Genauso kann ich mir aber auch vorstellen, mehr im Hintergrund und konzeptionell zu arbeiten. Auch der Nachwuchsbereich würde mich reizen. In welcher Form wird sich dann zeigen.

Zum Abschluss müssen wir noch über Rudi Völler reden. Wie hast du ihn in den vergangenen Jahren kennengelernt?

Baumgartlinger: Als absolute Identifikationsfigur von Bayer 04. Auf den Auswärtsreisen im In- und Ausland wurde mir immer wieder klar, wie bekannt Rudi eigentlich ist. Egal, wo wir waren, Rudi wurde erkannt und nahm sich stets die Zeit für ein kurzes Gespräch, ein Autogramm oder ein Selfie. Wie er mit dem ganzen Trubel um seine Person umgeht, beeindruckt mich. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute.

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